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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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dann verteilte ich flugs die Apfelstückchen auf den Muffins. Ein bisschen Blut war auch dabei, aber das würde man nach dem Backen sicher nicht mehr sehen, vor allem wenn der Puderzucker drauf war. Vorausgesetzt, ich hatte Puderzucker.
    Ich schaffte es gerade noch, mir das teigverschmierte rote T-Shirt vom Leib zu reißen und einen sauberen Pulli anzuziehen, als es auch schon klingelte. Ich wusste, dass Dande Dorle acht Minuten für meine fünf Stockwerke brauchen würde, sie war zwar gut beieinander, aber immerhin neunundsiebzig und musste nach jedem Stockwerk verschnaufen. Das gab mir wertvolle acht Minuten, um den Teig aus den Haaren zu klauben und das Bad blitzartig aufzuräumen.
    Als Dande Dorle prustend mit einer Riesenplastiktüte in der Tür stand, sah ich halbwegs passabel aus und hatte die Tür zur Küche fest zugemacht.
    »So, Kend, doo ben I«, sagte sie fröhlich, als sie wieder japsen konnte, und schälte sich aus ihrem dunklen Wintermantel. Sie gab mir auf beide Backen einen feuchten Kuss. Als Kind hätte ich »Igitt« gesagt, mittlerweile war ich dafür zu gut erzogen.
    »Du hosch jo emmr no koi Garderob«, stellte sie fest, als ich die Jacke ans Bücherregal hängte und schlurfte Richtung Bad. »I muss erschd amol uffs Klo. Em Krankahaus god mr ja net so gern.« Ich schluckte. Klar, ein Bad, in dem sich am Morgen jemand übergeben hatte, war bestimmt viel leckerer.
    »Du bludesch ja«, sagte Dorle, als sie sich am Kaffeetisch niederließ, und deutete auf meinen Finger.
    »Nicht schlimm«, sagte ich und leckte den Finger ab. Auf der frischen Tischdecke war ein roter Fleck. Jetzt hatte ich keine saubere Tischdecke mehr. Die andere hatte Leon vollgekotzt und offensichtlich zum Waschen mitgenommen. Jedenfalls war sie aus dem Bad verschwunden.
    »Ich habe Muffins gebacken«, sagte ich stolz, »die brauchen aber noch einen Moment.«
    »Ach Mädle, des wär doch net nedig gwä, i woiß doch, dass ihr Jonge nie Zeit hen«, antwortete Dande Dorle und präsentierte stolz eine riesengroße Tupperdose, die sie offensichtlich in der Riesenplastiktüte quer durch Stuttgart transportiert hatte. In der Tupperdose war ein halbes Exemplar ihres berühmten Käsekuchens und noch ein paar Stücke Zwetschgenkuchen.
    Ich hatte nichts dagegen, Dande Dorles Käsekuchen zu essen, die Muffins waren ja auch noch nicht fertig, und außer einem Laugenbrötchen und einem klitzekleinen Test-Muffin aus der Hochland-Kaffeebar hatte ich nichts im Magen. Wir saßen eigentlich ganz munter beisammen und Dande Dorle erzählte mir von ihrer Freundin Gertrud und den Theaterproben zu »Mai Schdickle ghert mir«.
    »On dai Fraindin Renate ...« Dorle betonte den Namen auf der ersten Silbe.
    »Renate? Ich kenne keine Renate.«
    »Ha doch, woisch nemme, du hosch’r als Kend ’s Dreirädle kabud g’fahra, also dai Renate hot ihrn Ma sitza lassa.« Ich konnte mich weder an Renate noch an kaputte Dreiräder noch an Eheschließungen besagter Renate erinnern, aber es lenkte erfolgreich von meiner eigenen Person ab, also heuchelte ich Interesse. »Sag bloß ...«
    »Ha on drei kloine Kendar muss der arme Ma jetz alloi versorga. Ond b’vor se abkaud isch, hot sem nedda mol erklärt, wie mr kloine Kendar wiggelt odr en Brei kocht odr schdaubsaugt.«
    »Und mit wem ist sie durchgebrannt?«
    Dorles Stirn umwölkte sich. »Ha des isch ’s Ällerschlemmschde. Mit em Sohn vom katholische Pfarrer, on der isch no koine zwanzich! Aber sag amol, Mädle, do riechd’s abr verbrannt!«
    Ich stürzte in die Küche und riss die Muffinform aus dem Ofen. Die Muffins waren nicht verbrannt, wohl aber die Äpfel, die ich obendrauf garniert hatte. Die Muffins selbst sahen drei Sekunden lang ganz ordentlich aus. Dann fielen sie langsam in sich zusammen.
    Ich ließ die Form einfach auf dem Herd stehen, schließlich hatten wir schon genug Kuchen gegessen, und stellte den Herd ab. Komischerweise ging er aber nicht aus, ich hörte, wie die Umluft weiter brummte, und als ich die Ofentür öffnete, schlug mir unvermindert Hitze entgegen. Ich benutzte den Ofen ja häufig für Pommes oder Pizza und konnte mich nicht erinnern, dass er so etwas schon einmal gemacht hatte, deshalb fing ich an, kräftig gegen die Ofentür zu hauen. Das mache ich eigentlich immer, wenn irgendetwas nicht funktioniert, der Ofen brummte aber weiter.
    Plötzlich erschien Dande Dorle in der Tür. Sie erfasste mit einem Blick die teigüberzogene Küche, die verbrannten Muffins und den brummenden Ofen

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