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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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euch die Mönche an diesen drei Tagen fasten; ihr aber seid doch Laien!«
    »Wir fasten dennoch. Wir haben es uns vorgenommen.«
    »Ist es eines Gelübdes wegen?«
    »Nein. Wir haben kein Gelübde getan; wir haben es unter uns verabredet.«
    »So will ich euch von meinem Mehle geben, damit ihr euch etwas backt.«
    »Ich danke dir! Wir essen nichts, gar nichts.«
    »Aber selbst eure Priester essen während der Fasttage doch wenigstens Hülsenfrüchte, Wurzeln und Kräuter.«
    »Wir aber keinen Bissen. Nimm es nicht übel, Herr!«
    Diese blutarmen Menschen, da saßen sie nebeneinander auf dem Schemel; aus ihren hageren Gesichtern blickte das Leiden, und trotz des besten Willens konnten sie die Augen nicht von den Essenden wenden. Es tat mir wehe. Der Bissen quoll mir im Munde. Ich stand auf und ging hinaus. Ich kann bei keinem Kummer, bei keiner Entsagung den kalten, ruhigen Zuschauer machen.
    Ich suchte nach einem Platz, der sich zum Lagern eignete, und fand sehr schnell einen ganz vortrefflichen. Es war heute sehr sternenhell, nicht so finster wie an den vergangenen Abenden. Hinter dem Hause stieg eine mit lichtem Buschwerk besetzte Anhöhe zum Wald empor. Oben, wo die Bäume begannen, gab es einen kleinen, lichten Platz; das hatte ich bei unserer Ankunft von unten gesehen. Diesen Platz suchte ich jetzt auf. Es war da ein weicher Rasen, auf welchem es sich gewiss ganz prächtig ruhen ließ. Unter einer Platane bemerkte ich etwas Viereckiges, Dunkles. Ich trat näher. Es war ein Grab. Zu Häupten desselben war ein Kreuz an dem Stamme des Baumes befestigt.
    Stand dieses Grab vielleicht in Beziehung zu der so sichtbaren Trauer unserer Wirtsleute? Zu ihrem Fasten? Jedenfalls [76] meine Teilnahme vermehrte sich, doch nahm ich mir vor, nicht zu fragen. Es ist nicht gut, blutende Wunden zu vergrößern oder verharschte aufzureißen. Ich stieg von der Höhe hinab und traf unten in der Nähe des Hauses den Wirt, welcher sich wohl nach mir umgesehen hatte.
    »Herr, du gingst fort«, sagte er. »Ist das aus Zorn gegen mich geschehen?«
    »Nein. Weshalb sollte ich dir zürnen?«
    »Weil ich deine Gaben zurückwies. Du kommst von da oben herab. Hast du ein Grab gesehen?«
    »Ja.«
    »Es ist dasjenige meiner Tochter. Ich möchte dich um etwas sehr Wichtiges fragen. Darf ich?«
    »Ja. Ich habe Zeit.«
    »Ich bitte, komm mit da hinüber, wo die Pferde sind. Es braucht kein anderer zu hören, was ich sage.«
    Wir gingen nach der Weide. Dort setzten wir uns nebeneinander nieder. Es dauerte einige Zeit, ehe er sprach. Es mochte ihm schwer werden, einen passenden Anfang zu finden. Endlich sagte er:
    »Als du hinausgegangen warst, sprachen wir von dir. Ich hörte, dass du ein Schriftsteller bist und Bücher schreibst, dass du alle Gelehrsamkeiten, die es nur gibt, gelernt hast und dass es keine Frage gibt, die du nicht beantworten kannst.«
    Da hatte der Luftikus, der kleine Hadschi, wieder einmal den Mund voll genommen! Natürlich, je heller er mich malte, desto mehr Licht konnte er auch auf sich fallen lassen. Ich antwortete daher:
    »Das ist nicht wahr. Es gibt nur eine einzige Gelehrsamkeit; eine andere kenne ich nicht.«
    »Welche meinst du?«
    »Sie liegt in dem Gebote der heiligen Schrift: Trachtet am Ersten nach dem Reiche Gottes; das andere alles wird euch dann von selbst zufallen.«
    »Da hast du wohl recht. Kennst du die heilige Schrift und ihre Lehren?«
    »Ich habe gesucht und geforscht in ihr, denn es ist das ewige Leben darin; aber der Geist des Menschen ist zu schwach, das göttliche Licht zu ertragen. Ich habe sehr oft wochenlang über ein einziges Wort der Bibel nachgedacht und dabei erkannt, dass ich vermessen handelte. Dann las ich mit dem Herzen und fand das Richtige gleich.«
    »Mit dem Herzen? Wer da auch lesen könnte! Hast du gefunden, was die Bibel von dem Tode und von dem ewigen Leben sagt?«
    »Ja.«
    »Glaubst du an ein Leben nach dem Tode?«
    »Hätte ich diesen Glauben nicht, so wäre es besser, ich wäre nicht geschaffen. Der Glaube an die ewige Seligkeit ist bereits der Anfang der Seligkeit.«
    »So lebt der Geist nach dem Tode fort?«
    »Ganz gewiss.«
    »Und es gibt ein Fegefeuer?«
    »Ja.«
    »Wir sagen, dass es keins gebe. Gibt es Gespenster?«
    »Nein.«
    »O, wer das glauben könnte! Es gibt Seelen, die keine Ruhe finden und als Gespenster wiederkommen. Ich weiß es. Darum bin ich so unglücklich und darum faste ich mit meinem Weibe. Wir denken, dass wir sie dadurch vielleicht erlösen

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