Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
der so durchdringend war, dass er Laura bis ans Herz fuhr. Ein unkontrolliertes Schütteln erfasste den feisten Leib des Katers. Er wandte sich von der Pfütze ab, tapste schwerfällig zu seinem Herrn und maunzte gotterbärmlich.
Mit schreckgeweiteten Augen starrte Albin Ellerking auf den Kater, reglos und offenbar unfähig zu begreifen, was seinem Liebling widerfuhr. Es musste etwas Grausames sein, denn der Gärtner schloss schließlich die Augen. Dann endlich konnte auch Laura sehen, was mit Groll vor sich ging: Das Katzenvieh faulte bei lebendigem Leibe! So als würde eine ätzende Säure es von innen her auflösen, fraßen sich rasch größer werdende Löcher in sein rostbraunes Fell, und das darunter liegende Gewebe hatte sich bereits in fauliges Fleisch verwandelt, das einen ekelerregenden Aasgestank verströmte.
Albin Ellerking heulte vor Schmerz, und zum ersten Male konnten die Freunde seine Stimme hören. Sie war dünn und piepsig wie die eines altersschwachen Wichtes. »Nein! Nein!«, zeterte der Gärtner wie von Sinnen, stürzte zu seinem Kater, barg ihn in seinem Arm und flüchtete mit ihm ins Dunkel der Nacht. Die Krähen am Himmel folgten ihnen. Der riesige Schwarm drehte ab und war augenblicklich spurlos verschwunden.
Laura schien unter Schock zu stehen. Es war aber nicht allein das Schicksal des Katers, das sie bewegte. Ihr war auch schlagartig klar geworden, auf welch hinterhältige Weise Dr. Quintus Schwartz sie hinters Licht geführt hatte.
»Was war ich nur für ein Idiot!«, murmelte sie und schüttelte ungläubig den Kopf. »Jetzt weiß ich auch, warum er zugelassen hat, dass ich seine Gedanken lesen konnte!«
Lukas und Kaja blickten Laura verständnislos an. »Was ... was meinst du damit, Laura?«, fragte Lukas schließlich.
»Dr. Schwartz hat mich ganz übel reingelegt. Er hat sofort durchschaut, dass ich nur deshalb zu ihm gekommen bin, weil ich seine Gedanken lesen wollte. Darum hat er vorgetäuscht, dass sie den Kelch der Erleuchtung in Reimars Schatzkammer versteckt hätten. Und dabei hat er ganz genau gewusst, dass wir ihn dort gar nicht finden würden, sondern -«
Laura brach ab und starrte mit wachsendem Entsetzen auf das goldene Gefäß in ihrer Hand.
»Sondern, was?« Kajas Stimme überschlug sich vor Ungeduld.
»Sondern ... die Kopie des Gralskelches mit dem tödlichen Elixier!«, flüsterte Laura kaum hörbar, und dann schleuderte sie den falschen Kelch voller Abscheu von sich.
Das Gefäß schlug im Gebüsch auf, und der Inhalt ergoss sich über Äste und Zweige. Sogleich war ein leises Zischen zu hören. Rauch stieg auf, und die Freunde bemerkten schockiert, dass das Strauchwerk schrumpfte und schon wenig später wie wegradiert war.
»Oh, nö!« Kaja schüttelte schaudernd den Kopf und wandte sich an die Freundin. »Und wo ist der echte Kelch?«
Laura schlug leicht genervt die Augen zum Himmel. »In der Gruft - wo denn sonst?«
»Ist doch logosibel, oder?«, fügte Lukas hinzu.
»Ja, klar!«, antwortete Kaja schnell. »Hab ich mir doch gleich gedacht!« Dann aber nahm ihr Gesicht wieder einen nachdenklichen Ausdruck an. »Und - die Pforte, wo ist die?«
»Mensch, Kaja, jetzt stell dich doch nicht dümmer an, als
du bist!« Die Begriffsstutzigkeit der Freundin schien Laura allmählich zu nerven. »Um das herauszufinden, wollten wir doch zum Professor - schon vergessen?«
»Nein, nein, natürlich nicht«, beeilte sich die Rothaarige zu versichern.
Bevor Lukas sticheln konnte, bedeutete Laura ihm mit einem warnenden Blick, es lieber zu lassen - das war nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt!
»Los, kommt!«, kommandierte Laura und wandte sich zum Gehen. Im nächsten Augenblick aber blieb sie schon wieder stehen. »Moment mal«, sagte sie und schaute den Bruder fragend an. »Wo genau in der Gruft hast du diese zweite Blüte gefunden?«
»In dem Schrein, in dem der Kelch stand. Von dem wir damals angenommen haben, dass es sich um die Nachbildung des Grals handeln würde. Der Stiel der Blüte hatte sich in einer Verzierung verfangen.«
»Verfangen, sagst du?«
»Exaktenau.«
Laura zog die Stirn kraus. »Wisst ihr, was das bedeutet?«, fragte sie dann.
»Ich ahne, worauf du hinauswillst«, antwortete Lukas und stupste die verrutschte Brille von der Nasenspitze zurück.
»Ist doch nahe liegend, oder? Die einzige Stelle, an der die Alamania punicea miraculosa wächst, ist die Insel im Drachensee«, erklärte Laura, »und wenn sich eine ihrer Blüten an dem Kelch
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