Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
es so still, dass nur noch das Brummen einer Fliege zu hören war, die über Pinkys Haupt kreiste. Quintus Schwartz erhob die Stimme. »Keine Angst, ich will euch nicht mit einer langen Rede nerven«, sagte er mit einem Lächeln, das durchaus charmant gewesen wäre, wenn seine eiskalten Augen diesen Eindruck nicht umgehend zunichte gemacht hätten. »Wie die meisten sicherlich schon bemerkt haben, wird gerade ein großes Areal in unserem Park abgesperrt. Der Grund ist ganz einfach: Eine international renommierte Archäologin glaubt ernsthafte Hinweise gefunden zu haben, dass auf diesem Gelände möglicherweise bedeutende und überaus wertvolle historische Relikte vergraben sind, die uns Aufschluss über die Geschichte unserer Gegend liefern könnten. Deshalb wird sie mit ihrem Team dort umgehend mit Ausgrabungsarbeiten beginnen. Sicherlich wird jeder von euch verstehen, dass der abgesperrte Bereich wegen der großen wissenschaftlichen Bedeutung des Unternehmens ab sofort von keinem Unbefugten mehr betreten werden darf. Das Archäologenteam besitzt das Hausrecht für das Gelände und wird notfalls auch davon Gebrauch machen – und wir werden jeden Verstoß gegen das Verbot gemäß der Schulordnung ahnden, die jedem von euch ja hinlänglich bekannt sein dürfte.« Dr. Schwartz lächelte und richtete den Blick genau auf Laura, als wolle er sagen: Das betrifft insbesondere dich! Dann fügte er, immer noch lächelnd, hinzu: »Allerdings vertraue ich auf eure Einsicht und eure Vernunft und hoffe, dass wir zu derlei Maßnahmen nicht gezwungen sein werden. Vielen Dank!«
»Nä, ne!«, machte Franziska Turini sich am Nachbartisch Luft. »Der Typ hat vielleicht Sorgen! Was soll ich denn ausgerechnet im ödesten Teil des Parks!«
»Sie hat Recht!« Magda Schneider, die an Lauras Tisch saß, beugte sich zu den Geschwistern herüber. »Was gibt es da schon groß zu sehen, zum Geier? Ein paar Bäume und Büsche und sonst nichts als langweiligen Rasen. Nee – da kann ich gerne drauf verzichten!« Damit wandte das Mädchen, das fast ebenso blond wie Laura war, sich wieder dem Frühstück zu.
Den übrigen Schülern schien es ähnlich zu gehen. Wohin Laura auch schaute: Nicht einer schien sich über die Ankündigung des Direktors zu ärgern, alle waren längst zur Tagesordnung übergegangen.
Auch am Lehrertisch war nicht eine Spur von Verwunderung zu entdecken. Selbst Mary Morgain und Percy unterhielten sich angeregt und schienen sich keinerlei Gedanken über die Worte des Dunklen zu machen. Offensichtlich empfanden sie nicht den leisesten Argwohn.
Seltsam, dachte Laura. Warum verhalten sich die beiden diesmal so passiv? Als hätten die Dunklen aufgehört zu existieren. Als sei die Gefahr, die von ihnen ausgeht, bereits gebannt. Als hätte Borboron seinen immerwährenden Kampf gegen die Krieger des Lichts eingestellt. Und warum lässt Professor Morgenstern sich überhaupt nicht mehr blicken? Warum verhält er sich so widersprüchlich? Warum hatte er ihrem Verdacht, dass die Dunklen einmal mehr Böses im Schilde führten, zwar zugestimmt, unterstützte sie aber dennoch nicht im Geringsten? Ganz im Gegensatz zu früher, als er ihr mit seinem Rat zur Seite gestanden hatte, wo und wann immer es ging. War auch er blind geworden für das Unheil, das sich über ihnen zusammenbraute?
Das konnte doch nicht sein – oder?
»Hallo!« Lukas wedelte mit einer Hand vor ihrem Kopf herum. »Ist da jemand zu Hause?«
Laura zuckte zusammen. »Sorry! Ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?«
Der Bruder schenkte ihr einen schrägen Blick. »Ich habe vorgeschlagen, dass wir uns nach dem Unterricht bei mir treffen, um uns mit Bertruns Hinweisen zu beschäftigen.« Er grinste. »Oder wolltest du lieber ins Kino gehen? Mit Mr. Cool?«
»Blödmann!«, herrschte Laura ihn an, konnte aber nicht verhindern, dass ihr das Blut in den Kopf schoss. Wie von selbst wanderte ihr Blick zu Philipp, der zwei Tische entfernt saß. Als er merkte, dass sie ihn anschaute, lächelte er und machte ein unauffälliges Handzeichen. Hallo, Laura!
Sofort wandte sie sich ab. »I… I… Ist okay, Lukas!«, stotterte sie schnell. »Nach dem Unterricht bei dir.« Dann löffelte sie sich Cornflakes in den Mund.
Am Lehrertisch hob Rebekka Taxus den Kopf und sah Philipp Boddin aus schmalen Augen an. Dann nahm sie die zwei Tische von ihm entfernt sitzende Laura ins Visier. Plötzlich lächelte die Dunkle, und ein Ausdruck der Zufriedenheit erhellte ihr Gesicht.
A larik
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