Lauf des Lebens
Liebe zu verschenken, der unangetastet in einer abgeschirmten Ecke ihres Inneren lagerte. All das, was sie selbst von ihrer Mutter nie erhalten hatte, Fürsorge und Zuwendung, wartete darauf, an ihr eigenes Kind weitergegeben zu werden. An Blakes Kind: blaue Augen, dunkle Haare und ein bezauberndes Lächeln, das ein verborgenes Grübchen zum Vorschein brachte.
Aber ein Kind war kein Wetteinsatz; in ihrer Probezeit wollte sie nicht leichtfertig ein Kind riskieren. Deshalb widersprach sie nicht. „Ich gehe zum Arzt und hole mir ein Rezept“, bot sie mit ruhiger Stimme an.
„Nein“, widersprach er. „Keine Pille. Du solltest deinen Körper keinem Risiko aussetzen. Ich übernehme die Verhütung, ohne jedes Risiko. So machen wir’s.“
Ihr war es egal. Sie fühlte sich warm und wohlig bei dem Gedanken, dass Blake bereit war, die Verantwortung für die Verhütung zu übernehmen. Sie umschlang ihn mit ihren Armen, kuschelte sich an ihn und versank in seinem Duft.
„Sag mir, dass du mich liebst“, bat er. Er fasste sie am Kinn und zog ihr Gesicht zu sich heran. „Ich weiß, dass du es tust, aber ich möchte es einmal hören.“
Ein ängstliches Lächeln trat auf ihre Lippen. „Ich liebe dich.“
„Das habe ich mir gedacht“, sagte er zufrieden und küsste sie zum Dank. „Alles wird gut, mein Schatz. Warte nur ab.“
11. KAPITEL
Dione hätte es nie zu hoffen gewagt, aber es schien tatsächlich so, als würde Blake recht behalten. Er hatte sich einen eleganten, schwarzen Gehstock gekauft, der bei ihm eher wie eine reizvolle Requisite als wie eine Stütze aussah, und jeden Morgen brachte Miguel ihn zur Arbeit. Anfangs machte sich Dione noch Sorgen, wenn er das Haus verließ. Sie befürchtete, dass er fiel, sich verletzte oder überanstrengte. Doch nach einer Woche musste sie zugeben, dass die berufliche Herausforderung ihn geradezu aufblühen ließ. Jeden Tag machte er Fortschritte, und er ging müheloser und schneller. Auch davor, dass er sich übernahm, hatte sie bald keine Angst mehr, denn dank ihres Trainings war er in allerbester Form.
Dafür zermürbte sie der Gedanke an all die Frauen, mit denen er täglich zusammenkam. Sie wusste, wie attraktiv er war, ganz besonders mit diesem faszinierenden, geheimnisvoll hinkenden Gang. Als er von seinem ersten Arbeitstag nach Hause kam, wagte sie kaum zu atmen, so sehr fürchtete sie, er würde heiter und aufgekratzt sagen: „Stimmt, du hattest recht, es war alles nur Verblendung. Du kannst jetzt abreisen.“
Doch das sagte er nicht – nicht nach seinem ersten Arbeitstag und auch nicht später. Er kam mittags genauso stürmisch und freudig nach Hause, wie er morgens aufbrach, und sie verbrachten die Nachmittage im Sportraum oder, wenn es warm genug war, im Pool. Der Dezember war ein angenehmer Monat. Obwohl die Temperaturen nachts manchmal bis zum Gefrierpunkt fielen, lagen sie nachmittags oft um die zwanzig Grad. Blake beschloss, den Pool mit einer Heizung auszustatten, sodass sie auch nachts schwimmen konnten, aber er hatte so viel um die Ohren, dass er das Projekt ständig vor sich her schob. Dione war es egal, ob der Pool beheizt war oder nicht: Warum sollte sie einen Gedanken an nächtliches Schwimmen verschwenden, wenn sie die Nächte doch am liebsten mit ihm im Bett verbrachte?
Was auch immer passieren mochte, wie auch immer ihre gemeinsame Geschichte enden würde – dafür, dass Blake sie aus dem Käfig ihrer Ängste befreit hatte, würde sie ihn immer lieben. In seinen Armen vergaß sie die Vergangenheit, konzentrierte sie sich nur auf das Glücksgefühl, das er in ihr und sie in ihm auslöste.
Er war genau der Geliebte, den sie brauchte. Er war reif genug, um zu wissen, dass Geduld sich auszahlte, und klug genug, um zu wissen, dass er sie manchmal drängen musste. Er schenkte, er forderte, er berührte sie, er experimentierte, lachte, neckte – und befriedigte sie. Er war auf ebenso wunderbare Weise von ihrem Körper fasziniert wie sie von seinem, und genau diese unverblümte Bewunderung brauchte sie. Die Erfahrungen, die sie geprägt hatten, machten sie vorsichtig im Umgang mit Gefühlen, auch wenn es reine Glücksgefühle waren. Die absolute Ehrlichkeit, mit der Blake ihr begegnete, gab ihr die Sicherheit, sich als Frau zu entfalten und ihre Weiblichkeit und Sexualität auszuprobieren.
Der Dezember war der glücklichste Monat ihres Lebens. Innere Ruhe und Zufriedenheit hatte sie bereits in den Jahren zuvor erlangt – bei ihrer traumatischen
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