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Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Titel: Last Lecture - die Lehren meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Pausch
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liefen wir zu dem Laden zurück - und schwindelten nicht. Wir erklärten genau, was passiert war. Die Verkäuferinnen hörten unserer traurigen Geschichte zu, lächelten uns an - und erklärten uns, dass wir ein neues Salz-und-Pfeffer-Set bekämen. Nicht nur das, sie sagten sogar, das Ganze sei ihre Schuld, weil sie unser Geschenk nicht gut genug eingewickelt hätten! Sie vermittelten uns also die Botschaft: »Wir hätten es so verpacken müssen, dass es einen Sturz überlebt, der durch die Aufregung eines Zwölfjährigen verursacht wird.«
    Ich war perplex. Nicht nur aus Dankbarkeit, sondern aus Ungläubigkeit. Meiner Schwester und mir war schwindlig, als wir den Laden verließen.
    Als meine Eltern von dem Vorfall erfuhren, steigerte es ihre Wertschätzung für Disney World noch. Und diese kundenfreundliche Entscheidung für den Ersatz eines Salz-und-Pfeffer-Streuers
im Wert von zehn Dollar sollte Disney am Ende über hunderttausend Dollar einbringen.
    Lasst mich das erklären.
    Jahre später, als ich Berater bei Disney Imagineering war, unterhielt ich mich manchmal mit leitenden Disney-Angestellten, die ziemlich hoch oben in der Kommandokette angesiedelt waren. Wann immer es ging, erzählte ich dabei meine Geschichte vom Salz-und-Pfeffer-Streuer - welches wunderbare Gefühl die Leute in diesem Souvenirladen meiner Schwester und mir beschert hatten und dass meine Eltern ganz Disney World seither aus einem anderen Blickwinkel wertschätzten.
    Denn tatsächlich hatten meine Eltern Besuche in Disney World daraufhin zu einem integralen Bestandteil ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten gemacht. Sie hatten einen Bus mit zweiundzwanzig Plätzen gekauft und pflegten mit den Einwandererkindern, denen sie Englisch beibrachten, von Maryland dorthin zu fahren. Über zwanzig Jahre lang kaufte mein Vater jeweils Dutzenden von Kindern Eintrittskarten für Disney World. Auf den meisten dieser Fahrten durfte ich mitkommen.
    Alles in allem gab meine Familie seit jenem Tag über hunderttausend Dollar für Tickets, Essen und Souvenirs für uns und andere Kinder in Disney World aus.
    Wenn ich diese Geschichte heute in den oberen Disney-Etagen erzähle, schließe ich immer die Frage an: »Wie sieht es heute mit Ihrer Hauspolitik aus, was geschähe, wenn ich ein Kind in einen Ihrer Läden mit einem zerbrochenen Salz-und-Pfeffer-Streuer schicken würde? Würden Sie Ihren Mitarbeitern die Freundlichkeit gestatten, ihn zu ersetzen?«
    Bei dieser Frage winden sich die Executives. Sie kennen die Antwort: »Wahrscheinlich nicht.«

    Aber das liegt nur daran, dass sie keine Möglichkeit in ihrem Buchhaltungssystem haben, festzustellen, dass ein Souvenir im Wert von zehn Dollar dem Unternehmen in Wahrheit hunderttausend Dollar einbringen kann. Deshalb steht zu befürchten, dass heutzutage kein Kind mehr solches Glück haben und man es mit leeren Händen wegschicken würde.
    Was will ich damit sagen? Es gibt mehr als nur eine Möglichkeit, Gewinn und Verlust zu bemessen. Jedes Unternehmen kann und sollte auf jeder Geschäftsebene Herz zeigen.
    Meine Mutter besitzt den Hunderttausend-Dollar-Salz-und-Pfeffer-Streuer noch heute. Der Tag, an dem die Leute in Disney World ihn ersetzt hatten, war ein großartiger Tag für uns gewesen - und kein schlechter für Disney.

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    Sei dir für keinen Job zu schade
    Dass heutzutage unter jungen Leuten eine wachsende Anspruchshaltung um sich greift, ist ausgiebig dokumentiert. Ich habe es jedenfalls zur Genüge in meinen Seminarräumen erlebt.
    So viele Abschlussstudenten hegten die Vorstellung, dass sie angesichts ihrer Brillanz und Kreativität schlicht jeder einstellen würde, und die wenigsten wollen sich mit der Idee anfreunden, dass sie erst einmal ganz unten anfangen müssen.
    Mein Rat lautete immer: »Du solltest begeistert sein, wenn man dir einen Job in der Poststelle anbietet. Und
wenn du dort anfängst, dann denke daran: Sei ein grandioser Postsortierer!«
    Niemand will jemanden sagen hören: »Ich bin nicht gut beim Postsortieren, weil dieser Job unter meiner Würde ist.« Wir sollten uns für keinen Job zu schade sein. Außerdem, wenn du keine Post sortieren kannst (oder magst), woran sehe ich dann, dass du überhaupt etwas kannst?
    Wenn unsere ETC-Studenten von Unternehmen als Praktikanten oder Berufsanfänger eingestellt wurden, baten wir die Firmen oft, uns ein Feedback zu geben, wie sie sich dort machten. Die Chefs hatten fast nie etwas Negatives über ihre Fähigkeiten oder technischen

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