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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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und das Summen von Reifen auf Asphalt. Hinter dem Fahrer rollten farbige Flugzeuglichter endlos in die Schwärze der Nacht.
    Über Drummonds Gesicht zog ein seltsames Grinsen. »Als ich mitbekommen habe, wen Sie besuchen, habe ich die Überwacher zurückgezogen. Ich bin kein Unmensch. Wenn sich ein Mitarbeiter einen Tag freinimmt, um seine Frau zu sehen, hab ich nichts dagegen. Sie hatten ihre Arbeit erledigt und den nächsten Auftrag noch nicht erhalten. Ich war natürlich wütend, weil Sie es hinter meinem Rücken getan haben, aber die Leute vom Außendienst sind nun mal paranoid. Damit muss man leben. Nein, das Treffen mit Ihrer Frau ist kein Problem. Das hier – « Er nahm eine graue Mappe vom Schoß. » Das ist das Problem. Adriana Stanescu.«
    »Ach.«

    »Mit wem haben Sie zusammengearbeitet? Wer hat die Kleine festgehalten?«
    Milos Blick glitt zu seinem rechten Bewacher, der einen militärischen Bürstenhaarschnitt und eine breite, glattrasierte Kinnpartie hatte. Weder er noch sein Pendant auf der linken Seite trugen Waffen, wodurch das Ganze irgendwie weniger tragisch erschien. Die Türen waren unverriegelt. Obwohl er nicht vorhatte abzuhauen, stellte er sich vor, wo und in welcher Reihenfolge er Treffer landen musste, um zu entkommen – und in welche Richtung er danach laufen musste. Doch diese Geometrie der Flucht war nur ein Gedankenspiel, um sich von der Frage abzulenken.
    »Ich höre.«
    »Ein paar Typen. Von der Bührle-Sache.«
    »Namen?«
    »Ist doch nicht wichtig.«
    »Für mich schon.«
    Also nannte ihm Milo zwei Namen – den Deutschen Stefan und den Italiener Giuseppe – und wechselte das Thema. »Wo haben Sie sie gefunden?«
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Ich hatte keine Zeit, um ein Versteck zu finden, also hab ich es den beiden überlassen. Wo also?«
    »Frankreich. In den Bergen.«
    »Welchen?«
    »Spielt keine Rolle.«
    Für mich schon. Milo sparte sich die Erwiderung, denn Drummond hatte recht. Auf die Einzelheiten kam es nicht an. Er hätte wissen müssen, dass Jewgeni Primakow keine Lust hatte, lange den Aufpasser für einen Teenager zu spielen. Er hatte das Mädchen laufenlassen, und Milo durfte jetzt die Suppe auslöffeln. Vielleicht war er zu dem
Schluss gelangt, dass Milos gelegentliche Informationen die Mühe nicht wert waren – Sohn hin oder her.
    Wieder erfüllte Milo die fundamentale Frage: Wie bin ich hier gelandet? Selbst in seinem Gewerbe war es merkwürdig, vom eigenen Vater verraten zu werden.
    Er spielte mit dem Gedanken, den Namen des Alten zu nennen. Es wäre das Ende seiner Verpflichtungen und würde ihm die Arbeit sehr erleichtern. Oder sollte er gleich ganz auspacken: Jewgeni Primakow, mein Vater, leitet eine Schattenorganisation innerhalb der Vereinten Nationen. Damit konnte er Jewgeni gründlich die Laune verderben.
    Aber diesen Grad an Rachsucht hatte Milo noch nicht erreicht. Nicht ganz. Außerdem war er nicht bereit, als Tripelagent Jewgenis Geheimnisse auszuplaudern, und das war das mindeste, was Drummond verlangen würde.
    »Bringen Sie sie zurück?«, fragte Milo.
    »Was?«
    »Adriana. Ich hab die Probe nicht bestanden, aber es gibt keinen Grund, dass das Mädchen dafür bezahlen muss. Setzen Sie sie in Berlin ab und lassen Sie das Ganze auf sich beruhen.«
    Sie waren ans Ende der Rollbahn gelangt, weit hinter den letzten Flughafengebäuden, und der Wagen wendete in einem großen Bogen, um zurückzufahren. Drummonds Grinsen war zurückgekehrt, und er wandte sich an den Anzugträger am Steuer. »Haben Sie das gehört?«
    Der Mann wiegte den Kopf.
    Drummond wandte sich wieder an Milo. »Probe? Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Es reicht, Alan. Es gab keinen Grund, das Mädchen zu töten, außer Ihr fehlendes Vertrauen zu einem bestimmten Touristen. Sie wollten einen letzten Test, bevor Sie ihm wichtige Aufträge erteilen.«

    »Ha ha .« Drummond spuckte das künstliche Lachen so heftig aus, dass er sich Speichel von den Lippen wischen musste. »Meine Güte, was hat der Mann für ein Ego! Glauben Sie, ich lasse einen Teenager umbringen, bloß um rauszufinden, ob Sie loyal sind? Glauben Sie das wirklich?«
    Milo starrte ihn nur an.
    »Mein Gott, Weaver.« Er war tatsächlich so aufgeregt, dass ihm aus Versehen der echte Name entschlüpfte. »Die ganze Welt dreht sich nur um Sie, oder?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich wusste natürlich, dass es Ihnen schwerfallen wird, aber wir wollten Adrianas Tod aus guten Gründen.«
    »Und zwar?«
    Drummond musterte ihn

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