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Last days on Earth: Thriller (German Edition)

Last days on Earth: Thriller (German Edition)

Titel: Last days on Earth: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Frost
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seine Sinne gelegt hatte. Deshalb hatte er kurz entschlossen zum Telefon gegriffen und eine Nummer gewählt.
    Als die tiefe, ein wenig raue Stimme sich meldete, sagte er: »Hast du Zeit für mich, Tora-san?«
    »Raoul, es ist mitten in der Nacht. Du solltest im Bett liegen und schlafen.«
    »Du schläfst auch nicht, Roshi.«
    »Ich bin ein Nachtvogel, das weißt du doch. Sonst hättest du wohl kaum die Unverfrorenheit besessen, mich um diese Zeit noch anzurufen.« Sie schwieg einen kurzen Moment. »Komm vorbei. Ich freue mich.« Es knackte, die Verbindung war unterbrochen.
    Tora-san, Großmeisterin des Schwarzen Zweiges und Raouls erste und einzige Lehrerin der dunklen Künste, lebte in einem spartanisch eingerichteten kleinen Haus in einem der Nichtmenschenviertel am Rande der Stadt.
    Der Taxifahrer hatte ihn zuerst nicht dorthin fahren wollen, aber Raoul hatte den Fahrpreis vorab entrichtet und noch ein gutes Trinkgeld versprochen, wenn er heil und einigermaßen flott ans Ziel gelangte.
    Während der Fahrt dachte er über Quass und die gestohlenen Bücher nach. Und darüber, was der Drache ihn zum Schluss gefragt hatte. Liebesleben? Wenn man es genau nahm, dann besaß er keins. Brad war in der letzten Zeit der Einzige, der hin und wieder eine Frau nach Hause brachte.
    Raoul starrte zum Fenster hinaus. Seit einigen Jahren war sein Leben ein einziger Kampf darum, wer die Oberhand besaß. Schritt für Schritt, Millimeter um Millimeter verlor er dabei an Grund. Schleichend. So langsam, dass ihm, außer in Momenten wie diesem, kaum auffiel, was er alles schon hatte aufgeben müssen. Ab jetzt ging es nur noch darum, wie lange er noch Herr seiner Sinne, seines Körpers, seiner Existenz sein würde. Den eigentlichen Kampf hatte er längst verloren.
    »Wir sind da!« Die Ungeduld in der Stimme des Taxifahrers ließ erkennen, dass er diesen Satz schon mehrmals gesagt haben musste. Raoul schreckte hoch. Sie standen wirklich vor Toras Grundstück, und wie immer war die Straße vollkommen unbeleuchtet. Nur die Scheinwerfer des Taxis strahlten ein Stück Straße an. Raoul meinte, in der Dunkelheit jenseits des Lichtkegels rötliche Augen glühen zu sehen. Hatte Tora nicht erwähnt, dass eine Werwolffamilie ins Haus nebenan eingezogen war?
    Raoul beugte sich vor und reichte dem Mann das versprochene Trinkgeld. »Holen Sie mich in einer Stunde wieder ab?«
    »Nee, ich hab jetzt Feierabend«, erklärte der Fahrer hastig. Es war deutlich zu sehen, dass er log. Raoul winkte ab und stieg aus.
    »Sehr elegant, mein Lieber. Ich bin angemessen beeindruckt«, empfing ihn Toras Stimme, als er den Hausflur betrat. Die Tür hatte wie immer offen gestanden, und aus dem Zimmer fiel warmes Kerzenlicht auf den matt glänzenden Holzboden. Raoul lächelte, hängte seinen Hut an die Garderobe und zog die Schuhe aus. »Du kannst mich von dort gar nicht sehen«, rief er.
    Sie lachte. »Richtig. Aber wenn du so spät unterwegs und ein bisschen angeheitert bist, warst du aus. Ergo: elegant.«
    Er zog den Kopf ein und trat über die Schwelle. Die Tür war niedrig, die Decken hingen tief, aber Tora-san war, obwohl sie für eine Japanerin sogar etwas über dem Durchschnitt lag, keine große Frau nach europäischen Maßstäben.
    Das Zimmer, in das er trat, war am Tage hell und luftig, wenn die großen Schiebetüren zum Garten komplett geöffnet waren. Aber jetzt waren sie geschlossen, und Tora hatte Paravents davorgestellt.
    Matten bedeckten den Boden und dämpften Raouls Schritte. Kleine, harte Kissen und Tische, kaum größer als ein Tablett, standen und lagen locker verstreut im Raum. Tora-san besaß auch eine europäisch eingerichtete Bibliothek im oberen Stock, aber sie hielt sich lieber hier auf, auch wenn sie las oder schrieb und dabei unentwegt rauchte.
    Sie sah zu ihm auf und lächelte. Raoul legte die Hände zusammen und verneigte sich. »Tora-san«, sagte er, »danke, dass du mich empfängst.«
    »Nicht so förmlich, Raoul, mein Junge.« Sie drückte ihre Zigarette aus, nahm die schmale Brille ab und schob sie als Lesezeichen in ihr Buch. »Setz dich. Schenk uns Tee ein.«
    Er kniete neben ihr nieder und hob die kleine, schwere Kanne. Grüner, schwach nach Blüten duftender Tee floss in zwei unscheinbare Becher.
    Raoul nahm einen. »Das ist dein kostbarstes Geschirr. Danke.«
    »Du bist ein lieber Gast.« Sie trank und musterte ihn. Ihre dunkelbraunen Augen verschwanden in einem Nest von Fältchen, und das glatt zurückgekämmte schwarze Haar

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