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Lasst Kinder wieder Kinder sein - Winterhoff, M: Lasst Kinder wieder Kinder sein

Titel: Lasst Kinder wieder Kinder sein - Winterhoff, M: Lasst Kinder wieder Kinder sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Winterhoff
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allzu ernst gemeint. Aber all solche kleinen Dinge zeigen im Alltag, wie sehr wir bereits unter Überdruck stehen. Vereinfacht gesagt: Wer in sich ruht, wird die Aufforderung des Computers, ein Update zu machen, auf einen Zeitpunkt legen, an dem das zeitlich passt. Wer im Hamsterrad ist, »muss« ja jetzt das Update machen (über eine Verschiebung wird nicht nachgedacht), es ist nicht seine Aufgabe, über den Zeitpunkt zu entscheiden; der Rechner sagt ihm, was seine Aufgabe jetzt ist.
    Versuchen Sie einmal bewusst darauf zu achten, was passiert, wenn Sie Ihren Computer hochfahren – und nach dem Start zeigt das Gerät Ihnen an, dass Sie zunächst mal ein Update machen sollten. Sie wissen ja nicht, wie lange dieser Vorgang in Anspruch nehmen wird, Sie wissen auch nicht, ob alles ordnungsgemäß klappt und der Computer hinterher noch für die ursprünglich geplanten Aufgaben so zur Verfügung steht, wie Sie es brauchen (immer davon ausgehend natürlich, dass Sie »Normaluser« sind und kein Software-Entwickler o. Ä.). Was machen Sie? Die Aufforderung ignorieren und mit dem eigentlichen Vorhaben beginnen? Oder das Update durchziehen, obwohl Ihnen schon das Erscheinen der Meldung auf dem Bildschirm Stress verursacht? Und obwohl Sie ahnen, dass Sie unter Umständen damit bei der Erledigung Ihrer Arbeit in Schwierigkeiten kommen? Viele von uns werden sich vielleicht durchaus in dieser Konstellation wiedererkennen.
    Das folgende Beispiel eines Mitarbeiters in der Marketingabteilung zeigt, wie Berufs- und Privatleben nicht mehr voneinander abgegrenzt werden, um Stress im Beruf in der privaten Zeit abfedern zu können.

    Julian Peters ist 28 und der Typ Mitarbeiter, über den sich Chefs freuen. Er mag seinen Job, nimmt seine Aufgabe ernst und ist immer bemüht, neue Ideen zu entwickeln, um den Erfolg des Unternehmens zu befördern. Dabei nimmt er selten Rücksicht auf die üblichen Arbeitszeiten, sondern stellt die Erledigung seiner Aufgaben in den Vordergrund.
    Er ist mit diesem Job ziemlich gut ausgelastet; dieser frisst auch persönliche Ressourcen, da die Arbeit im Marketing eigentlich nie endet. Irgendjemand hat immer noch eine Frage, irgendein Event muss immer noch vorbereitet, irgendeine Kampagne ersonnen werden, und die Entwicklungsabteilung hat auch schon wieder neue Produkte auf die Bahn geschoben, mit denen man sich auseinandersetzen muss, um sie optimal vermarkten zu können.
    Privat hat Julian Peters in der Stadt seines Arbeitgebers mit seiner Lebenspartnerin eine nette Doppelhaushälfte gefunden, für die er sich jedoch einige Änderungen vorstellt. Außerdem ist er ein Familienmensch, er will auch seine Eltern nicht vernachlässigen, hilft, wo er kann, und ist immer für sie da.
    Arbeit bis über beide Ohren also. Wenn er daheim ist, stellt er Überlegungen an, welche Stelle als Nächstes renoviert werden kann, dazu kommen häufige Fahrten in die Heimatstadt zu den Eltern. Und wenn freie Zeit ist, findet sich immer noch ein Termin, der sinnvoll erscheint, um nicht das Gefühl zu bekommen, Zeit zu verschwenden und untätig rumzusitzen. Julian Peters befindet sich im Hamsterrad schlechthin.
    Julian Peters landet schließlich im Schlaflabor. Er schläft nämlich kaum noch, fühlt sich unausgeruht, überfordert. Seine Hoffnung ist, eine Möglichkeit zu finden, mit den Schlafschwierigkeiten klarzukommen. Natürlich, ohne Abstriche bei seiner Lebensplanung zu machen. Ein möglicher Zusammenhang
zwischen dem dauernd hochgedrehten Zustand in Job und Privatleben und der Schlafproblematik kommt ihm gar nicht in den Sinn. Er setzt vielmehr auf Therapie und Symptombehandlung, um alles in den Griff zu bekommen.
     
    Neben vielen anderen Ursachen, die es dafür selbstverständlich auch gibt, haben solche Schlafprobleme mit dem hier behandelten Phänomen zu tun. Schlaf ist ja eine Erholungs-und Ruhephase, und dass der Mensch im Schlaf, in den Träumen durchaus auch die Ereignisse des Tages verarbeitet, ist bekannt. Wenn unsere Psyche nun tatsächlich in einem Zustand ist, als wenn der Mensch sich im Angesicht einer Katastrophe befinde, ist es auch kein Wunder, wenn Schlaf nicht mehr die Erholungsfunktion hat, die er haben sollte. Denn in der Katastrophe findet der Mensch keinen Schlaf, weil ja ständig wieder etwas Schlimmes passieren könnte. Die Psyche bleibt »on«, der Mensch bleibt innerlich rotierend und schafft es nicht, Kraft und Energie für den nächsten Tag zu sammeln: »Das Gefühl, nicht genug getan zu haben,

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