Last Lecture - die Lehren meines Lebens
Allerheiligstes gewährte.
Jetzt hatte ich nur noch ein Problem, nämlich meine Chefs zu überzeugen, mir aus einem derart abgefahrenen Grund tatsächlich ein Sabbatjahr zu gewähren.
Jede Disney-Geschichte braucht ihren Schurken: In dieser Geschichte übernahm ein Dekan der University of Virginia diese Rolle. »Dean Wormer« (wie Jai ihn als Hommage an den Film Animal House nannte) sorgte sich, dass Disney das gesamte »geistige Eigentum« aus meinem Kopf heraussaugen würde, das rechtmäßig der Universität gehörte.
Also sprach er sich dagegen aus. Ich fragte ihn: »Halten Sie das Ganze denn überhaupt für eine gute Idee?« Er antwortete: »Ich habe keine Ahnung, ob das eine gute Idee ist.« Dieser Dekan war der lebende Beweis, dass die unüberwindlichsten Mauern manchmal aus Fleisch und Blut sind.
Da ich mit ihm also nicht weiterkam, ging ich mit meinem Anliegen zum Dekan, der für fremdfinanzierte Forschung zuständig war, und fragte ihn: »Halten Sie es für eine gute Idee, dass ich das mache?« Er antwortete: »Ich habe nicht genug Informationen, um das wissen zu können. Aber ich weiß, dass einer der Stars meiner Fakultät in meinem Büro sitzt und wirklich aufgeregt ist. Also erzählen Sie mehr.«
Meine Schwester und ich auf der Alice-Bahn. Ich hatte die ganze Zeit nur einen Gedanken: So was Tolles will ich auch mal machen
An diesem Beispiel könnten Manager und Verwalter etwas lernen. Beide Dekane sagten das Gleiche, nämlich, dass sie nicht wüssten, ob dieses Sabbatjahr eine gute Idee sei. Doch wie unterschiedlich sie es sagten!
Das Ganze endete damit, dass ich mein Sabbatjahr bekam. Ein Traum wurde wahr. Und ich muss etwas beichten: Ich bin ein echter Freak. Kaum war ich in Kalifornien angekommen, sprang ich in mein Cabrio und fuhr zum Hauptquartier von Imagineering rüber. Es war ein heißer Sommerabend, aus meiner Stereoanlage dröhnte der Soundtrack von Disneys König der Löwen , und mir liefen allen Ernstes die Tränen herunter, als ich an dem Gebäude vorbeifuhr. Hier war ich, die Erwachsenenversion des ungläubig staunenden Achtjährigen in Disneyland. Ich war endlich angekommen. Ich war ein Imagineur.
III
ABENTEUER… UND LEKTIONEN
12
Der Park ist bis zwanzig Uhr geöffnet
Meine medizinische Odyssee begann im Sommer des Jahres 2006. Ich empfand einen leichten, unerklärlichen Schmerz in der oberen Bauchgegend. Kurz darauf bekam ich Gelbsucht, und die Ärzte vermuteten eine Hepatitis. Aber das stellte sich als Wunschdenken heraus. Die Computertomografie enthüllte Bauchspeicheldrüsenkrebs, und ich brauchte nur zehn Sekunden zu googeln, um herauszufinden, wie schlecht diese Nachricht war. Pankreaskrebs hat die höchste Mortalitätsrate unter sämtlichen Krebsarten. Die Hälfte aller Menschen, bei denen er diagnostiziert wird, stirbt binnen eines halben Jahres, von den übrigen sterben sechsundneunzig Prozent innerhalb von fünf Jahren.
Ich ging meine Behandlung so an wie das meiste in meinem Leben: wissenschaftlich. Auf der Suche nach handfesten Daten begann ich eine Menge Fragen zu stellen und Hypothesen mit meinen Ärzten durchzusprechen. Ich nahm unsere Gespräche auf Band auf, damit ich mir ihre Erläuterungen zu Hause noch einmal in aller Ruhe anhören konnte. Ich fand schwer verständliche Artikel in Fachzeitschriften und nahm sie zu meinen Terminen mit. Die Ärzte schien das nicht aus der Fassung zu bringen, im Gegenteil: Die meisten hielten mich für einen unterhaltsamen
Patienten, weil ich mich in alles einmischte. (Es schien ihnen nicht einmal etwas auszumachen, dass ich mir Beistand mitbrachte - meine Freundin und Kollegin Jessica Hodgins begleitete mich zu den Terminen, um mich zu unterstützen und mir mit ihrem brillanten Forschergeist das Navigieren durch den Wust an medizinischen Informationen zu erleichtern.)
Ich erklärte den Ärzten, dass ich bereit sei, alles zu ertragen, was sie in ihrem chirurgischen Arsenal bereithielten, und wirklich alles aus ihren Medizinschränken zu schlucken, weil ich nur ein Ziel hatte, nämlich so lange wie möglich für Jai und die Kinder am Leben zu bleiben. Bei meiner ersten Begegnung mit dem Pittsburgher Chirurgen Herb Zeh sagte ich: »Lassen Sie uns eines klarstellen: Mein Ziel ist es, in zehn Jahren am Leben und in Ihrer Werbebroschüre abgebildet zu sein.«
Wie es sich begab, sollte ich zu den wenigen Patienten gehören, die von der sogenannten Whipple-Operation profitieren konnten, benannt nach dem Mediziner, der dieses
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