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Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde

Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde

Titel: Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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ihre Schandtaten entgangen. Was mit Reimar geschehen ist, weißt du ja. Er wurde von Silva verflucht und verfaulte bei lebendigem Leibe. Es heißt, dass er bis heute keine Ruhe gefunden hat.«
    »Und der Henker?«
    »Er hat zwar ein Jahr länger gelebt als der Grausame Ritter und ist in seinem Bett gestorben –«
    »1156?«, unterbrach Laura den Bauern.
    »Wieso?«
    »Der Henker muss im Jahr 1156 gestorben sein«, erklärte das Mädchen. »Das Sterbejahr des Ritters war bekanntlich 1155.«
    »Du hast ja aufgepasst im Geschichtsunterricht!« Nikodemus Dietrich grinste anerkennend. »Aber wie auch immer – der Tod des Henkers soll ebenfalls fürchterlich gewesen sein. Im Fieberwahn sah er nämlich all die unschuldig Hingerichteten vor seinem Bett aufmarschieren. Sie wollten sich überzeugen, dass seine Seele auch dahin wanderte, wohin sie gehörte: in die Hölle. Darüber hat der Mann vollends den Verstand verloren. Er ist jämmerlich zugrunde gegangen. Seither erzählt man sich, er habe nach seinem Tod keine Ruhe gefunden und treibe als Wiedergänger sein Unwesen.«
    »Als Wiedergänger? Was soll das denn sein?«
    »Ein Untoter. Ein Mensch, der aus dem Jenseits als eine Art Vampir oder Zombie auf die Erde zurückkehrt.«
    Laura verzog das Gesicht und musterte den Bauern skeptisch. »Das ist doch nur ein Märchen, oder?«
    Nikodemus legte die Stirn in Falten. »Ich weiß es nicht, Laura. Die Menschen in der unmittelbaren Umgebung von Ravenstein haben zumindest über Jahrhunderte daran geglaubt. Und jedes Mal, wenn der Rote Tod gesehen wurde, hat es kurz darauf in der Gegend Mord oder andere Gräueltaten gegeben. Das berichten zumindest viele alte Chroniken.«
    »Und wenn schon – die Menschen haben sich doch seit jeher die Köpfe eingeschlagen oder sich Übles angetan. Dazu braucht man doch keinen Untoten!«
    Nikodemus Dietrich zog sinnierend an seiner Pfeife und übersah Lauras herausfordernden Blick. Nur die Pferde waren im Stall zu hören, das Stampfen ihrer Hufe und das Mahlen der kräftigen Kiefer. Schließlich nahm der Bauer die Pfeife aus dem Mund. »Wie dem auch sei – im Dorf ist man sich ganz sicher, dass der Rote Tod wieder aufgetaucht ist!«
    Laura schaute den Bauern immer noch zweifelnd an. »Wie war eigentlich der richtige Name des Mannes?«
    »Keine Ahnung. Die Leute haben ihn immer nur den Roten Tod genannt. Man hat die Henker nie mit ihrem Namen angeredet, weil man geglaubt hat, dies bringe Unglück. Daran hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert.«
    »Tatsächlich?« Noch immer schien Laura dem Bauern nicht so recht Glauben zu schenken. »Wo will man diesen… ähm… Wiedergänger denn beobachtet haben?«
    »Nicht weit vom Alten Schindacker – du kennst doch das Flurstück in der kleinen Senke hinter dem Wolfshügel?«
    Laura nickte. Während ihrer Ausritte mit Sturmwind war sie schon häufig dort vorbeigekommen. Es war unfruchtbares Brachland, das von Brombeerranken und Wacholderbüschen überwuchert war.
    »Zu Reimars Zeiten wurden dort die Kadaver der verendeten Tiere verscharrt – Kühe, Pferde, Hunde und Katzen. Auch die Überreste der Schafe und Ziegen, die von Wölfen gerissen wurden. Wölfe waren damals noch zahlreich in unserer Gegend. Auf diesem Schindacker liegt auch Reimars Henker begraben.«
    »Wieso das denn?«
    »Weil der Dorfpriester sich strikt geweigert hat, ihn auf dem Friedhof beizusetzen. Ein Mensch, der sich derart mit Sünde beladen habe und ohne die Gnade der Heiligen Sakramente gestorben sei, dürfe nicht in geweihter Erde ruhen, behauptete er. Deshalb verscharrte man den Roten Tod mitten unter den Viechern – was nach dem Volksglauben der Grund dafür ist, dass er keine Ruhe finden konnte.«
    Das Mädchen sah den Bauern zweifelnd an.
    »Du kannst darüber denken, wie du willst, Laura. Tu mir nur den Gefallen, und halt die Augen offen. Sei vorsichtig, wenn du am Alten Schindacker vorbeikommst – versprochen?«
    »Versprochen.« Laura rang sich ein Lächeln ab. »Ich halte immer die Augen auf. Vorsichtig zu sein kann ja nie schaden, zumal ich den Kelch noch nicht nach Aventerra zurückgebracht habe.«
    Nikodemus Dietrich erwiderte ihr Lächeln. Doch als Laura Sturmwind aus der Box führte, erstarb jede Freude in seinem Gesicht. Während das Mädchen den Hengst sattelte, musterte er es besorgt, als habe er Angst, es nie wiederzusehen.
    Es war ein wunderbarer Ritt. Sturmwind flog dahin wie eine Feder. Laura überließ sich ganz dem Rausch des Reitens. Die

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