Last days on Earth: Thriller (German Edition)
»Kit, verdammt, tu nicht so herablassend. Ich habe mich über etwas geärgert, was mit dir und deinen Geschäften zu tun hat. Du hast mir nie erzählt, wie gut du Perfido kennst.«
Kit veränderte seine Haltung nicht. Seine Hand, die entspannt auf dem Tisch geruht hatte, schloss sich langsam zur Faust und öffnete sich wieder. »Santo Perfido«, sagte er. »Was hast du mit ihm zu schaffen?«
»Er hat mich vor deiner Tür von seinen Gorillas abfangen und zu sich bringen lassen«, sagte sie. Ihre Stimme schwankte ein wenig. Die Wut, die sie empfand, war zu groß. »Er hat mir angeboten, für ihn zu arbeiten. Und dann hat er seinen lieben, alten Freund Christopher Marley grüßen lassen. Wir sollen bei Gelegenheit mal auf einen Drink zu ihm kommen.« Ihre Beherrschung sprang in Stücke. »Verdammt, Kit, das hättest du mir sagen müssen!«
Kit griff nach dem Füllfederhalter, der offen auf seinen Papieren lag, und schraubte ihn sorgfältig zu. »Es tut mir leid, dass du mit Santo zusammengestoßen bist.« Seine Stimme war so beherrscht und ruhig, dass sie ihn am liebsten gepackt und geschüttelt hätte. »Ich werde ihn bitten, sich bei dir zu entschuldigen.«
Es verschlug ihr den Atem. »Kit, du redest von einem der skrupellosesten und rücksichtslosesten Verbrecher, die unsere Stadt kennt.« Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast.«
Kit schwieg.
»Christopher, rede mit mir!« Karla beugte sich über den Tisch. Er saß vollkommen reglos da. Sein Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt. Dann öffnete er den Mund und sagte: »Quod me nutrit me destruit.«
Karla starrte ihn verständnislos an. »Was?«
»Was mich ernährt, zerstört mich.« Er lächelte schwach. Seine dunklen Augen waren wie tiefe, lichtlose Höhlen.
Das war die Inschrift auf seinem Porträt. Karla wandte sich ab, fuhr mit beiden Händen durch ihre Haare. »Du machst mich wahnsinnig, Kit. Was willst du mir jetzt damit sagen?«
»Santo ist mein Princeps.«
Sie wartete, dass er fortfuhr, aber Kit schwieg. Karla holte tief Luft. »Das heißt?«
Er spielte mit einem Briefbeschwerer aus Marmor, schob ihn über den Tisch, fühlte mit den Fingern darüber. »Ich möchte darüber nicht reden.«
»Kit!« Karla ballte die Fäuste. Grundregel Nummer eins für den Umgang mit Vampiren hatte sie während ihrer Ausbildung eingehämmert bekommen: Mach sie nicht wütend! Sie sind stärker, schneller, skrupelloser als du. Bleib ruhig. Sei geduldig. Appelliere an ihre Vernunft. Und mach sie nicht wütend!
»Du kannst mich nicht so abspeisen. Perfido ist verdächtig, eine Reihe von Verbrechen begangen zu haben, deren Aufklärung zu meiner Arbeit gehört. Er ist schuld daran, dass Fokko Tjarks im Koma liegt! Er hat versucht, mich zu beeinflussen!« Sie merkte, dass sie ihn anschrie.
Kit saß reglos in seinem Stuhl. Seine Miene war kalt wie die Nacht. »Du hast kein Recht, so mit mir zu sprechen«, sagte er beherrscht.
Karla spürte die Glut unter der kühlen Fassade und atmete tief durch. »Ich habe kein Recht, dich anzuschreien. Aber du hattest kein Recht, mich zu belügen.«
»Ich habe dich nicht belogen!«
»Was heißt das, er ist dein Princeps?« Erster. Das Wort »Fürst« stammte aus dieser Wurzel.
»Das geht euch Taggeborene nichts an!« Jetzt wurde auch er etwas lauter. Seine Hand ballte sich um den Briefbeschwerer. Karla sah, wie seine Knöchel weiß wurden. Mach sie nicht wütend …
»Wenn du Wert darauf legst, eine Taggeborene in deiner Nähe zu haben, dann wirst du damit leben müssen, dass sie Fragen stellt und Antworten erwartet!« Ihre zornige Zunge war schneller als die mahnende Vernunft.
Der Briefbeschwerer zerbröselte in Kits Händen zu Staub und Marmorsplittern. Ehe Karla auch nur eine Bewegung machen konnte, war er schon schattengleich und schnell wie ein Gedanke an ihrer Seite, hatte ihre Arme gepackt und hielt sie mit einem knochenbrechenden Griff umklammert. Karla hatte ihn noch nie zuvor so in Rage erlebt. Seine Augen waren groß und tiefschwarz, das Gesicht weiß vor Zorn, und seine Lippen entblößten Zähne, die spitz und gefährlich vor ihren Augen schimmerten.
»Kit«, sagte sie gepresst, »du willst mir nicht wehtun.«
Er fauchte nur. Regel eins: Mach sie nicht wütend! Regel Nummer zwei: Zeig niemals deine Panik! Karla hatte selten Angst, aber in diesem Augenblick wurden ihr die Knie weich. Sie haben sich im Umgang mit uns Menschen unter Kontrolle, aber wehe,
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