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Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Titel: Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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belästigt, und der, sich geschmeichelt zu fühlen, und das von beiden Seiten her. Sie konnte daher nicht viel antworten, sondern für den Moment nur eine eher gezwungene Anteilnahme für den Anrufer aufbringen; irgendwie tat ihr dieser Josef Maria Hüttenberger seit ihrem ersten Zusammentreffen bei Philipp leid.
    «Ich bin gerade zu Exerzitien in dem klösterlichen Haus ‹Zu den Schmerzen Mariens › – kennen Sie das?» fragte Josef Maria mit sanfter Stimme.
    Irene verneinte. Doch ehe Hüttenberger weitersprechen konnte, stellte sie eine Frage, um ihn abzulenken: «Wie geht das eigentlich mit den Exerzitien?»
    «Wir besuchen Meßfeiern, beten, meditieren und tauschen unsere Erfahrungen über den Glauben in der Welt aus und…»
    «Darf man dabei telefonieren?»
    «Nicht aus dem Zimmer. Aber mein Anruf hat ja etwas mit dem Meditieren zu tun.» Er senkte die Stimme: «Ich mußte nämlich an Sie denken.»
    «Und wieso?»
    «Ich war wie in ‹Versenkung›; es rang in mir, in meiner Abgeschiedenheit, in meinem Inneren, als ich beinah so was wie eine Vision von Ihnen hatte. – Ich könnte es vielleicht so beschreiben … Sie waren wie ein ‹ Lichtwesen› …» «Das kann ich mir kaum vorstellen.»
    «… ein ‹Lichtwesen› mit Wärmestrahlung, so sind Sie mir vor meinem geistigen Auge erschienen!»
    «So etwas hat mir noch nie jemand gesagt.» Irene setzte sich auf, schaute ein wenig vorwurfsvoll auf ihren Liebhaber und legte ein Kissen zur Seite. Nun war es ihr selbst zu warm geworden, vor allem durch die neuerlichen, immer heißer werdenden Küsse, mit denen ihr Freund ihren Körper überzog.
    Hüttenberger fuhr fort mit seinem Annäherungsversuch: «Ich muß Ihnen anvertrauen, daß ich diese Wärme schon neulich gespürt habe, als ich Sie das erste Mal treffen durfte, in der Wohnung Ihres Cousins. Das konnte ich Ihnen damals natürlich nicht gestehen, zumal ich da ein wenig überstürzt aufbrechen mußte.»
    «Bei dem Essen?»
    «Wir könnten uns ja einmal woanders zum Essen treffen, damit wir uns wiedersehen können.»
    Nun war es aber genug. Außerdem zeigten die Küsse Wirkung. Und für diesen Josef Maria Hüttenberger empfand sie so wenig tiefere Zuneigung, daß sie es geradezu als ihre Pflicht erachtete, ihm einen entschiedenen Korb zu geben. Und das, obwohl sie einsah, daß er ein isolierter Mensch sein mußte, sich vielleicht auch verstoßen fühlte, besonders wenn er von einer Frau zurückgewiesen wurde. «Ich habe eine entbehrungsreiche Zeit hinter mir», probierte es Hüttenberger erneut, um Irene für sich zu gewinnen. «Nicht bloß bei den Exerzitien hier im Haus, sondern schon davor, bei einer schmerzlichen Fußwallfahrt hierher.» «Es mag Menschen geben, die das bewundern; mich bewegt das nicht so sehr.»
    «Ich hatte Schmerzen!» beschwerte sich Josef Maria. «Von mir können Sie aber bitte keinen Trost erwarten. Ich bin nicht Ihre Freundin – das muß ich Ihnen leider so deutlich sagen.» Der Mann an ihrer Seite ballte bestätigend und aufmunternd zugleich die Faust gegen den Telefonhörer. «Dann haben wir uns wohl überhaupt nichts mehr zu sagen?» Hüttenberger klang enttäuscht. «Nein.»
    Und nach einem Moment der Stille: «Sie sind genauso uneinsichtig wie Ihr Cousin.» Es knackte leise im Hörer. Irene fühlte sich bei weitem nicht heldenhaft; doch bevor sie sich erneut ihrem Liebhaber widmete und ihm die Hintergründe erklärte, wählte sie rasch Philipps Nummer. «Das muß ich gleich meinem Cousin berichten», meinte sie so bestimmend, daß der Freund sofort von ihr abließ. Familienangelegenheiten gingen vor.
    Als Laubmann sich meldete, kündigte sie ihm eine «wahnsinnig interessante» Neuigkeit an.
    «Betrifft es unsere Familie?» Cousin Philipp erwartete nicht unbedingt etwas zu hören, was mit seinem Fall zu tun hatte.
«Herr Hüttenberger hat mich angerufen.»
    Eine kurze Pause trat ein.
    «Von wo?» Jetzt wollte Laubmann unverzüglich das Wesentliche erfahren.
    «Aus dem Kloster ‹ Zur schmerzenden Maria› oder so ähnlich. Er macht dort irgendwelche ‹visionären Exerzitien ›.» «‹Zu den Schmerzen Mariens›. Das ist ein Exerzitienhaus. Und was hat er von dir gewollt?»
    «Ich glaube, er wollt mich in seine religiösen Affären mit hineinziehen, aber dazu bin ich viel zu aufgeklärt. Du kennst mich doch.»
    So gut anscheinend auch wieder nicht. Daher war Philipp Laubmann freudig erstaunt über seine Cousine und die souveräne Art, mit der sie Hüttenberger ausgefragt

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