Laufend loslassen
wie ich später merke, im Gite in St. Jean Pied de Port im Bett über mir übernachtet.
Um drei Uhr treffe ich in St. Jean Pied de Port ein, gehe zum Pilgerempfang, in dem viel Betrieb ist und buche ein Bett im Gite der Jakobusgesellschaft. Zimmer 1, Bett 13.
„Hast du etwas gegen Bett 13?.“, fragen sie mich.
„Nein, abergläubisch bin ich nicht.“
Im Zimmer finde ich Jean-Marie und Laura, eine junge Italienerin. Wir gehen um 19 Uhr zur Pilgersegnung in die Eglise de Citadelle. Anschließend feiere ich mit Jörg und Alois Abschied in einer Pizzeria. Alfred und Carola habe ich schon am späten Nachmittag verabschiedet.
Er geht ja den Nordweg.
St. Jean mit seiner engen Altstadt ist eine wunderbare Kulisse für diesen letzten Abend in Frankreich, wenn auch der Tourismus die Pilgeraktivitäten überflutet.
Mittwoch, 18. Juli
Um halb sechs wird es im Gite lebendig. Ich gehe zum Frühstück, treffe mit Jean-Marie und Laura zusammen. Um 6.30 Uhr machen wir uns gemeinsam auf den Weg und bleiben dann den ganzen Tag zusammen. Sie stammt aus Bergamo und studiert Wirtschaftswissenschaft. Wir steigen den Weg hinauf, recht zügig. Bis Huntto noch freier Blick auf die Berge, aber schon bald beginnen Wolken die Hänge zu berühren. Dann kommt Nebel auf. Wir stoßen auf Dennis aus Krefeld, der mit uns läuft. Er erzählt auf meine Frage, dass er evangelische Theologie studiert und gerade sein Examen gemacht hat. Nach dem Camino wird er sein Vikariat beginnen. Er strahlt eine von Fröhlichkeit durchdrungene Ernsthaftigkeit und viel Optimismus aus, was mir gefällt. Eine Zeit lang laufen auch noch zwei junge Iren aus Tipperary mit uns, von denen einer in Saragossa studiert. Wir steigen weiter auf, dichter Nebel um uns. Es wird kalt und kälter. Alle von uns holen die Jacken heraus. Die Abzweigungen, immer wieder markiert durch gelbe Pfeile, finden wir, aber die Statue der Jungfrau Maria, die unterwegs zu sehen sein soll, bleibt uns durch den Nebel verborgen. Die Strecke wird zeitweise feucht und schlammig, meist aber ist gutes Vorankommen. Etwa um 12 Uhr erreichen wir den Rolandsbrunnen, machen eine kurze Rast, wenig später ist Spanien, Navarra, erreicht. Dann kommt der Abstieg zur Kapelle von Ibañeta. Wir sind schon ein kleines Team geworden, achten und warten aufeinander. Dennis, der Probleme mit dem Knie hat, bekommt von mir meine Bandage, die bisher ungenutzt im Rucksack lag.
Um zwei Uhr wird der Turm der Kirche von Roncesvalles sichtbar. Wir finden den Pilgerempfang, der noch bis 16 Uhr geschlossen ist. Während ich in der Vorhalle sitze, kommt Verena aus Darmstadt, mit der ich mich kurz, jedoch gleich recht intensiv unterhalte. Ihre schwungvolle und dabei zentrierte Energie und ihre offene Art fallen mir sofort angenehm auf. In der Zwischenzeit, in der wir warten müssen, trinke ich mit Laura, Jean-Marie, Dennis und Verena Kaffee.
Wir unterhalten uns lebhaft. Ein wenig klingt schon an, warum jeder den Weg geht und Verena will etwas über meine ersten Erkenntnisse aus der Zeit in Frankreich wissen, wovon ich gerne erzähle.
Dann beginnt das Einchecken. Ein riesiger Schlafsaal mit gotischem Gewölbe. Wohl über 100 Betten, ist meine erste Einschätzung. Jeder nutzt die Zeit bis zum Abendessen irgendwie, zum Anstehen in den überraschend kurzen Schlangen vor den wenigen Duschen, zum Bummeln durch den Ort, zum Dösen oder Lesen. Um 19 Uhr wird das Pilgermenü serviert. Es gibt Gemüsesuppe, Forelle gebacken und dazu guten Wein aus Navarra. Um 20 Uhr schließt sich in der hohen Klosterkirche, deren prachtvolle gotische Glasfenster den Innenraum in ein mystisches Licht tauchen, ein Pilgergottesdienst an. Der Kirchenraum ist gefüllt mit Pilgern. Ein Segen für alle, die unterwegs sind, schließt den Gottesdienst ab. Anschließend geht es in die gotische Schlafhalle mit 120 Betten, wie ich jetzt weiß, dicht an dicht. Pünktlich um 22 Uhr ist das Licht aus, alle haben sich gelegt, einige lesen noch mit kleinen Kopflampen. Für die große Zahl von Menschen herrscht eine erstaunliche Ruhe.
Donnerstag, 19. Juli
Mit lateinischem Weckruf ist um sechs Uhr die Nacht um. Ich starte schon um halb sieben mit Laura und Jean-Marie nach Burguete, etwa drei Kilometer entfernt. Der Weg ist leicht und schnell, bald gibt es im Ort die Gelegenheit für ein Frühstück. Nach einer Dreiviertelstunde gehen Laura und ich weiter. Jean-Marie will heute weiter, um morgen bald in Pamplona zu sein, und startet noch
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