Laubmann 2 - Bärenzwinger
niemand etwas von Ihren Schlüsseln ahnt. Sie haben es nicht einmal für notwendig gehalten, die Schlüssel verschwinden zu lassen. Sie dachten, wenn niemand vom Theatermechanismus weiß, sucht auch niemand nach diesen Schlüsseln.»
«Na gut», Böhmer war zu einem weiteren Eingeständnis bereit, «der frühere Burgeigentümer hat mich mal in sein ‹Geheimnis› eingeweiht und mir erzählt, was es mit den Schlüsseln auf sich hat. Er hat sich gefreut, daß ich mich für die Burggeschichte interessiere. Er hatte doch keine Nachkommen, und der Rest seiner Familie war in alle Winde verstreut. Da hat er mir halt schalkhaft die Schlüssel zum Geschenk gemacht; als Andenken, weil der Mechanismus sowieso niemals wieder in Gebrauch sein würde.» Noch immer war seine sonore Stimme nicht ohne Wirkung.
«Die Perfidie eines Mörders hat er gewiß nicht einkalkuliert. Schon in meiner ersten Nacht auf der Burg haben Sie mir den Schlaf geraubt, als Sie getestet haben, ob alles noch funktioniert.»
«Also meinetwegen, Graf Hohenfranken hat’s mir mal gezeigt, und ich hab aus Spaß mal dran gezogen; aber ich bin niemals dort herumgekrochen wie Sie.»
«Sie sollten nicht mehr lügen.»
Lürmann unterstützte Laubmann: «Sie hatten die Mittel, ein Motiv und die Gelegenheit.»
Böhmer erhob sich abrupt von seinem Stuhl und nahm eine überhebliche Haltung an. «Zur erfolgreichen Polizeiarbeit, Herr Kommissar, gehören auch Beweise. Was Sie haben – ich wiederhole es –, sind aber nur wilde Spekulationen. Sie mögen damit den anderen einen Bären aufbinden, mir nicht. Realiter haben Sie nichts in der Hand.»
«Wir haben die Schlüssel.»
«Ach Gott, Sie und Ihre Schlüssel. Ich bin ein furchtbar sentimentaler Mensch; ich habe sie auf die Burg mitgebracht, weil sie mich an meine damalige Zeit hier erinnern. Wenn Sie so wollen, auch aus Respekt gegenüber dem verstorbenen Grafen. Und gegen Ihre sonstigen Verleumdungen werde ich mich zu wehren wissen.»
Ernst Lürmann war gekränkt.
Diesmal war Laubmann dran, ihn zu unterstützen. «Sie mögen durchaus glauben, sich aus Ihren kleineren Fehlern herauswinden zu können, aber einen großen, entscheidenden Fehler haben Sie übersehen.» Philipp bat Ernst um eine beschriftete winzige Plastiktüte mit wenigen Wollfasern darin.
«Ich bitte Sie, das hatten wir doch bereits.» Böhmer gab sich gelangweilt.
Laubmann sprach ganz sachlich: «Diese Fasern stammen von Ihrer schwarzen Wolljacke, die Sie auch jetzt tragen. Sie wurden auf der Kleidung des Toten gefunden. Zum Vergleich haben Sie uns Fasern Ihrer Jacke überlassen.»
«Ich wollte Alfonso helfen; das haben Sie selbst attestiert. Daß er bereits tot war, als ich mich über ihn gebeugt habe, konnte ich nicht vorausahnen.»
«Sehr fürsorglich – und äußerst raffiniert. Das war ein Teil Ihres Plans. Auf der Leiche konnte infolge der Tat sehr wohl ein Haar von Ihnen zurückbleiben; oder eben eine Faser von Ihrer Bekleidung. Das gilt auch umgekehrt: daß etwa feine Blutspuren an Ihrer Jacke zu finden sein würden. Das war einfach nicht auszuschließen. Sie hätten, um sicherzugehen, sogar Ihre Oberbekleidung verbrennen müssen. So was gelingt freilich nicht so spurlos wie das Verbrennen von Handschuhen, die Sie bei der ‹fürsorglichen› Untersuchung des Toten ja schlecht hätten tragen können. Sich umzuziehen aber, hätte zusätzlich Zeit gekostet und Sie des Problems nicht enthoben.
Nein, Sie behielten absichtlich die Kleidung vom Tatort an, um anschließend bereitzustehen, sich vorzudrängen und sich über die Leiche zu beugen, sobald sie entdeckt wird. Sie wußten, wo der Tote war und was uns erwarten würde. Künstlich entstandene Spuren also, die mögliche echte Spuren kaschieren sollten.»
Kommissar Lürmann zog, nun mit einem Gefühl des Triumphes, ein weiteres beschriftetes Plastiktütchen aus einem gepolsterten Umschlag. «Die schwarzen Fasern, die darin zu erkennen sind, stammen ebenfalls von Herrn Böhmers Jacke. Das wurde heute morgen durch eine vorläufige Analyse festgestellt. Nur – diese Fasern hier haben Dr. Laubmann, Prälat Glöcklein und ich in der vergangenen Nacht aufgespürt. Sie hingen an der unteren Kante der Kulissenwand, und sie sind dorthin gelangt, als der Mörder durch die Öffnung gekrochen ist, um den Tatort zu betreten oder ihn zu verlassen.»
Unvermittelt seufzte der feinfühlige Petrus von Bebenhausen erleichtert auf.
«Herr Dr. Böhmer», sagte Laubmann weise, «das Thema Ihrer
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