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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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schon länger nicht mehr erlebt hatte: Zufriedenheit. Nicht die erfreute Zufriedenheit von jemandem, der gerade ein besonders gutes Essen oder eine erfüllende sexuelle Begegnung hinter sich hat, sondern die Zufriedenheit von jemandem, der eine lange Durststrecke durchgestanden und endlich wieder einmal vierundzwanzig Stunden erlebt hat, in denen Enttäuschungen weitgehend ausgeblieben sind.
    Die Umstrukturierung der Abteilung Tourismus hatte nur vier Tage gedauert. Die Techniker, die die Computer abgebaut hatten, hatten genau über ihre Arbeit Buch geführt, so dass der ganze Vorgang nur in umgekehrter Reihenfolge wiederholt werden musste. Natürlich gab es Pannen. Irren war nun einmal menschlich. Zwei Reiseberater bekamen die falschen Computer, doch statt die Techniker zurückzuholen, ließ Drummond die beiden einfach ihren Arbeitsplatz tauschen. Zu diesem Zeitpunkt waren die verbliebenen achtunddreißig Touristen wieder im Einsatz. Die meisten konnten ihre vorherigen Aufträge fortführen, nur sieben waren gezwungen, sie abzubrechen und neue Aufgaben zu übernehmen. Eine Agentin hatte allerdings Pech. Ihr plötzliches Verschwinden kam zum falschen Zeitpunkt, und bei ihrer Rückkehr nach Jakarta
wurde sie am Flughafen Soekarno-Hatta von einem Empfangskomitee erwartet; zwölf Stunden später wurde ihr Tod offiziell bestätigt.
    Die Zahl der Touristen war noch immer erschreckend gering, doch immerhin hatten sie seit der Umstrukturierung nur diese eine Agentin verloren und aus den Reihen der Reiseberater zwei neue dazugewonnen, die gerade die anstrengende Ausbildung in der Company-Schule Point durchliefen. Die Erinnerung an das hinterhältige Spiel des Guoanbu saß ihm noch im Nacken, vor allem wenn er an die fünf Touristen dachte – Stanley, Gupta, Mobuku, Martinez und Yuan –, die bei dem Myrrhe-Rückruf ihr Leben verloren hatten. Doch die anderen hatten inzwischen Großes geleistet – nicht nur die jämmerliche Arbeit, die darin bestand, die Abteilung über Wasser zu halten. Zwei terroristische Zellen – eine in Pakistan, eine in Saudi-Arabien – waren unterwandert und drei störende Elemente – ein Syrer, ein Marokkaner, ein Palästinenser – liquidiert worden; ein Tourist hatte während der Lösung der Andenkrise zwischen Ecuador, Kolumbien und Venezuela erstklassige Erkenntnisse über Hugo Chávez’ Regierung gewonnen; und ein Agent hatte sogar zwei französischen Journalisten in Nadschaf das Leben gerettet. Das war positive Arbeit, ein Fortschritt und der Beweis, dass Milo Weaver ein kurzsichtiger Narr war. Trotz seiner Jahre in der Verwaltung hatte Weaver nicht begriffen, dass Kompromisse eine entscheidende Voraussetzung waren, wenn man etwas bewegen wollte.
    Die Abteilung hatte sogar Direktor Ascot überstanden, der durch Gott weiß wen von der Maulwurfjagd Wind bekommen hatte. Nathan Irwin war die Lüge eingefallen, die ihnen die Haut rettete. »Ganz einfach, Alan. Sie sagen dem Scheißer, dass Ihnen die laxen Sicherheitsvorkehrungen
in der Abteilung schon seit Ihrem Amtsantritt ein Dorn im Auge waren und dass Sie alle nach New York zurückbeordert und ihnen neue Identitäten verpasst haben, weil das Problem nicht anders zu lösen war. Und die falsche Maulwurfjagd war der Vorwand, um den Rückruf zu rechtfertigen.«
    Die Tatsache, dass diese Lüge wunderbar funktionierte, hatte die paradoxe Wirkung, dass er und Irwin zu Komplizen wurden. Paradox, weil Irwin sich bis zuletzt heftig gegen Drummonds Ernennung zum Abteilungsleiter gewehrt hatte. Das war echte Politik.
    Immerhin, spätestens am Freitag würde er Irwin und seinen neugierigen Stab los sein, und er konnte wieder aufatmen, weil ihm nicht mehr ständig jemand über die Schulter schaute.
    Aber nichts im Leben war vollkommen. Zum Beispiel die neuen Codes: sechsstellige Zahlen. Wer sollte sich so was merken? Jedes Mal wenn er einen Touristen anrief, zog er die Liste aus seiner oberen Schublade, auf der alles stand: Arbeitsname, Telefonnummer, Code, Antwortcode. Wenn er gerade irgendwo anders war und sich die Notwendigkeit eines Anrufs ergab, musste er zur Avenue of the Americas und hinauf in den zweiundzwanzigsten Stock rasen, um dort das Büro und die verdammte Schublade aufzusperren. Irwin und seine Helfer beharrten darauf, dass nur auf diese Weise die Sicherheit gewährleistet war, und wahrscheinlich hatten sie recht. Trotzdem wurde Drummonds Arbeit dadurch nicht gerade leichter.
    Doch er hatte es überstanden – sie hatten es alle

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