Last days on Earth: Thriller (German Edition)
noch existiert.«
Karla registrierte beinahe abwesend den Schock, der bei diesen Worten durch ihren Körper schoss. »Wie meinen Sie das?«
»Warum stellen Sie diese Frage? Sie ermitteln seit dem Frühjahr in dieser Angelegenheit. Inzwischen haben Sie ein Datum, auf das all die Zwischenfälle hinauszulaufen scheinen.«
Karla schnaubte. »Das sind nichts als Vermutungen. Ich untersuche keine Weltuntergangstheorie, Tora-san. Raoul und ich sind mit der Untersuchung von zwei Morden …«
»Dummes Zeug«, fuhr die Großmeisterin dazwischen. »Sie waren nie mit der Untersuchung irgendeines Mordes betraut.« Sie drückte ihre Zigarette aus und klappte das Etui auf, um eine neue herauszuholen. »Reden Sie sich nichts ein, meine Liebe. Ich selbst habe dafür gesorgt, dass diese Vorfälle von zwei Ermittlern untersucht werden, die mehr sehen als der Durchschnittsmagister. Sie haben gute Arbeit geleistet, obwohl man sie aus der MID geworfen hat, obwohl Sie Ihr altes Leben verloren haben. Warum? Wegen einiger gestohlener Bücher?«
Karla biss die Zähne zusammen. »Nein. Aber die zwei Morde …«
»Es geht nicht um die beiden Toten!« Tora-san erhob ihre Stimme nur um eine Kleinigkeit, aber Karla fuhr zusammen. »Sie sind vollkommen unwichtig. Bleiben Sie beim Wesentlichen!«
Karla ballte die Faust. »Sie haben dafür gesorgt, dass die Morde nicht in den Akten erschienen sind? Sie waren das?«
Tora dementierte den Vorwurf nicht. »Wenn Ihre Ermittlungen auch nur einen Hauch von Wahrheit ans Licht gebracht haben«, sagte sie leise, »dann werden wir uns in ein paar Monaten keine Gedanken mehr über zwei Tote machen, die unserer Welt nur ein paar armselige Tage früher vorausgegangen sind. Wir werden selbst nicht mehr existieren.«
Karla ignorierte den Schauder, der ihr über den Rücken lief. »Sie sind wahnsinnig«, sagte sie.
Die Großmeisterin lachte. »Das hat schon lange niemand mehr zu mir zu sagen gewagt. Aber Sie haben recht: Ich bin verrückt vor Sorge.« Sie beugte sich vor, und ihre Stimme nahm einen eindringlichen Tonfall an: »Belügen Sie sich nicht selbst, Karla van Zomeren. Sie denken nicht anders als ich, sonst hätten Sie sich in den vergangenen Wochen um einen neuen Job, eine Wohnung, ein neues Leben gekümmert.«
Karla erwiderte ihren Blick. »Wer?«, fragte sie.
»Sie wollen wissen, wer die Welt vernichten will?« Tora lehnte sich zurück und blies einen Rauchkringel zur Decke. »Wer hat die Möglichkeiten dazu? Wer besitzt die Fähigkeit? Und wem nützt es«, fragte sie zurück.
»Die Drachen«, sagte Karla.
Tora-san sah sie reglos an. »Sie hätten die Fähigkeit, keine Skrupel und die Mittel«, sagte sie nach einer Weile.
»Aber das Motiv?«, stellte Karla die Frage, die sie schon seit Tagen umtrieb. »Wir sind ihre Geschäftsgrundlage. Wenn sie uns vernichten, wäre damit auch all ihr Reichtum dahin.«
»Langeweile.«
Karla sah sie ungläubig an, und Tora wiederholte geduldig: »Die Drachen sind älter als diese Welt. Sie haben eine lange Zeit Vergnügen daran gefunden, sich mit uns zu beschäftigen – aber das Vergnügen wird schal. Ich kann nachempfinden, dass es unterhaltsam sein muss, einen Weltuntergang zu inszenieren, um dann weiterzuziehen. Oder vollkommen neu anzufangen.«
Karla musste an sich halten, um nicht loszuschreien. Tora-san lächelte sanft. »Ihr Blick spricht wie ein Buch. Ich bin ein Ungeheuer, ja. Das wissen alle.«
Karla schüttelte das Unbehagen ab. »Wir werden in den nächsten Tagen einen Drachen treffen, den wir für einen möglichen Verdächtigen halten. Wir werden versuchen, ihn zu befragen.«
»Gut.« Tora nickte. »Sie werden mich über das Ergebnis informieren, dann sehen wir weiter. Und nun zum eigentlichen Grund Ihres Besuchs. Was wollen Sie von mir?«
»Der Maya-Kalender«, sagte Karla. »Wissen Sie etwas über diese Prophezeiung?«
»Wahrscheinlich nicht mehr als sie.« Die Großmeisterin klang belustigt. »Das Ende der Langen Zählung bezeichnet den Zeitpunkt eines möglichen Weltuntergangs. Diverse astronomische Ereignisse treffen an diesem Datum aufeinander. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen. Das ist es nicht, Frau van Zomeren. Sie weichen mir aus.« Tora hob die Hand, um Karlas Widerspruch zu ersticken. »Ich habe eine Daimonen-Signatur in ihrem Bewusstsein gefunden. Sehr ungewöhnlich für eine Weiße Hexe. Wer ist es – Brad?«
Karla wandte den Blick ab und rang um Fassung. »Ja!«
»Wie hat er Sie erwischt? Normalerweise kann ein
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