Lauf, Jane, Lauf!
nicht an, abzudriften. Du mußt es herausbekommen. Sie ist offensichtlich eine Freundin, wahrscheinlich sogar eine gute Freundin. Und sie hat dir einen Tip gegeben. Ihr Mann heißt Peter.
Peter wer? Peter Pan. Struwwelpeter. Peter Finch. Peter und Paul. Peterchens Mondfahrt. Das Peter-Prinzip. Salpeter. Sankt Peter. Peter, wenn du ein Freund bist, dann muß dein Name in meinem privaten Telefonbuch stehen.
Sie versuchte, sich die Seiten des Buchs ins Gedächtnis zu rufen, blätterte sie im Geist durch: Lorraine Appleby, Diane Brewster, David und Susan Carney, Janet und Ian Hart, Eve und Ross McDermott, Howard und Peggy Rose, Sarah und Peter Tanenbaum.
Sarah und Peter Tanenbaum. Natürlich, wer sonst! Wie viele gute Freundinnen konnte sie haben, deren Ehemänner Peter hießen? Die Frau, mit der sie sprach, mußte Sarah Tanenbaum sein. Jane biß sich auf die Zunge, um nicht mit dem Namen laut herauszuplatzen.
»Also, wann sollen wir kommen?«
»Jederzeit. Je früher, desto besser.«
»Du möchtest wahrscheinlich, daß es nicht so spät wird.«
»Keine Spur. Ich freue mich auf euch. Ich hab dir viel zu erzählen.«
»Ich dir auch. Ich hatte wieder mal ein Rencontre mit der Gestapo.«
»Was?«
»Du weißt schon - mein Nachbar. Ich erzähl’s dir heute abend. Du wärst stolz auf mich gewesen. Also, wieviel Uhr? Um sieben?«
»Wunderbar.«
»Soll ich was mitbringen? Einen Nachtisch?«
»Nein, nein«, lehnte Jane eilig ab und lächelte. »Ich backe sowieso gerade einen Apfelkuchen.«
Paula verdrehte die Augen. Wenn Blicke töten könnten, dachte Jane.
»Hm, das klingt verlockend. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen. Ich freu mich.«
»Ich mich auch. Ach, und wenn dich jemand anrufen sollte«, fügte Jane hinzu, »um dir zu sagen, daß das Essen abgeblasen ist, dann hör nicht darauf, okay? Kommt auf jeden Fall. Versprichst du mir das?«
»Wer sollte denn so was tun?«
»Ich weiß auch nicht. Irgend jemand. Aus Jux. Vielleicht sogar Michael.«
»Michael?«
»Na ja, aus Jux.«
»Jane, irgendwas ist doch nicht in Ordnung.«
»Du wirst dich wundern.«
»Bei dir wundert mich schon lange nichts mehr.«
»Also, versprich mir, daß ihr auf jeden Fall kommt.«
»Jane, du machst mich richtig nervös.«
»Versprich es.«
»Okay, ich verspreche es. Also, sagst du mir jetzt, was los ist?«
»Heute abend. Seid pünktlich.«
Jane hörte das Klicken in der Leitung. Sie senkte den Hörer und lächelte. Sie ließ das Messer auf den Tisch fallen. Paula sprang sofort auf, riß das Messer an sich und hielt es fest.
»Sie sind wirklich verrückt! Sie hätten sich weh tun können.«
Jane wand sich ruhig und methodisch aus den Schlingen des Telefonkabels, obwohl sie innerlich alles andere als ruhig war. Sie war wie aufgedreht. Sie fühlte sich lebendig. Nicht einmal die Drogen in ihrem Körper konnten die Erregung dämpfen. Nachdem sie sich aus der letzten Schlinge des Kabels befreit hatte, legte sie den Hörer auf und setzte sich immer noch lächelnd an den Küchentisch. »Raten Sie mal, wer heute zum Abendessen kommt«, sagte sie.
18
»Möchtest du etwas trinken?«
»Lieber nicht. Das wäre sicher nicht gut.«
»Ich meine nichts Alkoholisches. Ich dachte an ein Cola oder Ginger Ale.«
»Ach ja, ein Ginger Ale.«
Wieso ist er so nett zu mir? Jane beobachtete Michael, der aufstand, um ihr ein Glas zu holen.
»Ich gieße mir selbst ein«, sagte sie und ging hastig zum Couchtisch, auf dem Paula Gläser und eine Auswahl an Getränken bereitgestellt hatte.
»Glaubst du im Ernst, ich könnte dir etwas ins Glas mischen?« Seine Stimme klang tief verletzt.
»Nein, natürlich nicht.« Aber genau das fürchtete Jane.
Michael war besorgt, ja beunruhigt gewesen, als Paula ihn nach Hause beordert und ihm von den Geschehnissen des Nachmittags berichtet hatte, aber später, als er mit Jane allein gewesen war, während sie sich für den Abend umgezogen hatte, hatte er zugegeben, daß er ihre Frustration verstand, daß er nicht geahnt hatte, wie sehr es sie nach dem Kontakt mit Freunden verlangte. Selbstverständlich hätte Paula nie versuchen dürfen, ihr den Telefonhörer zu entreißen. Wenn Jane wirklich das Gefühl habe, sie sei einem Abend mit Gästen gewachsen, dann habe er natürlich nicht das geringste dagegen. Aber könne sie ihm nicht wenigstens sagen, wen sie eigentlich erwarteten?
Nein, hatte sie gesagt. Das könne-und würde-sie nicht tun.
Na schön, hatte er gemeint. Sogar das könne er
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