Last days on Earth: Thriller (German Edition)
des Drachen schmerzten in ihrem Kopf. Seine Bewusstseinsvisitation hatte sie ordentlich durchgeschüttelt und einen kleinen, penetranten Schmerz hinter den Augen hinterlassen. Sie rieb unwillkürlich über ihre Stirn. Was hatte er gesehen? Musste ihr irgendetwas davon peinlich sein? Ja. Wenn er wirklich gesehen hatte, was in den letzten Monaten alles mit ihr geschehen war, dann war das sogar ungeheuer peinlich.
Sie hob den Blick und zwang sich, dem Drachen gerade in die Augen zu sehen. Was haben Sie gesehen?, fragte sie lautlos.
Die Bürgschaft, die Raoul für Sie abgegeben hat , wäre nicht nötig gewesen, erwiderte der Drache. Seine Stimme dröhnte in ihrem Kopf wie eine Glocke. Ich habe das nur getan, um seine Einstellung zu Ihnen zu überprüfen. Sie sind ein bemerkenswertes Exemplar Ihrer Spezies. Wenn er Sie seine Freundin nennen darf, ist er zu beneiden.
Karla senkte den Blick, der Gedankenkontakt brach ab. Sie legte die Hände an die Wangen. »Wer hat diesen Generator gebaut?«, fragte sie.
Quass antwortete nicht. Er blies kleine Flammen in den Kamin und sah zu, wie sie sich mit dem Feuer verbanden.
»Quass«, sagte Raoul eindringlich. »Du musst uns helfen. Wenn du nicht selbst dahintersteckst, dann ist es möglicherweise ein anderer Drache. Du kannst nicht wollen, dass die Welt untergeht!«
Der Drache seufzte einen langen Feuerstoß, der das Kaminfeuer geradezu explodieren ließ. Weit über ihren Köpfen sprang ein Lüftungssystem an und saugte die Flammen ab. »Lass mir Zeit, darüber nachzudenken«, bat er. »Der Mensch, der den Generator gebaut hat, ist ein wenig scheu. Ich möchte ihn nicht unnötigerweise exponieren.«
Karla knurrte frustriert. »Ist er ein Hexer oder ein Dunkelmagier?«
»Weder – noch.«
»Das geht nicht. Er muss der einen oder der anderen …« Karla unterbrach sich. »Ein Versatiler?«
Der Drache bestätigte ihre Vermutung weder, noch dementierte er sie. Er schwieg und atmete Flammen. »Ich bin müde«, sagte er. »Gesellschaftsmüde. Seid so freundlich, Raoul und Raouls Freundin, und geht.«
Raoul erhob sich und griff nach Karlas Arm. Sie folgte ihm widerstrebend. »Wenn er weiß«, flüsterte sie, »wer dahinterstecken könnte …«
»Lass ihn.« Raoul drückte besänftigend ihre Hand. »Er wird uns helfen.«
Sie gingen zur Tür, und kurz bevor sie die Bibliothek verließen, sagte Quass: »Ich werde eine Gesellschaft geben. Einen Wohltätigkeitsball. Norxis von Felsenstein wird anwesend sein.«
Raoul blieb auf der Schwelle stehen. »Du bist ein Genie.«
»Ich weiß.« Die Stimme des Drachen bebte vor unterdrücktem Gelächter. »Die Einladungen gehen morgen raus. Ich hoffe, du besitzt einen Frack, mein Freund. Und Sie ein Abendkleid.«
Die Tür schloss sich hinter ihnen. Der schweigsame Butler wartete bereits in der Diele und hielt ihre Jacken bereit.
12. 19. 19. 10. 18.
Sie schwiegen beide, während sie im Aufzug hinunterfuhren. Als die Tür des Aufzugs aufglitt, sagte Raoul: »Das war eine unbedachte Aktion, Karla.«
In seiner Stimme schwang keinerlei Vorwurf mit, deswegen reagierte sie nicht weniger gelassen. »Ich weiß. Es war spontan, und es hat Ergebnisse gebracht.«
Er nickte mit einem Gesichtsausdruck, der nicht besonders glücklich wirkte. »Ich glaube nicht, dass Quass derjenige ist, den wir suchen.«
Karla zuckte die Achseln. »Vielleicht deckt er ihn. Ich kenne ihn nicht gut genug, um das zu beurteilen. Du?«
Raoul setzte zu einer Antwort an. Schüttelte dann resigniert den Kopf. »Er ist ein Drache.«
Sie fuhren zum Hotchpotch. Karla trommelte mit den Fingern gegen das Glas der Seitenscheibe. »Ein Memplex-Generator«, sagte sie. »Unglaublich.«
»Und ein Versatiler, der die Dinger baut. Das wird Tora nicht gefallen. Sie hat immer gegen die gekämpft, die Versatile für eine latente Gefahr halten und sie am liebsten irgendwo einsperren würden.«
»Das ist aber die Wahrheit«, entgegnete Karla heftig. »Wer sich an keinerlei Regeln hält und zu keiner Gemeinschaft gehören möchte …« Sie brach ab und rieb sich über die schmerzende Stirn. »So etwas wie ich«, setzte sie bitter hinzu. »Eine Gefahr für die Gesellschaft.«
Raoul berührte sacht ihre Schulter. »Nicht«, sagte er.
Karla schüttelte den Anfall von Selbstmitleid ab und nickte. »Du hast recht.« Sie rieb sich wieder über die Stirn. Die Kopfschmerzen wurden bohrend. »Hat er das mit dir auch gemacht?«
Raoul warf ihr einen schnellen Blick zu. »Ja«,
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