Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
seinem Boris-Becker-Wimbledon-Matchball-Ball mochte er sich nicht trennen.
Nicht um alles in der Welt.
D er Hüter des Lichts stöhnte. Der alte Mann lag auf dem Lager in seiner Schlafkammer und wirkte erschöpft. Das Fieber trieb ihm den Schweiß aus allen Poren. Das Laken, das ihn einhüllte, war erst vor wenigen Augenblicken gewechselt worden, und dennoch war es bereits wieder völlig durchnässt.
Ritter Paravain saß auf einem Holzschemel neben dem Lager seines Herrn. Er hatte seine lederne Rüstung abgelegt und trug nur einen leichten, mit roten Ornamenten verzierten Umhang über dem schlichten weißen Gewand. Er musterte den alten Mann voller Sorge.
Paravain fühlte, dass seine Verzweiflung wuchs. Ging jetzt alles zu Ende? War all sein Trachten und Streben vergeblich gewesen? Seit er an seinem dreizehnten Geburtstag an die Gralsburg gerufen worden war, wo er seine Ausbildung zum Ritter erfuhr, hatte er für die Sache des Lichts gekämpft. In unzähligen Schlachten und Kämpfen hatte er sich den Schwarzen Mächten entgegengestellt. Und immer wieder war es ihm und seinen Männern gelungen, die Angriffe der Dunklen Heere abzuwehren und sie zurückzuschlagen. Sollte nun alles umsonst gewesen sein?
Paravain machte sich Vorwürfe, und das bittere Gefühl der Schuld nagte an ihm. Er und niemand sonst war für das Wohl seines Herrn verantwortlich. Auch wenn er seine Aufgabe über all die Jahre ohne Fehl und Tadel ausgeführt hatte - jetzt hatte er versagt. Das Unfassbare war geschehen: Pestilenz, das Schwert des Bösen, hatte dem Hüter des Lichts eine Wunde zugefügt - und er, der Anführer der Leibgarde, hatte es nicht verhindern können. Und was noch viel schlimmer war -
Das Klopfen an der Tür schreckte den Ritter aus seinen trüben Gedanken. Paravain richtete sich auf. »Ja?«
Als die Türe geöffnet wurde und Paravain seinen Knappen Alarik auf der Schwelle erblickte, erhob er sich rasch. »Warte draußen, ich komme!«
Alarik sollte Elysion nicht sehen. Er brauchte nicht zu wissen, wie es um ihren Herrn stand. Er war noch zu jung, um die schlimme Wahrheit zu verkraften, fand Paravain. Er würde sich nur ängstigen - und helfen konnte Alarik ohnehin nicht.
Paravain trat aus der Kammer, schloss die Tür hinter sich und sah den Jungen fragend an.
Mit einer knappen Verbeugung sagte Alarik: »Ich habe eine Nachricht für Euch, Herr - Pfeilschwinge ist aus den Nebellanden zurückgekehrt. Er hat Morwena Eure Botschaft überbracht.«
»Vielen Dank, Alarik«, antwortete der Ritter mit einem sanften Lächeln. »Du kannst dich zurückziehen. Aber vorher bitte deine Schwester, noch einen Tee für den Hüter des Lichts zu bereiten.«
»Sehr wohl, Herr.« Der Knappe deutete wieder eine Verbeugung an und ging davon. Seine Schuhe aus weichem Leder machten fast kein Geräusch auf den Steinfliesen.
Paravain begab sich in Elysions Kammer zurück und ließ sich wieder am Lager seines Herrn nieder. Der Zustand seines Herrn war unverändert. Sorgenvoll starrte der Ritter vor sich hin und verfiel erneut ins Grübeln. Dass Morwena nicht in der Gralsburg weilte, war geradezu entsetzlich.
Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem sie am dringendsten gebraucht wurde, stattete die Heilerin von Hellunyat ihrem Vater Rumor, dem König der fernen Nebellande, einen Besuch ab. Dieser hatte vor Tagen einen Boten zu ihr geschickt und sie darum gebeten. Morwena war die Einzige, die Elysion vielleicht zu helfen vermochte. Zweifellos war sie umgehend aufgebrochen, um schnellstmöglich nach Hellunyat zurückzukehren, als Pfeilschwinge ihr Paravains Botschaft überbracht hatte. Aber selbst auf dem schnellsten Reittier würde sie mehrere Tage für die Reise benötigen. Zudem würden die Schwarzen Mächte alles Erdenkliche unternehmen, um Morwenas Rückkehr zu verzögern oder gar zu verhindern. Gut möglich also, dass sie zu spät kommen würde ...
Der Gedanke war so schrecklich, dass Paravain nicht wagte, ihn zu Ende zu denken. Wenn das Undenkbare tatsächlich eintreten sollte, waren die Mächte des Bösen nicht mehr aufzuhalten - und das wäre dann das Ende. Aventerra würde untergehen, und auch der Menschenstern wäre dem Untergang geweiht. Die Herrschaft des Ewigen Nichts würde anbrechen.
Ritter Paravain straffte sich. Nein! Das durfte nicht geschehen. Niemals!
Wieder ließ der Hüter des Lichts ein leises Stöhnen hören. Seine weißen Haare waren feucht, und die Schweißtropfen auf seiner Stirn glänzten im Licht der Kerzen wie
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