Last Exit
Besprechung. In Raum S.«
»Ach so. Die Amerikaner.«
»Ja.« Franz wandte sich wieder seinem Monitor zu, aber Oskar rührte sich nicht vom Fleck. Schließlich sah Franz wieder auf. »Noch was?«
»Könntest du ihn aus der Besprechung holen?«
Franz lachte auf eine Weise, die darauf schließen ließ, dass Lachen etwas Ungewohntes, nicht besonders Angenehmes für ihn war. »Das soll wohl ein Witz sein!«
»Es hat was mit den Amerikanern zu tun.«
»Das kannst du ihm doch sagen, wenn sie gegangen sind.«
Oskar schüttelte den Kopf. »Dann bringt es vielleicht nichts mehr.«
»Du bist wirklich ein Rätsel, Oskar.«
»Also?«
»Mach es selbst. Für so eine Unterbrechung werde ich nicht die Verantwortung übernehmen.«
Oskar zog sich zurück und passierte im Korridor die jungen, hübschen Sekretärinnen, die er trotz seiner Liebe zu der Schwedin Rebecka im Pausenraum immer in ein Gespräch verwickelte. Jetzt bedachte er alle mit einem Lächeln, das nur wenige erwiderten. Sie wussten, dass er hier im ersten Stock nichts verloren hatte. Vorn bemerkte er den alten Jan, der sich gerade mit einem Tablett voller Tassen in den Raum S schob. Schnell lief er hin und erwischte die Tür noch, bevor sie zufiel.
Drinnen lachten Männer. Er registrierte ihre Gesichter, die ein breites Spektrum Amerikas repräsentierten. Ein Akademiker mit Brille, zwei massige Footballgestalten, ein Angehöriger der Wirtschaftselite, sogar zwei
Schwarze und ein Asiate – vermutlich ein Japaner. Sieben insgesamt. Dazu Theodor Wertmüller am Kopf der Tafel, dessen geröteter Kopf zu einem Witz wackelte, und neben ihm Birgit Deutsch in einem knielangen Rock und Stöckelschuhen, die sich in der Aufmerksamkeit der Männer im Zimmer sonnte.
Während Jan leise leere Tassen durch volle ersetzte, spähte Oskar durch den Spalt in der Tür, bis er endlich Birgits Blick auffing. Ihre Freude verflog, verdrängt durch … war das Verlegenheit? Dann hatte sie sich wieder im Griff und bedachte Oskar mit einem kurzen, entschiedenen Kopfschütteln. Aber er ließ sich nicht abwimmeln. Er deutete auf Wertmüller und wartete.
Schließlich beugte sie sich vor und flüsterte Wertmüller etwas ins Ohr. Er drehte sich nach Oskar um. Lächelnd wandte er sich an die Anwesenden. »Einen kleinen Augenblick, Gentlemen.« Er stand auf.
Als er hinaus in den Korridor trat, verriet seine Haltung keinen Ärger, nur Herablassung. »Oskar! Sie haben sich nicht gerade den besten Zeitpunkt für einen Plausch ausgesucht.«
»Tut mir leid, aber die Sache kann nicht warten.«
»Nicht einmal eine halbe Stunde?«
»Sie kann nicht warten, bis die Amerikaner weg sind.«
Zwei Sekretärinnen schlenderten vorbei, und Oskar machte ein paar Schritte auf das jalousieverhängte Fenster zu.
Wertmüller folgte ihm. »Worum handelt es sich?«
»Hören Sie, mir ist nicht ganz wohl, wenn ich damit zu Ihnen komme, aber ich habe keine andere Wahl. Loyalität geht nur bis zu einem bestimmten Punkt, dann muss man dem eigenen Gewissen folgen.«
Wertmüller fixierte ihn scharf. »Worauf wollen Sie hinaus, Oskar?«
»Es ist wegen Frau Schwartz. Sie hat eigenmächtig gehandelt. In einer Sache, von der Sie wissen sollten, vor allem wenn Sie offen mit den Amerikanern reden möchten.«
»Bitte, Oskar. Die Zeit ist kostbar.«
Er holte tief und übertrieben Luft. »Letzte Woche, am Freitag, hat sie sich mit Milo Weaver getroffen.«
»Mit Weaver – warum?«
»Sie haben sich verbündet. Ich hab keine Ahnung, was sich Erika davon verspricht – sie will es mir nicht sagen, aber ich weiß, dass sie Weaver dabei hilft, einen Maulwurf bei der CIA aufzuspüren.«
Wertmüller überlegte kurz, brachte aber letztlich nur ein Wort hervor. »Maulwurf?«
»Ein chinesischer Maulwurf. Als ich sie fragte, was das mit uns zu tun hat, hat sie gemeint, dass alles, was wir zu den Amerikanern sagen, in Peking landet, solange der Maulwurf nicht zur Strecke gebracht ist. Da hab ich Erika darauf aufmerksam gemacht, dass wir Sie informieren müssen. Weil Sie sonst nicht wissen, was Sie lieber verschweigen sollten.«
»Und was hat sie darauf geantwortet?« Wertmüller fuhr sich mit einem Finger übers Kinn.
»Dass Sie sich querlegen werden. Aus reinem Trotz. Dass Sie nicht zulassen werden, dass sie mit den Leuten redet.«
»Mit welchen Leuten?«
»Mit den Leuten in Raum S. Sie wartet unten beim Parkplatz auf sie.«
Wertmüller rieb sich mit den Knöcheln der rechten Hand über die Augen. »Verstehe ich das
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