Last days on Earth: Thriller (German Edition)
schon gesagt habe, ich möchte, dass Sie für mich arbeiten. Sie müssen nicht befürchten, dass ich etwas Illegales von Ihnen verlange. Ich benötige gelegentlich die Dienste einer Hexe, und meine bisherige Assistentin hat sich zurückgezogen, um … nun, das tut nichts zur Sache. Die Stelle ist also vor Kurzem vakant geworden, und ich habe bei der Neubesetzung sofort an Sie gedacht.« Er lächelte. »Sie wären perfekt. Meine Wunschkandidatin. Ein Schmuckstück in meinem Mitarbeiterstab.«
Karla zog die Brauen zusammen. »Nein«, sagte sie. »Wenn Sie bereits mit einer meiner Kolleginnen gearbeitet haben – was ich ein wenig bezweifle –, dann wissen Sie, dass wir nichts tun können, was das Gleichgewicht beeinträchtigt. Ihre – Profession an sich stellt aber schon eine Verletzung sämtlicher weißen Grundsätze dar.« Sie ahmte seine Geste nach und lehnte sich zurück. »Es gibt doch sicherlich eine ordentliche Anzahl Dunkler Magier, die darauf brennen, für Sie zu arbeiten.«
Perfido hob die Brauen. »So schlecht ist also Ihre Meinung von Ihren Kolleginnen und Kollegen vom Schwarzen Zweig? Ich bin schockiert.«
Karla schnaubte. »Es gibt auch beim Schwarzen Zweig integre Leute. Aber in der Regel nehmen es Dunkelmagier nicht allzu genau, was Fragen der allgemeinen Ethik und Moral betrifft. Die meisten sind sogar stolz darauf, Regeln zu brechen, Gesetze zu missachten und sich einen Dreck um das Gleichgewicht zu scheren. Also genau die richtigen Leute für eine Anstellung bei Ihnen.«
Perfido lachte. »Sie halten nicht viel von Diplomatie, oder? Also gut, reden wir Klartext. Ich möchte Sie engagieren. Ich verspreche Ihnen, dass Sie nichts Illegales tun müssen. Ich benötige Sie ausschließlich für Dienste, die meine legalen Geschäfte betreffen. Sie erhalten von mir ein Jahresgehalt, das doppelt so hoch ist wie Ihr jetziges. Außerdem werden Sie an allen Einnahmen beteiligt, an deren Zustandekommen Sie mitgearbeitet haben. Ich schätze, damit kommt im Schnitt noch einmal mindestens ein Jahresgehalt zusammen. Sind Sie damit einverstanden?«
Karla schwieg. Das war ohne Frage ein verlockendes Angebot. Die MID bezahlte, wie die meisten staatlichen Institutionen, nicht besonders gut. Karla mochte ihre Arbeit, sonst hätte sie sich längst etwas in der freien Wirtschaft gesucht. Ihre Schwester arbeitete als Sicherheitshexe in einem Kernkraftwerk. Ein nicht ungefährlicher Job, aber er wurde ausgezeichnet entlohnt.
»Ich …«, begann sie und verstummte.
Perfidos Lächeln wurde breiter. »Liebe Frau van Zomeren«, sagte er herzlich, »ich verlange nicht von Ihnen, dass Sie sich sofort entscheiden. Gehen Sie nach Hause, schlafen Sie darüber. Ich bin zufrieden, wenn Sie mir Ihre Entscheidung im Laufe der nächsten Woche mitteilen.« Er stand auf und reichte ihr die Hand. Karla hatte sie ergriffen, ehe sie selbst bemerkte, was sie tat. Verfluchter Mistkerl, er hatte es doch geschafft, sie einzulullen!
Perfido legte seinen Arm um ihre Schulter, und Karla versteifte sich. »Grüßen Sie unseren gemeinsamen Freund recht herzlich von mir«, sagte er und begleitete sie zur Tür. »Er soll mal wieder auf einen Drink vorbeikommen.« Er ließ sie los und sah ihr in die Augen. »Und vielleicht kommen Sie mit, und wir feiern zu dritt Ihren Einstand in meinem Unternehmen?«
Bevor Karla noch etwas sagen konnte, stand sie mit dem Kobold draußen auf der Treppe. Ihre Gedanken wirbelten wie die Schneeflocken in einer Glaskugel. Perfido hatte etwas mit ihr angestellt. Er hatte sie beeinflusst, aber mit welchem Ziel? Sie musste sich gleich morgen einer Tiefensondierung unterwerfen. Das war unangenehm, aber notwendig.
Karla ließ sich nach Hause fahren. Sie hatte nicht den Nerv, sich auch noch Christopher zu stellen. Perfidos Worte saßen wie giftige Stacheln in ihrem Herzen. Geschätzter alter Freund. Verdammt, was hatte Kit ihr sonst noch verschwiegen?
12. 19. 19. 03. 19.
Raoul erwachte mit einem Ruck. Eine Weile blieb er reglos liegen, bis er wieder wusste, wer er war. Wo er war. Was er hier in diesem Bett zu suchen hatte. Sein Kopf dröhnte, die Zunge lag dick und pelzig in seinem Mund.
Die Erinnerungen kamen langsam, bruchstückhaft zurück. Horace, der Butler des Drachen, hatte ihn zum Aufzug gebracht, der vom Foyer des Gebäudes direkt in die große Empfangsdiele Quass von Deyens führte.
Er war nicht nach Hause gegangen. Die frische Nachtluft hatte den Nebel vertrieben, den der exzellente Cognac um
Weitere Kostenlose Bücher