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Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Titel: Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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Befangenheit und das Bedrücktsein, die sich seiner im Park bemächtigt hatten, ließen ihn nicht in Ruhe. Er fühlte sich nicht eigentlich verfolgt; die Gassen der Altstadt waren schließlich seine Gassen, mit jeder war er von Kindheit an vertraut. Und dennoch spürte er die lauernde Niedertracht. Es quälte ihn, daß ihm nicht klar wurde, wonach er suchen sollte.

VIII
    Es war gegen 19 Uhr 15, am Abend darauf. Laubmann fühlte sich entschieden wohler als gestern und hatte sich eine kleine Strategie ausgedacht. Das Erscheinen Hüttenbergers war für 19 Uhr 15 angesagt, mit Cousine Irene aber hatte er sich für 19 Uhr 30 verabredet. Das Treffen sollte hier in seiner Wohnung, also auf seinem Terrain stattfinden, hatte er doch vor, den bei einigen Studenten fast als militant verrufenen Hüttenberger auszuhorchen. Josef Maria schien ja alles andere als unverdächtig zu sein. Seine Cousine wollte Laubmann nie so gern allein bei sich haben. Sie inspizierte nur jedesmal mit wuseligem Getue seine Kleiderschränke und die übrige Wohnung. Für ihn eine zu unübersichtliche Angelegenheit, und deshalb der Plan, sie erst kurz nach Hüttenberger antreten zu lassen. Denn nur seinetwegen hatte Laubmann sie dieses Mal zu einem seiner in Universitätskreisen bekannten, wenn auch oft mit recht glaubwürdigen Absagen bedachten Essen eingeladen. Er bereitete die Speisen zwar richtig zu, aber ihre Auswahl traf höchstens zufällig den Geschmack der Gäste. Und man wollte ihn nicht entmutigen.
    Irene Laubmann sollte den Theologen Hüttenberger weichlich stimmen. Philipp Laubmann rechnete sich aus, daß eine unvoreingenommene Frau auf Josef Maria Hüttenberger beruhigend wirken konnte, ja daß sie seine zu erwartende Verlegenheit auszugleichen verstand.
    Ein unzufriedenes Gewissen beschlich den promovierten Moraltheologen Laubmann schon dabei, weil er sich nun selbst so hinterlistig berechnend vorkam, wie er es seinen Gegnern gelegentlich unterstellte. Tatsächlich wollte er nur eine gute Tat vollbringen, dem angegriffenen Professor erneut zur Seite stehen. Es war zu spät für Zweifel; Hüttenberger klingelte bereits. ‹Ärgerlich›, dachte sich Philipp, während er öffnete, ‹ausgerechnet jetzt hab ich moralische Bedenken ›. Die Begrüßung nahm deshalb einen ungewöhnlich freundlichen Verlauf.
    Josef Maria reagierte meist linkisch und mit schleichendem Mißtrauen, weil er immerzu davon ausgehen mußte, auf alle möglichen Arten angegriffen zu werden. Als würde er's herausfordern. Er war um einiges größer als Laubmann und, obwohl erst Anfang 30, schon faltig im Gesicht, das im entspannten Zustand in ein ungewolltes Grinsen verfiel. Auf den heutigen Abend freilich hatte er sich, das spürte man, ehrlich gefreut. Martyriumsaspiranten wie er werden schließlich nicht alle Tage zum Abendessen im kleinen Kreis eingeladen. So war die höfliche Zurückhaltung der ersten Minuten zwischen ihnen bald überwunden, zeigte sich Josef Maria Hüttenberger doch recht interessiert an der Wohnung, am Essen und gar an der verwunschenen Hintertreppe des Hauses. Laubmanns Gewissen rebellierte noch heftiger ob des Plans, der ihm vorschwebte. Und weil Hüttenberger besonders freudig dreinblickte, als Philipp ihm das Kommen seiner Cousine ankündigte, tat er ihm fast leid.
    Es war wiederum zu spät; Irene Laubmann klingelte schon und wollte nicht lange vor der Tür stehen. Sie war entzückt, einen «Kollegen» ihres Cousins kennenlernen zu dürfen, und hakte sich bei Hüttenberger sofort, ehe sich dieser verschämt abwenden konnte, unter, um ihm die Wohnung zu zeigen – Dr. Laubmanns Wohnung. Der blieb in der Küche – «er ist jetzt beschäftigt» – und fluchte vor sich hin. «Wissen Sie, Irene» – sie hatte ihm angeboten, sie mit «Irene» anzusprechen –, «daß Ihr Vorname im Altgriechischen ‹Friede› bedeutet und darüber hinaus auch ‹Ruhe› und ‹Glück›? ‹ Eirene ›, die ‹Friedensgöttin› der griechischen Götterfamilie. Gottlob, daß es sehr frühzeitig schon heilige weibliche Christen mit dem Namen ‹ Irene › gab; Sie würden sonst einen heidnischen Vornamen tragen», sprach Josef Maria Hüttenberger mit zunehmend prophetischem Tonfall zu Dr. Laubmanns Cousine.
    Irene Laubmann wußte nicht so recht, ob sie sich nun geschmeichelt fühlen sollte, ahnte sie freilich nicht, daß der unerfahrene Hüttenberger zu mehr Komplimenten kaum fähig war. Solche Ausführungen waren ihr jedoch von Philipp hinlänglich vertraut. Als

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