Lauf, so schnell du kannst
Sicherheitsregeln des Lagers eröffnen, aber das ließ sich alles besser erledigen, wenn sie den Aufbau des Camps vor Augen hatten.
Aber inzwischen verschwendeten sie Tageslicht und Zeit, in der sie schon etwas jagen und – das gebe Gott – sofort einen Bären erlegen konnten. Darum sagte sie: »Reiten wir los.«
8
Mitchell Davis saß ab, schaute sich in dem Camp um, das sie gemietet hatte, und betrachtete die Campingtoilette an der Seite. Er drehte sich um und sah sie mit einem ungläubigen Ausdruck in seinen kalten Augen an. »Sie wollen mich wohl verarschen«, sagte er in einem derart sarkastischen Tonfall, dass Chad zusammenzuckte und schon wieder rot wurde; bei dem Ritt hier herauf war er wieder und wieder die Zielscheibe von Davis’ scharfer Zunge gewesen, die kaute und zerfetzte, anstatt mit einem schnellen, sauberen Biss zu töten. Davis hatte zu allem etwas zu sagen, und zwar nichts Gutes: zu Chads Art zu reiten, zur Marke des Gewehrs, das er besaß, zu dem billigen Zielfernrohr, selbst zu seinen neuen Stiefeln.
Während des Ritts hatte Angie mehrmals gedacht, dass sie an Chads Stelle auf stur geschaltet und zu Davis gesagt hätte, er könne sie am Arsch lecken. Dann wäre sie zurück zum Truck geritten. Aber jetzt, da sich diese Feindseligkeit gegen sie selbst richtete, biss sie sich auf die Zunge und entschuldigte sich im Stillen bei Chad, denn er hatte zweifellos aus demselben Grund geschwiegen wie sie: Sie brauchte das Geld. Das war die Vergeltung dafür, dass sie sich so überlegen gefühlt hatte, als sie es nicht gewesen war. Sie saß mit Chad in einem Boot und paddelte aus Leibeskräften.
»Vielleicht fange ich mit Meditation an«, überlegte sie laut, was ihr ein unterdrücktes Kichern von Chad eintrug, das er schnell in ein Hüsteln verwandelte.
Sie wusste gar nicht, was so schlimm an dem Camp war. Was genau hatte Davis denn erwartet? Eine Jagdhütte vielleicht? Sie hatte keine Ahnung, was Chad ihm erzählt hatte, wie er Davis die Unterbringung beschrieben hatte, aber sie war Chad gegenüber in Bezug auf das Lager vollkommen ehrlich gewesen. Es war nicht das beste, in dem sie je gewesen war, aber es war auch nicht das schlechteste. Zumindest schliefen sie nicht auf dem Boden. Das hatte sie nämlich schon öfter getan, als sie sich erinnern konnte.
Der Lagerplatz lag an einem malerischen Ort, an einer ziemlich ebenen Stelle des Berges, umringt von Küsten-Kiefern und Lärchen. Unten wand sich ein kristallklarer Bach über den Talboden, eingefasst von Fichten und Pappeln. Höhere Gipfel mit weißen Schneespitzen ragten über und um sie herum auf. Riesige Felsbrocken und Apfelbeersträucher sprenkelten die Landschaft. Das Vorhandensein des Baches und der Apfelbeerbüsche erhöhte ihre Chancen, einen Bären zu finden, was schließlich der Grund dafür war, dass sie überhaupt hier waren. Sie hätte sie an einen Ort mit luxuriöseren Quartieren bringen können, aber die Chancen, dass Davis einen Bären schießen konnte, wären gesunken.
Es gab sechs hölzerne Plattformen, aber nur drei von ihnen waren mit Zelten ausgestattet. Angie war sehr dankbar für die Plattformen; wenn es anfing zu regnen, würde das Wasser nicht durch die Zelte laufen. Die Zelte bestanden aus strapazierfähigem Segeltuch, jedes mit einer Art versetztem Flügel vor dem Eingang für zusätzliche Privatsphäre. Sie wusste, dass man keine Silhouetten durch die Wände sehen konnte, was ein großes Plus für sie war. Die Zelte waren nicht groß, etwa zweieinhalb mal anderthalb Meter, aber für eine Pritsche und ihre Sachen war das mehr als genug. Sie hatten jeder eine aufblasbare Luftmatratze, die auf die Pritsche kam, und einen Schlafsack. Die Campingtoilette sorgte für Erleichterung, und sie hatte genügend feuchte Tücher mitgebracht, um eine Woche lang halbwegs sauber und geruchsfrei zu bleiben – notfalls auch länger.
Ein großer Teil ihrer Lebensmittel war vorverpackt, aber zweihundert Meter entfernt befand sich ein Kochbereich. Es gab einen Campingkocher, um Kaffee zu machen, was ihrer Meinung nach genauso notwendig war wie Kleidung. In den Zelten befanden sich batteriebetriebene LED -Lampen, Taschenlampen und Ersatzbatterien. Sie hatte einen schwedischen Feuerstahl zum Anzünden von Feuern, und sollte das Wetter zufällig entgegen der Vorhersage bitterkalt werden, war jedes Zelt sogar mit einer kleinen Ölheizung ausgestattet.
Das Beste von allem war, dass die Futtertröge des einfachen Pferchs überdacht
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