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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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mich zu verraten.«
    »Das ist genug. Kommt alle mit hinab zu dem Ziegelstreicher.«
    Ich zog den Knecht empor und zwang ihn, vor mir her den Abhang hinabzusteigen. Die anderen folgten. Keiner sprach ein Wort. Der brave Besitzer des Häuschens schlief noch nicht. Er war natürlich im höchsten Grade erstaunt, uns mit seinen Todfeinden eintreten zu sehen.
    »Hier«, sagte ich, den Knecht in die Ecke schleudernd, »hier ist der Vampir. Betrachte ihn genau. Er lebt von alten Tabakspfeifenrohren und gräbt zum Vergnügen Leichen aus.«
    Der gute Mann sah uns an, einen nach dem andern. Er brachte kein Wort hervor. Wlastan hatte die Sprache wiedergefunden. Er streckte ihm die Hände entgegen und sagte:
    »Verzeihe! Wir sind betrogen worden.«
    »Wie kommt ihr hierher?«
    »Wir wollten das Grab da droben öffnen. Wir hatten den geweihten Pfahl mitgebracht, um ihn deiner Tochter in das Herz zu stoßen. Ich weiß selbst nicht, wie – wie –«
    Mehr hörte ich nicht. Ich fühlte mich nicht befugt, mich als Zeugen der sicher nun zu erwartenden Versöhnungsszene aufzudrängen, und ging hinaus. Halef, Omar und Osko folgten mir.
    Der kleine Hadschi machte allerlei Glossen über den eingefangenen Vampir. Dazwischen hörten wir die Stimmen der laut in der Stube Sprechenden erst zornig und drohend – wohl gegen den Knecht –, dann aber beruhigter und endlich gar fröhlich erschallen. Dann wurden wir hineingerufen.
    »Herr«, sagte der Kerpitschi, vor Freude weinend, »das haben wir euch zu danken. Ihr habt die Schande und den Gram von uns genommen. Wie kann ich euch das doch vergelten?«
    Auch seine Frau bot uns allen schluchzend die Hand. Ich aber meinte:
    »Nur euch selbst habt ihr diese Freude zu verdanken. Ihr habt die Fremden gastfrei bei euch aufgenommen, trotz eurer Armut. Jetzt kommt die Belohnung: Ihr braucht nicht mehr zu fasten aus Betrübnis über die üble, wahnwitzige Nachrede, durch welche man euer Leben verbitterte. Hättest du mir nicht dein Leid geklagt, so wäre die Hilfe wohl nicht so schnell gekommen.«
    »Ja, ich hörte es, dass du in allen Wissenschaften erfahren bist. Kennst du auch die Gifte?«
    Ich blickte auf Wlastans Sohn, welcher bleichen Antlitzes und mit eingefallenen Wangen dasaß. Dabei aber leuchteten doch seine Augen jetzt vor Freude und Hoffnung.
    »Ich verstehe grad so viel von den Giften, von ihren Wirkungen und von den Gegenmitteln, dass ich euch die Versicherung geben kann, dieser brave junge Mann wird sehr bald gesund werden, wenn ihr euch an einen richtigen Arzt und nicht an einen Quacksalber wendet. Den Menschen dort, welcher in der Ecke kauert, übergebt dem Richter. Er mag seine Strafe finden.«
    Mein als Laie abgegebenes ärztliches Gutachten erregte die größte Freude, auch bei ihm selbst, oder vielmehr es wirkte bereits kräftig auf ihn ein, denn er kam ganz munter herbeigesprungen und drückte mir ebenso kräftig wie seine Eltern die Hände.
    Ohne jetzt ein Wort zu sagen, nahm Wlastan eine Schnur, band dem Knechte die Hände zusammen und führte ihn fort. Ein Wink von ihm gebot seiner Frau, ihm zu folgen.
    Als sie nach ungefähr einer Stunde zurückkehrten, trug sie einen großen, mit Esswaren gefüllten Korb; er aber schleppte einen mächtigen Krug zur Türe herein.
    »Herr«, sagte er, »du hast den Hochzeitswein meines armen Feindes, der nun wieder und auf immer mein Freund ist, eben wegen seiner Armut nicht trinken wollen; ich aber bin reich; von mir könnt ihr den trinken, welchen ich soeben für euch ausgegraben habe.«
    »Gut, das soll geschehen. Wenn er uns aber munden soll, so musst du uns versprechen, dass du in deinem Reichtum dich des armen Freundes annehmen werdest, damit er nicht, wie bisher, sich über seine Kräfte anstrengen muss, um die Not und den Mangel von sich abzuwenden.«
    »Das verspreche ich mit Freuden. Hier gebe ich dir meine Hand darauf. So oft wir beisammen sitzen, werden wir eurer und dieses Abends mit Freuden gedenken.«
    Jetzt begann das Freudenmahl. Meine drei mohammedanischen Begleiter sahen, wie gut uns der alte Wein schmeckte. Das Wasser mochte ihnen im Munde zusammenlaufen. Da flüsterte Halef mir zu:
    »Sihdi, er sieht so ganz dick rot aus und war in die Erde gegraben; es ist kein Wein mehr.«
    »Was sonst?«
    »Es ist jetzt Blut der Erde. Dieses darf man doch wohl trinken?«
    »Natürlich!«
    »So erlaube, dass auch wir uns einschenken. Wir wollen fröhlich sein, wie ihr!«
    Und er schenkte sich ein – viele, viele Male.
    Es ist nur noch zu

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