Laubmann 2 - Bärenzwinger
ein Schlüssel gesteckt hat. Zum anderen, daß der schwere Kerzenständer aus Messing, der mir die Tatwaffe zu sein scheint, neben der Leiche lag, wohingegen die Osterkerze, die ansonsten auf dem Kerzenständer befestigt ist, sorgfältig an die Zimmerwand gelehnt war, etwa an dem ursprünglichen Standort des Messingständers. Meines Erachtens nach sollte die Lage des Kerzenständers eine Tat im Affekt vortäuschen, wenngleich die abgestellte Kerze eher auf eine kalkulierte Tat hinweist.»
«Laut Pathologe und Spurensicherung können wir davon ausgehen, daß Alfonso Forster mit dem Messingständer erschlagen wurde.» Glaser verglich erneut die bereits schriftlich festgehaltenen Erkenntnisse mit den Aussagen Laubmanns. «Der endgültige gerichtsmedizinische Befund dürfte wohl kaum davon abweichen. – Und um an Ihre erste Bemerkung anzuknüpfen, der Originalschlüssel des Besprechungszimmers war trotz intensiver Suche nicht ausfindig zu machen. Er befand sich nicht an der Leiche, nicht im Zimmer und nicht im Korridor. An der Tür ohnehin nicht. Wir haben außerhalb des Gebäudes auch die Umgebung der betreffenden Fenster abgesucht, denn der Täter könnte möglicherweise ein Fenster geöffnet haben, um den Schlüssel hinauszuwerfen und ihn somit loszuwerden, aber ohne positives Resultat. Zudem wurden vor dem Fenster des Besprechungszimmers keinerlei Fußspuren festgestellt.»
Glöcklein mischte sich wiederum ein: «Diese seltsame Überschneidung von Tod und Auferstehung. Ist Ihnen das nicht aufgefallen? Einerseits der Tote und andererseits die geweihte Osterkerze als ein Symbol des Lichts und der Auferstehung von den Toten. – Was meinen Sie, Herr Dr. Laubmann?»
«Sie haben schon recht damit; theologisch ist da was dran. Jedenfalls hoffe ich, daß dem Toten die Auferstehung und das ewige Leben zuteil werden. Ich bezweifle jedoch, daß die Symbolik für unseren Fall von Bedeutung ist. Ich meine, der Messingständer und die Kerze sind hierbei nicht religiös, sondern nur äußerlich zu betrachten, sozusagen im praktischen Sinne, also nach den Maßstäben eines Mörders. Sie wurden in ihrer Bedeutung auf ein Mordwerkzeug reduziert. Immerhin hat der Täter vielleicht so viel religiöses Gespür bewiesen, daß er für die Ausführung der Tat nicht auf die geweihte Kerze, sondern auf den Kerzenständer zurückgegriffen hat.»
«Weil der Kerzenständer schwerer ist», bemerkte Kommissar Glaser ernüchternd. Er war nicht gewillt, sich auf innerkirchliche Debatten einzulassen. «Herr Lürmann, was haben Sie recherchiert?»
Ernst Lürmann mußte seine Gedanken erst sammeln, denn er hatte den Theologen gespannt zugehört. Nicht, daß er den religiösen Vollzügen nahestand, aber sie faszinierten ihn durchaus, da sie ihn an seine Kindheit erinnerten. «Die… des Toten Unterlagen … die Papiere, die wir neben und unter der Leiche gefunden haben, waren das Redemanuskript des Professors, voll mit handschriftlichen Notizen. Dieses Manuskript dürfte er gesucht haben» – Philipp Laubmann nickte bejahend –, «denn seine offiziellen Tagungsunterlagen, das heißt die Unterlagen, die er von der Tagungsleitung erhalten hatte, waren an seinem Platz hier im Konferenzsaal. Wir haben veranlaßt, alle seine Papiere auf Fingerabdrücke untersuchen zu lassen. Das gleiche gilt für die sichergestellten Gegenstände in Professor Forsters Zimmer, etwa die Bücher, sowie für die Schlüssel, also den Schlüssel für Forsters Zimmer und den Schlüssel für die an sein Zimmer angrenzende Flurtür.
Schließlich möchte ich darauf hinweisen, daß es Türen auf der Burg gibt, die automatisch ins Schloß fallen – auf der Burg… ins Schloß.» Lürmann schmunzelte ob seines Sprachwitzes, den außer ihm höchstens Laubmann registrierte. «Das trifft zum Beispiel auf die Tür des Besprechungszimmers zu – das, so hab ich mir sagen lassen, auch ‹Bärenzwinger› genannt wird – oder auf die Tür zwischen dem Konferenzsaal und dem Gang zum Besprechungszimmer.» Er deutete mit der Hand auf die Tür über der Treppe. «Ich habe mit Herrn Merten darüber gesprochen, und er hat mir erläutert, warum die Vorrichtungen angebracht worden sind, nämlich um Heizkosten zu sparen. Wenn der Saal im Winter nicht unmittelbar genutzt wird, wird er nur minimal beheizt, und falls dann die Türen offenstehen, kühlen die kleineren Räume zu schnell aus.»
«Wie sie richtig anmerken, Herr Lürmann, haben wir zwei Bärenzwinger auf der Babenburg.» Prälat
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