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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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Eingestehen kleinerer Versäumnisse schlimmeren Schuldvorwürfen zu entgehen.
    Nachdem Meister gegangen war, begab sich Philipp so gegen elf an den Computer, der ihm viel zu langsam hochfuhr. Sollte das an der späten Uhrzeit liegen? Andererseits war es genau die richtige Zeit, um sich mit Elisabeth in Neuseeland auszutauschen.
    Diesmal wollten sie für ihre Nachrichtenübermittlung den schnelleren Online-Chat nutzen. Elisabeth hatte dies vorgeschlagen. Laubmann war es nur recht; es gestaltete den Kontakt, den er jetzt brauchte, ein wenig direkter. Vielleicht würden sie sich einander näher fühlen als bei den E-Mails.
    Endlich war die Seite geöffnet, und das Programm zeigte Laubmann die einzige im Adreßbuch gespeicherte «Freundin» an. Er begann ihr «Gespräch» mit den Anfangssätzen aus Georg Büchners «Lenz»-Erzählung: «Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen.»
    «Elisabeth tippt eine Nachricht», hieß es gleich darauf. In ihrer Antwort teilte Elisabeth Werner ihm mit, daß sie in ihrem Büro sei und daß sie sich über seine Nachricht freue, sie aber nicht ganz verstehe.
    Laubmann erklärte, daß er immer kurz vor dem 20. Januar an dieses Zitat aus dem «Lenz» denke; und in dieser Nacht besonders, weil er sich so verlassen wähne wie der beschriebene Dichter Lenz. Vor allem einer der nächsten Sätze habe es ihm angetan: «Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte.»
    «Elisabeth tippt eine Nachricht.» Eine ganze Weile kam freilich nichts. Schrieb sie so viel? Oder machte sie sich seinetwegen Sorgen? Doch dann erschien als Antwort nur ein Smiley, ein lächelndes Gesicht. Das paßte sehr gut und munterte ihn auf. Sie verstand ihn eben.
    Bald darauf folgte ein längerer Text. Hierin führte Elisabeth an, daß Neuseeland eine ganze Reihe bekannter Autorinnen zu bieten habe. «Katherine Mansfield zum Beispiel müßten Sie kennen», begann sie mit einer Aufzählung verschiedenster Namen. Diese sei 1888 in Wellington geboren worden und habe später in London studiert. Ihre Erzählungen seien in die Weltliteratur eingegangen. Zudem sei Janet Frame zu erwähnen, und bestimmt sei für ihn, «Philipp», die neuseeländische Krimi-Autorin Ngaio Marsh von Interesse.
    Laubmanns Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen. Denn er selbst verspürte, im Gegensatz zu Lenz, durchaus Müdigkeit, sogar Erschöpfung und Fieber, die Erkältung also, die sich verstärken wollte. Er berichtete Elisabeth auch gleich von seinem kränklichen Zustand und erzählte ihr manches von den Ermittlungen und den Begegnungen mit den Verdächtigen, ohne freilich Namen zu nennen. Von Gisela Merten schrieb er allerdings kein Wort und tat so, als sei Elisabeth die einzige weibliche Kontaktperson, der er sich unvoreingenommen anvertrauen könne. Gisela hatte ihn ja enttäuscht.
    «Sie Armer. Ich mach uns gleich einen Kamillentee», hieß es nach einiger Zeit äußerst anteilnehmend aus dem Internet.
    ***
    Sophia Merten war überwiegend unheimlich zumute, wenngleich auch ein wenig romantisch. Ängstlich näherte sie sich weit nach zehn Uhr abends der Hoffmannsklause, wo sich E.T. A. Hoffmann auf der Babenburg seinerseits romantischen Träumereien hingegeben haben soll. Sophia hatte am Morgen in ihrer Küche einen Brief vorgefunden, in dem sie zu diesem abendlichen Rendezvous gebeten worden war. ‹Eigentlich solltest du auf anonyme Einladungen nicht eingehen›, hatte sie sich ermahnt. Doch dann trieb sie der Reiz des Abenteuers. Ein Verehrer ihrer Schönheit sei er, hatte der Briefschreiber behauptet.
    Die Hoffmannsklause auf der Burgmauer lag in nächtlicher Stille. Der fahle Laternenschein drang kaum durch den Nebel bis dorthin. Die Kapellenglocke schlug halb. Genau halb elf, der Zeitpunkt, zu dem Sophia sozusagen verabredet war. Und der Glockenschlag hing noch in der Luft, als sich ein Schatten von der Mauer des Palas löste. Sie hatte so gar keine Ahnung, wer das war.
    Sogleich gab sich der aus Regensburg stammende Pädagogikprofessor Heribert Bach zu erkennen, noch bevor sie ihn erkannt hatte. Er warf eine angefangene Zigarette auf den Boden und schritt erwartungsvoll auf sie zu.
    «Liebe Frau Merten, liebe Sophia, ich verehre Sie!» brach es ohne große Vorrede aus ihm heraus, denn schließlich war sie zum Rendezvous erschienen. Seine Augen fixierten die

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