Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
Doch Laura lag wie ein nasser Sack da und half nicht ein bisschen mit, sodass Kaja es trotz größter Anstrengung nicht schaffte. Sie deckte die Freundin sorgsam zu und ließ sie schlafen. Dann setzte sie sich wieder an den Schreibtisch und schlug das Schulbuch auf. Der Gedanke an die Mathearbeit am nächsten Tag ließ eine leichte Übelkeit in ihr aufsteigen, über die sie sich rasch mit einem Schokotaler hinweghalf. Ihre Befürchtung, dass der Test in einer Katastrophe für Laura enden würde, ließ sich damit jedoch nicht vertreiben.
M orwena schloss die Tür der Schlafkammer hinter sich und trat zu Paravain, der am großen Tisch des Thronsaals lehnte und sie erwartungsvoll ansah. Die Heilerin schüttelte den Kopf: Nein, es war ihr nicht gelungen, das Wüten der Pestilenz, die Elysions Leib mit unerbittlichem Griff gefangen hielt, aufzuhalten. Sie konnte lediglich seine Leiden lindern - mehr stand nicht in ihrer Macht.
Der Ritter ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er fühlte, dass Wut in ihm aufstieg. Ohnmächtige Wut. In seiner Hilflosigkeit ballte er die Hand zur Faust und schlug damit auf den Tisch, immer und immer wieder, und dabei schüttelte er voller Verzweiflung den Kopf.
Morwena legte ihm wortlos die Hand auf die Schulter und wartete, bis er sich wieder beruhigt hatte.
Die sanfte Berührung tat Paravain gut. Er fühlte, dass es jemanden gab, der seine Sorgen und Ängste teilte. Das Gefühl der Ohnmacht wich von ihm, und er atmete tief durch. Dann stand er auf, ging zur Kommode, die an der Wand stand, und griff sich die Karaffe mit Wein. Er goss sich einen Becher davon ein, wandte sich Morwena zu und schaute sie fragend an. »Möchtest du auch etwas von dem roten Wein?«
Morwena schüttelte den Kopf.
»Ich mach mir nichts daraus«, sagte sie und lächelte ihm aufmunternd zu. »Aber lass dich von mir nicht abhalten, Paravain. Ein Becher oder zwei können nicht schaden.«
Der Ritter erwiderte ihr Lächeln. »Dann bin ich ja beruhigt. Du musst es ja wissen!«
Paravain griff sich den Becher, nahm einen Schluck und stellte die Karaffe zurück auf die Kommode. Langsam schritt er zum Fenster. Nachdenklich schaute er hinaus in die Dunkelheit, die sich über die weite Hochebene von Calderan gesenkt hatte. Der Himmel war wolkenlos, und nichts behinderte den Blick auf die beiden Monde von Aventerra. Der Menschenstern leuchtete prall und blau wie immer. Der Goldmond hingegen war fahl, denn er hatte erst den halben Weg bis zum Zenit zurückgelegt. Sieben Tage würden vergehen, bis er wieder in vollem Glanz erstrahlte.
Sieben Tage.
Genau sieben Tage blieben noch, um den Kelch der Erleuchtung zu finden, eine winzige Zeitspanne nur im Vergleich mit den nahezu dreizehn Monden, seit denen die Verbündeten auf dem Menschenstern schon nach dem Kelch suchten. All ihre Bemühungen waren vergeblich gewesen, und eine bange Frage stieg in dem jungen Ritter auf: Wenn es ihnen in dieser langen Zeit nicht gelungen war, den Kelch zu finden, wie durfte er dann darauf hoffen, dass ihre Suche in diesen sieben Tagen Erfolg haben sollte? War die Sache nicht aussichtslos und alles Hoffen umsonst?
Paravain ließ den Blick über die nächtliche Ebene schweifen. Wenn er sich nicht täuschte, dann hatten die Schwarzen Nebel schon wieder an Boden gewonnen. Bereits die Hälfte der Hochebene war von einer undurchdringlichen Nebelbank bedeckt, die sich hoch zum Himmel auftürmte - wie ein riesiges unheimliches Tier, das sich zum Angriff bereit machte. Doch Paravain wusste auch so, was jenseits der Nebel lauerte.
Das Ewige Nichts.
Ein kalter Schauer lief über den Rücken des Ritters. Obwohl die Schwarzen Nebel noch ein gutes Stück von der Gralsburg entfernt waren, konnte er die Kälte, die von ihnen ausging, bereits deutlich spüren.
Paravain hörte leise Schritte. Morwena blieb neben ihm stehen und schaute ebenfalls hinaus in die Nacht. Ihr Gesicht war ausdruckslos, während sie die Schwarzen Nebel betrachtete. Dann legte sie dem Ritter eine Hand auf die Schulter und sah ihn mit großen Augen an.
»Du hast Angst - nicht wahr?«
Paravain zögerte mit der Antwort. Schließlich nickte er und sagte: »Sosehr ich auf das Licht vertraue, Morwena - aber wenn nicht bald etwas geschieht, dann gibt es keinerlei Hoffnung mehr! Schließlich -«
Das Geräusch der sich öffnenden Tür ließ ihn abbrechen und sich umdrehen. Alienor, Morwenas Elevin, verließ mit einer großen Schüssel die Schlafkammer Elysions und strebte fast geräuschlos
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