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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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waren und er hören konnte, dass sie allein ins Haus ging, dann begann er gleichmäßig an eins der rückwärtigen Fenster zu klopfen. Es dauerte eine Weile, aber wohl nicht, weil sie ihn nicht bemerkt hatte, sondern weil sie sich so langsam bewegte. Als sie das Licht im Hauswirtschaftsraum anknipste und ihn ins Auge fasste, brannten ihm die Finger. Sie kam näher, ohne die Tür zu öffnen.
    »Sie sehen furchtbar aus«, rief sie durch die Glasscheibe.
    »Dafür sehen Sie fantastisch aus, Erika.«
    Sie setzte ein schiefes Grinsen auf. »Was treiben Sie da eigentlich? Ich könnte Sie umbringen lassen.«
    »Ist mir klar. Aber vielleicht sollten Sie mir vorher zuhören. Ich hab Ihnen doch versprochen, dass ich Ihnen helfe, wenn ich kann.«
    »So sieht es also aus, wenn Sie mir Ihre Hilfe anbieten ?« Sie schüttelte den Kopf. »Niemand stellt sich in den Regen, nur um seine Hilfe anzubieten. Sie wollen doch was von mir.«
    »Ich hab mich in den Regen gestellt, um Ihnen einen Austausch von Gefälligkeiten anzubieten.«
    Sie blinzelte langsam, als hätte sie alle Zeit der Welt. Dann entriegelte sie die Tür und trat zurück. Als er eintrat, zog er eine Wasserlache hinter sich her. Sie öffnete einen Trockner neben einer Waschmaschine. »Da können Sie Ihre Sachen reinwerfen. Ich bringe Ihnen einen Morgenmantel.« Langsam stapfte sie hinaus und schloss die Tür.
    Als er sich auszog, kehrten seine Zweifel zurück. War das wirklich die einzige Möglichkeit, einem Maulwurf Angst einzujagen? Am JFK hatte er seinen echten Pass
benutzt, und kurz vor Abflug war einer der Verfolger zum Gate gehastet, um die Maschine zu erwischen. Die junge Frau mit rotem Pony war bis zum Flughafen München an ihm drangeblieben, bevor sie ihn an den Schnurrbartträger weiterreichte, der sich schon bereithielt. Dieser Mann war seinem Mietauto den ganzen Weg zu dem Lebensmittelladen in Pullach gefolgt und war wahrscheinlich immer noch dort, um Milos verlassenen Wagen in der Dunkelheit zu beobachten.
    Nun, vielleicht war es nicht die einzige Möglichkeit, aber es hatte die gewünschte Wirkung. Irwin wusste genau, wo Milo Weaver war. Und daher auch der Maulwurf.
    Der Morgenmantel, den Erika Schwartz brachte, war weich, dick und sehr pink, und als er ihn überstreifte, schaltete sie den Trockner ein, ohne seine Nacktheit zu beachten. »Haben Sie was zu trinken?«, fragte er.
    »Ich habe nur eine einzige Flasche Wein gekauft.«
    »Bloß Wasser, Erika. Ich habe Durst.«
    Auf dem Weg hinauf zum Wohnzimmer kamen sie an der Stahltür zum Schutzraum vorbei. Milo ließ sich in der Dunkelheit nieder, und sie traf keine Anstalten, Licht zu machen. Stattdessen ging sie in die Küche und brachte eine Flasche Evian, zwei Weingläser und ihre Flasche Riesling mit. »Also.« Sie nippte an ihrem Wein. »Sie sind hier, um mir Ihre wunderbaren Dienste anzubieten.«
    »So was in der Richtung.«
    »Na, da bin ich ja gespannt.«
    Milo legte noch nicht los. »Wie ich höre, wird der Konferenzraum S jetzt endlich benutzt.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sie haben doch gesagt, ich soll meine Leute fragen.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Heute ist eine amerikanische Delegation eingetroffen. Und wissen Sie, was ich zu
Oskar gesagt habe, als sie angekommen sind mit bunter Krawatte, breitem Grinsen und festem Händedruck?«
    »Was?«
    »Dass wir endlich erfahren, wie viel das Leben eines Mädchens wert ist.«
    Milo nickte. »Für wann ist die nächste Delegation angesagt ?«
    »Für Montag. Es gibt viel aufzuholen.«
    »Gut.«
    »Finden Sie?«
    Milo musterte ihre schweren, feuchten Wangen im Licht der Straßenlaterne, dann fiel ihm auf dem Polster neben ihrer Hand eine kleine Pistole auf. Sie machte einen erschöpften Eindruck.
    »Was ich Ihnen jetzt erzähle, bleibt unter uns. In Ordnung? «
    Erika Schwartz zuckte die Achseln.
    »Vor ein paar Wochen gab es einen Alarm in der Abteilung. Wir hatten Grund zu der Befürchtung, dass wir einen Doppelagenten in unseren Reihen haben.«
    »Einen Doppelagenten?«, fragte sie. »Von wem?«
    »Von den Chinesen.«
    Sie blieb stumm.
    »Wir sind den Hinweisen nachgegangen, aber sie haben nichts ergeben. Oder doch. Sie haben bewiesen, dass dieser Doppelagent nicht existiert.«
    Schwartz wartete geduldig.
    »Jetzt sieht es allerdings so aus, als wären wir doppelt reingelegt worden. Inzwischen glauben wir, dass wir doch einen Maulwurf haben.«
    Schwartz blieb ungerührt. »Wir? Ich dachte, Sie haben die CIA verlassen?«
    »Nur eine

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