Lauf des Lebens
haben.“
„Das ist doch gar kein so schlechtes Angebot“, meinte er mit gespielter Bescheidenheit.
„Du kannst dich gut verkaufen, Mr. Remington“, sagte sie. Trotz angestrengter Versuche gelang es ihr nicht, sich das Lachen zu verkneifen.
„Das ist nicht das Einzige, was ich gut kann“, meinte er, streckte seine Arme nach ihr aus und drückte sie an sich. Seine Lippen vergruben sich in ihrer Halsbeuge. Zitternd schloss sie die Augen. „Sieh es als eine Art Therapie“, ermunterte er sie, „als Bezahlung für das therapeutische Fachwissen, das du in mich investiert hast. Du hast mir den Sinn des Lebens zurückgegeben, und ich zeige dir, wie man lebt.“
„Du bist vermessen und eitel.“
„Ich sage nur die Wahrheit.“
„Ich kann das nicht.“
Er schüttelte sie, dann zog er sie wieder an sich und begann ganz sanft, ihren Mund zu erobern – mit seinen Küssen, seiner Zunge, mit allem, was er war. „Du wirst bleiben, weil du mich liebst. Und weil ich dich brauche“, beharrte er sanft.
„Vergangenheitsform: Weil du mich brauchtest. Das trifft mittlerweile nicht mehr zu. Jetzt stehst du auf eigenen Füßen – und zwar sehr gut.“
„Das würde sich ändern, wenn du mich verlässt. Ich garantiere dir, ich würde sofort wieder im Rollstuhl landen und das Haus nicht mehr verlassen. Ich würde nicht mehr arbeiten, nicht mehr essen und nicht mehr schlafen. Ich brauche dich, du musst für mich sorgen.“
„Erpressung gilt nicht“, warnte sie und versuchte, ernst zu bleiben.
„Dann muss ich eine andere Taktik ausprobieren. Bitte, bleib um meinetwillen. Ich liebe dich, und du liebst mich. Was ist, wenn du falschliegst? Was ist, wenn ich dich in zehn Jahren immer noch so leidenschaftlich liebe wie heute? Willst du die ser Option von vornherein jede Chance nehmen, nur weil du dich nicht traust, an sie zu glauben?“
Der sengende Schmerz in ihrem Herzen sagte ihr, dass er den Grund benannt hatte, aus dem sie so schnell wie möglich abreisen wollte. Sie hatte Angst, an die Liebe zu glauben, weil niemand sie bisher geliebt hatte. Sie schaute Blake unverwandt an, und in ihrem tiefsten Inneren war ihr klar, dass sie gerade einen persönlichen Meilenstein erreicht hatte. Sie konnte auf Nummer sicher gehen und flüchten, aber Menschen, die flüchteten, lernten niemals den Rausch des Neuen und des Risikos kennen. Sie riskierten nichts, und gewannen deshalb auch nichts. Alles hatte seinen Preis, sagte sie sich einmal mehr. Alles was sie tun konnte, war, es auszuprobieren. Sollte sie gewinnen, sollte sie wie durch ein Wunder den berühmten goldenen Apfel gewinnen, dann würde sie ein wundervoll erfülltes Leben haben. Und wenn sie verlor – würde es ihr dann tatsächlich so viel schlechter gehen als jetzt? Sie liebte Blake auch jetzt schon. Würde ihr Schmerz weniger groß sein, wenn sie ihn jetzt verließ, als wenn sie es später tun musste?
„In Ordnung“, brachte sie mit heiserer Stimme hervor. Sie war sich völlig im Klaren darüber, dass die Brücke hinter ihr gerade einstürzte. Sie konnte sogar die Wucht der herabfallenden Steine in ihrem Rücken spüren. „Ich bleibe bei dir. Aber bitte mich nicht, dich zu heiraten. Noch nicht. Lass uns abwarten, wie es mit uns funktioniert. Über eine gescheiterte Affäre kommt man sehr viel einfacher hinweg als über eine gescheiterte Ehe.“
Er zog eine seiner dunklen Augenbrauen hoch. „Du strotzt nicht gerade vor Zuversicht, oder?“
„Ich bin … vorsichtig“, gab sie zu. „Die Ehe ist ein Trauma für mich. Lass mich eine Hürde nach der anderen nehmen. Wenn … wenn alles gut geht, dann heirate ich dich – wann immer du möchtest.“
„Darauf nagele ich dich fest“, murmelte er. „Ich würde dich gerne jetz t heiraten. Und wenn möglich, würde ich gerne jetzt auf der Stelle Kinder mit dir bekommen. Ich hatte mich darauf gefreut, diesem Projekt sehr, sehr viel Zeit zu widmen, aber jetzt muss ich ja vorsichtig sein. Unsere Kinder sollen schließlich frühestens neun Monate nach unserer Hochzeit geboren werden. Niemand soll an seinen Fingern die Monate abzählen und unsere Babys hämisch angrinsen.“
Diones Augen waren so groß wie zwei Teiche im goldenen Abendlicht, ihr Gesicht trat völlig hinter diesen großen Augen zurück. Der Gedanke an Kinder war so verlockend, dass sie ihm fast angeboten hätte, sie doch gleich vom Fleck weg zu heiraten. Sie hatte sich immer Kinder gewünscht, hatte gehofft, irgendwann einmal diesen riesigen Vorrat an
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