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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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hast du ja. Dann ist es doch wirklich nicht so schlimm.«
    Haftpflicht, ja, die hatte ich. Das gehörte zu den Dingen, die uns Dorle eingeschärft hatte, weil sie genau wusste, dass unsere lebensferne Mutter nie an so etwas denken würde. »Kender, ihr brauchad koi Versicherong em Läba, bloß a Haftpflicht. Sonschd kenned Sacha bassiere, do wärded ihr eier Läba lang nemme froh.« Meine Haftpflicht kannte mich ziemlich gut. Ich nahm sie jedes Jahr so drei-, viermal in Anspruch. Anfangs waren sie misstrauisch gewesen und hatten mich jedesmal in einen endlosen Papierkrieg verwickelt. Irgendwann hatten sie akzeptiert, dass sie Desaster-Jenny als Mitglied hatten. Ich war mir ziemlich sicher, dass bei der Versicherungsgesellschaft die Korken knallen würden, sollte ich eines Tages den Anbieter wechseln.
    »So, das war nett hier«, sagte Leon und winkte der Bedienung. »Aber ihr habt doch sicher noch mehr auf Lager. Also ich meine, diese Kneipe könnte auch in Hamburg sein. Ohne Maultaschen, natürlich.«
    Lila und ich sahen uns an. Wir waren beide nicht so die Kneipengänger. Aber nachdem uns Leon nun so nett eingeladen hatte, mussten wir uns wohl noch etwas einfallen lassen.
    »Wir könnten ins Bohnenviertel gehen, in eine Weinstube«, überlegte Lila.
    »Oder an den Hans-im-Glück-Brunnen«, sagte ich und guckte Leon fragend an.
    »Hans-im-Glück-Brunnen, da war ich schon, mit Arbeitskollegen«, antwortete er. »Das sind doch auch so Szene-Kneipen. Habt ihr nicht was Originelleres, etwas, das es nur in Stuttgart gibt?«
    Line und ich fingen gleichzeitig an zu grinsen, als nähmen wir an einem Synchrongrinswettbewerb teil.
    »Du hast es so gewollt«, sagte Lila.
    »Du musst jetzt ganz stark sein«, sagte ich.
    Wir liefen die Rotebühlstraße hinunter. Vor der
Roten Kapelle
standen die Raucher in der Kälte. Nach einem zwanzigminütigen strammen Fußmarsch hatten wir das nächste Ziel unserer Ausgehtour erreicht.
    »Jetzt schleppt ihr mich ja doch zum Hans-im-Glück-Brunnen,« sagte Leon.
    »Wart’s ab«, antwortete Lila geheimnisvoll und steuerte kurz vor dem Platz auf eine Kneipe auf der linken Seite zu.
    Als wir das
Café Weiß
betraten, waren alle Tische einschließlich der Plätze an der Bar belegt: Szenegänger, Huren, Touristen und vor sich hintrielende Einzelsäufer gaben sich ein munteres Stelldichein. Die Luft war schneidend dick vom Zigarettenrauch und alle redeten gleichzeitig. Der Kellner, der jeden Gast persönlich begrüßte, winkte uns an einen Tisch gleich links neben dem Eingang, an dem auf einer Bank ein dicker ältlicher Herr saß, links und rechts garniert von zwei ziemlich jugendlichen Damen, die garantiert nicht beim dm-Markt an der Kasse beschäftigt waren. Sie hatten eines gemeinsam: Sie waren sturzbetrunken.
    Der Kellner setzte ein Schälchen vor uns ab, in dem sich eine seltsame Mischung aus salzigem Knabbergebäck und Gummitieren in Drachenform befand. Leon bestellte sein drittes Bier, Lila und ich blieben beim Wein.
    Der Mann und seine beiden Begleiterinnen schwankten im Gleichtakt mit den Köpfen hin und her wie die hospitalistischen Eisbären in der Wilhelma. Alle drei hatten die Augen halb geschlossen. Sie redeten kein Wort. Leben kam nur in sie, wenn sie zum Glas griffen, um in großen Schlucken daraus zu trinken. Leon beobachtete das Schauspiel interessiert. Der Kellner brachte die Getränke.
    »Welche Hand?«, fragte er und hielt uns seine geschlossenen Fäuste hin.
    Leon tippte amüsiert auf die rechte Hand. Der Kellner öffnete sie. Die Hand war leer. Dann wurschtelte er wieder hinter seinem Rücken herum.
    »Welche Hand?«, fragte er wieder. Dieses Mal tippte Lila, abermals auf rechts.
    »Richtig!« Er streckte Lila ein Minitäfelchen
Ritter-Sport-Schokolade
hin, das sie großzügig mit uns teilte.
    Nach einigen Minuten fuhr draußen ein Taxi vor. Der Mann neben uns stand abrupt auf, packte beide Frauen am Arm und zerrte sie unsanft und ohne ein Wort von der Bank. Sie torkelten nach draußen und verschwanden im Taxi. Niemand registrierte ihren Abgang. Die anderen Gäste waren entweder genauso betrunken oder mit sich selber beschäftigt. Die Tür zur Straße öffnete sich wieder und ein Mann in grünem Robin-Hood-Kostüm trat ein. Er quetschte sich zwischen die anderen Gäste an der Theke. Niemand nahm von ihm Notiz.
    »Wow«, sagte Leon. »Ich trinke normalerweise nicht so viel, aber für diesen Laden sind wir eindeutig zu nüchtern.« Rasch kippte er sein Bier hinunter. Ohne

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