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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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hatte sehen können. Sie geriet aus dem Gleichgewicht und stürzte nach vorn. In dem Sekundenbruchteil, in dem sie begriff, dass sie fiel – und sich dabei hilflos und dumm und ängstlich fühlte –, breitete sie die Hände aus, um den Sturz aufzuhalten, hatte aber zumindest genug Verstand, nicht die Arme auszustrecken. Sich einen Arm oder ein Schlüsselbein zu brechen war das Letzte, was sie jetzt brauchen konnte. Sie landete hart, wurde kräftig durchgeschüttelt, und lag einen Moment lang benommen auf dem verschlammten Boden. Stumm machte sie Inventur.
    Jeder Knochen und jeder Muskel war von der Erschütterung in Mitleidenschaft gezogen worden, aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie bis auf ihren rechten Fuß okay war. Er steckte immer noch in dem Loch, ihr Stiefel wurde vorne festgehalten, und ihr Fuß war verdreht. Ihr Knöchel im Stiefel pochte vor Schmerz, es tat höllisch weh.
    Sie lag da, der Regen prasselte auf sie herab, und Wasser strömte unter ihr hindurch. Ihr Herz schlug so stark, dass sie spüren konnte, wie es gegen den nassen Boden wummerte. Mutlosigkeit überfiel sie. Gott, war ihr kalt! Sie wollte sich nicht bewegen, wollte gar nicht wissen, wie schlimm es war. Denn wenn sie sich diesen Knöchel tatsächlich gebrochen hatte, dann war sie so gut wie tot. Vielleicht würde das Pochen nachlassen, wenn sie nur für einen Moment still liegen blieb. Sie hatte sich schon früher den Knöchel verstaucht, und der Schmerz war ein paar Minuten lang entsetzlich gewesen, um bald darauf nachzulassen. Und als sie dann wieder gehen konnte, war er ganz verschwunden.
    Aber sie hatte nicht den Luxus, mehr als ein paar Sekunden dort liegen zu bleiben. Angie schob die Satteltaschen beiseite, nahm die Gewehrtasche von der Schulter und legte sie auf die Satteltasche, dann richtete sie sich vorsichtig auf und nahm beide Hände, um ihren verdrehten Fuß aus dem Loch zu befreien. Sie zog ihren Stiefel nicht aus. Wenn sie das tat, würde sie ihn nicht wieder anbekommen. Sie würde ohnehin nicht sehen können, was los war, und selbst wenn, würde sie nicht imstande sein, etwas zu tun. Wenn sie sich den Knöchel gebrochen hatte, würde der Stiefel helfen, ihn zu stützen, daher war es besser, alles so zu lassen, wie es war.
    Mit kalten Fingern tastete sie den Knöchel ab und versuchte, einen Bruch zu fühlen. Es schien keine Stelle zu geben, die bei Berührung besonders wehtat, aber als sie versuchte, den Fuß zu drehen, schoss ihr der Schmerz direkt in den Kopf und sie drohte das Bewusstsein zu verlieren. »Okay, das war keine gute Idee«, murmelte sie. Sie dachte nicht, dass der Fuß gebrochen war. Und wenn doch, dann war es vielleicht nur eine Haarfraktur. Höchstwahrscheinlich war es nur eine schlimme Verstauchung. Praktisch gesehen spielte es nicht mal eine Rolle, was es war. Entscheidend war allein, ob sie auf dem Knöchel gehen konnte oder nicht.
    Sie biss die Zähne zusammen, belastete ihren linken Fuß und hielt sich an einem jungen Baum fest. Dann stemmte sie sich hoch. Sie umklammerte den Baum, zog sich langsam und stetig in die Höhe. Rinde schrammte über die Jacke, verfing und löste sich. Es war ein Balanceakt, aber sie schaffte es in eine aufrechte Position. Sie orientierte sich neu, prüfte den Wind, holte tief Luft, ließ dann den Baum los und machte einen humpelnden Schritt vorwärts, zwang sich, den Schmerz zu ertragen, zwang sich, zu gehen. Aber sobald sie ihren rechten Fuß belastete, schoss wieder dieser wahnsinnige Schmerz durch ihren Knöchel, und er gab auch gleich unter ihr nach, sodass sie erneut der Länge nach hinschlug. Diesmal war sie nicht schnell genug, um sich abzustützen, und sie landete mit dem Gesicht nach unten im Schlamm.
    Sie wollte weinen. Sie wollte mit der Faust in den Matsch schlagen und losheulen. So viel zum Thema schlechtes Karma! Womit hatte sie das verdient? Ihr Unternehmen war verloren, sie musste ihr Haus verkaufen, und dann waren da auch noch Dare Callahan, dieses Arschloch Davis, Killer Krugman und, ach ja, ein gottverdammter
Bär.
Und jetzt hatte sie sich zu allem Überfluss den Knöchel gebrochen oder verstaucht, obwohl sie so schnell wie möglich von diesem Berg runtermusste, bevor entweder der Killer Krugman oder dieser Monsterbär sie erwischten. Ihr Leben war ohne jeden Zweifel am Arsch.
    Wenn sie den Berg nicht hinabsteigen konnte, was schon unter den günstigsten Umständen anstrengend gewesen wäre, was würde dann passieren? Was sollte sie tun, einfach

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