Laubmann 2 - Bärenzwinger
Hörfunk oder das regionale Fernsehen. Aber was konnte man schon mit Bestimmtheit sagen?
Noch gar nichts, hatte Albert Glöcklein gemeint. Er befürchte sogar, daß ein Informieren der Öffentlichkeit mit der Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei kollidieren würde. Er hatte daher die Empfehlung ausgesprochen, bei Medienanfragen auf die Pressestelle der Polizeidirektion zu verweisen. Sein Rat war einstimmig angenommen worden.
Nur einer solle, abgesehen von den Kriminalbeamten, ausnahmsweise Unterstützung erfahren, nämlich Dr. Philipp Laubmann. Die Irritation, die sich postwendend unter den hochrangigen Angestellten der Kirchenbehörde verbreitet hatte, war von Prälat Glöcklein mit der überzeugenden Begründung zerstreut worden, daß der keineswegs unumstrittene Moraltheologe dieses eine Mal mithelfen könne, den Ansehensverlust für die Priesterschaft und die Kirche zu minimieren.
Theresia Schmitthans-Jungbauer, die Leiterin des kirchlichen Liegenschaftsamtes, war also gar nicht verblüfft, als Philipp Laubmann am frühen Donnerstagnachmittag bei ihr vorsprach, um sich nach historischen Plänen der Babenburg zu erkundigen. Mit ihren unübersehbaren Ohrringen an silbergefaßten Edelsteinimitaten und ihrem kurzen, von Natur aus stark gelockten Haar setzte sie ganz eigene Akzente innerhalb der klerikal-strengen Sphäre, die angesichts der nüchternen Akten- und Kartenschränke, der Computer und des sterilen Lichts fast spartanisch wirkte. Daran änderten auch die Rokokotüren und der Deckenstuck nicht viel.
Theresia Schmitthans-Jungbauer mochte so um die 50 sein. Doch ihr wahres Alter behielt sie für sich. In weiser Voraussicht hatte sie schon mal die wichtigsten Baupläne der Burg bereitgelegt, denn sie kannte des Moraltheologen Beredsamkeit und Hartnäckigkeit nur zu gut von einem nicht allzufernen Kriminalfall her, in den er verwickelt gewesen war.
Laubmann hatte in den letzten Tagen bereits ein paarmal mit der Idee geliebäugelt, sich um genauere Burgpläne zu bemühen, da ihn die Skizze aus den Tagungsunterlagen nicht zufriedenstellte. Dazu war die Burg zu verwirrend gebaut und verfügte über zu viele eigentümliche Hinterlassenschaften aus jedem ihrer Jahrhunderte. Als kirchliche Immobilie, das war ihm klar, fiel sie unter die Zuständigkeit des diözesanen Liegenschaftsamtes. Der Tip der Intendantin war für Laubmann nur mehr das auslösende Moment.
«Ich habe hier einige für die Baugeschichte repräsentative Pläne zur Einsichtnahme.» Theresia SchmitthansJungbauer zog die oberste der breiten, flachen Schubladen des hinter ihrem Schreibtisch stehenden Kartenschranks auf, der aus grau lackiertem Metall gefertigt und etwas höher als eine Kommode war. «Wenn Sie einen Blick darauf werfen möchten?»
Das tat Laubmann nur zu gern. Er folgte ihrer Aufforderung und ging um den Schreibtisch herum. «Mein Augenmerk richtet sich vor allem auf Pläne so ab dem späten 19. Jahrhundert.»
«Sie haben Glück. Ich kann Ihnen einen sehr detaillierten Plan von 1905 zeigen.» Sie holte unter älteren Plänen zwei größere vergilbte Blätter hervor, die in mehreren kolorierten Zeichnungen eine umfassende Übersicht boten sowie die verschiedenen Stockwerke des Palas und wichtiger Nebengebäude wiedergaben.
Laubmann war sehr angetan und vertiefte sich unmittelbar in die Darstellungen der Bauwerke. Es war der Entwurf des Architekten August Friedrich Eschenbacher.
«Ich weiß nicht recht, wonach Sie Ausschau halten.»
«Um offen zu sein, ich weiß es selber noch nicht. Ich bin eher auf der Suche nach einer Inspiration.»
Diese Bemerkung Dr. Laubmanns kam der Leiterin des Liegenschaftsamtes nun doch ein wenig überdreht vor. «Wir verfügen auch über aktuellere Pläne, die etwa vor zwanzig Jahren angefertigt wurden.»
«Die alten und die neuen Pläne zu vergleichen, könnte hilfreich sein.»
Theresia Schmitthans-Jungbauer entnahm der Schublade die untersten Blätter und entfaltete sie auf ihrem Schreibtisch: moderne Architekturzeichnungen mit Prüfungs- respektive Genehmigungsstempeln der städtischen Baubehörde. «Der letzte Burgeigentümer, Theodor Graf von Hohenfranken, hat die Babenburg bereits komplett in ein Tagungshotel umbauen lassen und es kurzzeitig als solches betrieben, bevor es die Erzdiözese vor fünfzehn Jahren erworben hat.»
«Warum hat er verkauft?»
«Soweit ich erfahren habe – aber bitte, das ist nicht verbürgt –, hat er sich dazu aus Altersgründen entschlossen und weil er keine
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