Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Hofstaat in den Quirinal umzuziehen. Daraufhin wurde die Villa für fünfhunderteinunddreißigtausend Lire an den Schweizer Grafen Tellfner, den Verwalter der königlichen Güter, veräußert, der sie nach seiner Ehefrau Ada benannte, die er offenbar abgöttisch liebte.
1900 wurde Umberto I . von einem Anarchisten ermordet. Sein Nachfolger Viktor Emanuel III . beschloss, wieder in die Villa seines Großvaters zu ziehen, die bis 1946 offizielle Residenz blieb, als die Monarchie abgeschafft wurde und der König mit seinem Gefolge ins Exil gehen musste.
Der Park ging in den Besitz des italienischen Staates über, mit Ausnahme der Königlichen Villa, die die Savoyer großzügig der ägyptischen Regierung zur Verfügung stellten, als Dank für die nach der Exilierung 1946 gewährte Gastfreundschaft. Daraufhin wurde das Gebäude als ägyptische Botschaft genutzt.
Von da an gehörte das gesamte Gelände der öffentlichen Hand und wurde zum kommunalen Park. Es wurden neue Alleen angelegt, Trimm-dich-Pfade eingerichtet, künstliche Seen ausgehoben und zahlreiche nicht einheimische Bäume angepflanzt.
Um die leeren Stadtkassen aufzufüllen, beschloss der Stadtrat 2004, das gesamte Gelände zu versteigern und setzte als Mindestgebot die astronomische Summe von dreihundert Millionen Euro fest.
Die Versteigerung fand am 25.Dezember im Rathaus auf dem Kapitol statt, unter lautem Protest der wütenden Römer gegen das, was dann als » der große Raub « in die kapitolinischen Annalen einging. Als Bieter beteiligten sich finanzielle Schwergewichte wie Bono von U 2, der russische Oligarch Roman Arkadjewitsch Abramowitsch, Paul McCartney, Air France und ein Schweizer Bankenkartell.
Wider Erwarten ging der Zuschlag für eine Summe von vierhundertfünfzig Millionen an Salvatore Chiatti, genannt Sasà, einen kampanischen Unternehmer obskurer Herkunft, dem es in den Neunzigerjahren gelungen war, ein ungeheures Vermögen in Immobilien anzuhäufen. Wegen Steuerflucht und Viehdiebstahl hatte er im Gefängnis gesessen, war aber aufgrund eines Straferlasses wieder auf freien Fuß gekommen.
Wenige Tage nach der Versteigerung erklärte er in einem Interview mit dem Messaggero seine Motive für den Erwerb: » Als Kind war ich oft mit meiner Mutter dort. Ich habe die Villa Ada aus reiner Nostalgie gekauft. « Was eindeutig gelogen war, denn Chiatti hatte seine Kindheit in Mondragone verbracht, wo er in der Karosseriewerkstatt seines Vaters gearbeitet hatte. Dann fragte der Journalist: » Und was haben Sie jetzt damit vor? «
» Ich richte dort meinen römischen Wohnsitz ein. «
Ein paar Jahre lang blieb die Villa geschlossen. Die Anwohner der umliegenden Viertel gründeten eine Bürgerinitiative und forderten die Rückgabe des Parks an die Römer. Es ging das Gerücht, Chiatti habe das Grundstück nur zu Spekulationszwecken erworben und suche ausländische Investoren, um dort einen exklusiven Wohnpark mit Golfplatz, Reitclub und Gokart-Bahn zu errichten.
2007 begannen die Umbauarbeiten. Die Einfriedungsmauern wurden auf zehn Meter erhöht und oben mit Stacheldrahtrollen versehen. Rundherum wurden im Abstand von fünfzig Metern Wachtürme errichtet, an denen Trauben von Überwachungskameras hingen.
Von ihrem Penthouse in der Via Salaria konnte die Marquise Clotilde, die Witwe des Generals Farinelli, zwischen den Baumwipfeln hindurch ein Stück des Parks einsehen. Einem Journalisten des Wochenmagazins Panorama berichtete die alte Dame, sie habe beobachtet, dass dort ununterbrochen gearbeitet werde, ein einziges Kommen und Gehen. Es würden Bäume gefällt und neue gepflanzt. Außerdem habe sie zwei Giraffen und ein Nashorn gesehen. Der Journalist schenkte ihren Aussagen wenig Glauben, denn die Witwe Farinelli war schon achtundsiebzig und litt an beginnendem Alzheimer.
Aber die Marquise hatte richtig beobachtet.
Sasà Chiatti hatte Teiche, Flüsse, Wanderdünen anlegen lassen und den Park mit zahllosen Tieren bevölkert. Immer wenn irgendwo im Osten ein Zoo oder ein Zirkus geschlossen wurde, war er zur Stelle gewesen, hatte Bären, Seehunde, Tiger, Löwen, Giraffen, Füchse, Papageien, Kraniche, Adler, Berberaffen, Flusspferde oder Piranhas aufgekauft und sie über die hundertsiebzig Hektar der Villa Ada verteilt. All diese Tiere waren zahm, weil in Gefangenschaft geboren und aufgewachsen, und folglich auf die Fütterung durch Wärter angewiesen. Sie lebten in einem natürlichen Paradies, wo die urzeitlichen Regeln von Fressen und
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