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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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ergriff sie göttliche Wildheit, sie wendete mich rasch herum, kniete auf meiner Brust und fesselte mir die Hände mit ihren goldenen Flechten.
    »Nun gehörst du mir, und niemand rettet dich von meiner Liebe«, hauchte sie mit stockendem Atem, ein wildes Licht loderte in ihren Augen auf, ihre Lippen ergriffen die meinen wie glühende Zangen, Kuss um Kuss und Wonne um Wonne, bis der erste helle, goldige Strahl des Morgens vor unsere Füße fiel.
    »Nun will ich ruhen«, sagte sie, »geh und lass dich nicht blicken vor dem Abend.«
    Ich verließ das Gemach. Mein Pferd fand ich im Hofe, das Tor stand offen, der Alte war nicht zu sehen. Ich schwang mich in den Sattel und sprengte davon. Aber ich kam wieder, als die Nacht herabsank, und Nacht für Nacht.
    Oh, dieses Weib ist wie ein Irrgarten, wer in denselben hineingeraten, ist verzaubert, verloren, vermaledeit!«
      
    Einige Tage nach dieser seltsamen Erzählung war Manwed verschwunden. Niemand wusste mit Bestimmtheit zu sagen, was aus ihm geworden war.
    Herr Bardoßoski war überzeugt, dass ihn der Teufel geholt habe, Aniela vertraute mir an, dass ihr die marmorne Dame im Traume erschienen sei, aber in einer Krinoline und mit einem großen Chignon, und ihr mit einem süffisanten Lächeln im reinsten Französisch gesagt habe: »Er ist tot, ich habe ihm die Seele aus dem Leibe gesogen und kann mich nun wieder einige Zeit auf dieser schönen Erde amüsieren.«
    Sein Kosak versicherte, sein Herr habe Blut gespuckt und sei auf den Rat des Kreisphysikus nach »Netalien« gefahren.
    Aniela weinte sich die Augen rot und nahm einen anderen. Eines Tages, als sie in starrer, niobischer Trauer [67] in ihrem kleinen Schlafzimmer mit den blütenweißen Vorhängen saß, stand plötzlich Herr Maurizi Konopka vor ihr, und sie erschrak diesmal unerklärlicherweise nicht im Mindesten. Er stammelte etwas, was ein Heiratsantrag sein sollte und von einem lyrischen Gedicht kaum zu unterscheiden war, und vier Wochen später standen sie vor dem Altar. Es gab eine sehr lustige Hochzeit, ich habe selbst auf derselben getanzt.
      
    Nach Jahren, es war in Paris in der großen Oper, sah ich meinen Freund Manwed unerwartet wieder. Man gab »Robert, der Teufel«. Ich hatte das Haus verlassen, während noch Bertram und Alice um seine Seele kämpften. Von einem Diener in blauer Kosakentracht herbeigerufen, fuhr ein Coupé vor, mit zwei wilden Rappen bespannt, unter deren Hufen Funken hervorstieben. Ich blieb stehen und sah ein vornehmes Paar an mir vorüberkommen.
    Es war Manwed, der eine Dame am Arme führte.
    Er war schwarz gekleidet, fahl wie ein Toter, tiefe Schatten lagerten unter seinen düster glühenden Augen, sein Haar hing in die Stirn herab. Die Dame war von majestätischem Wuchse, ich sah nur ihr edles, schönes Profil und sah, dass sie sehr bleich war, um ihren Marmorhals spielten goldrote Locken. Sie war in einen kostbaren Schal gewickelt, schien aber trotzdem zu frieren.
    Manweds Blick streifte mich wie etwa eine Säule oder eine tote Wand. Er erkannte mich nicht.
    Zur rechten Zeit kam ein Pariser Freund, ein Maler, der alle schönen Frauen kennt.
    »Wer ist sie?«, fragte ich leise.
    »Eine polnische Fürstin Tartakowska«, lautete die Antwort.
    Im Auslande sind unsere Damen alle Fürstinnen, besonders wenn sie reich und schön sind. Nun weiß ich aber in der Tat nicht, ob mein Freund Manwed damals wahnsinnig war, ob er uns alle zum Besten gehabt hat oder doch etwas Wahres an der Geschichte ist!
        

Nachbemerkung
    Sacher-Masochs Erzählung ist sehr ambitioniert. Er verknüpft vielerlei Themen. Zunächst einmal gehört die Geschichte wie die Heyses weiter unten zur Phantastik im Sinne Todorovs – ist die Mamorstatue tatsächlich zum Leben erwacht? Zumindest der Erzähler hat seine Zweifel. Doch da dies eine Randerscheinung ist, soll nicht mehr dazu gesagt werden. Weiterhin kommt Sacher-Masochs Steckenpferd, das Leben in Galizien, ganz beiläufig zum Zug, wenn er die Abende bei den Bardoßoskis oder die Feenwesen der Gegend beschreibt. Auch dies ist eine Randerscheinung.
    Zentral ist die Verwendung eines anderen sagenhaften Motivs: das der belebten Venus-Statue. Das Motiv hat zwei Wurzeln: Die antike Sage vom Bildhauer Pygmalion, dem die lebenden Frauen nicht genügten und der sich daher seine Idealfrau schuf, und die mittelalterliche Sage des Zauberers Virgilius, der eine marmorne Liebesstatue erschuf, die den Römern zu Diensten war. Nachhall findet der Pygmalionismus in

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