Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
um, der voller Farbtöpfe und Malerutensilien war. Die Töpfe und Gerätschaften kullerten über die Steinfliesen und brachten die Skelettritter aus dem Tritt. Doch das verzögerte ihren Vormarsch nur so lange, bis sie schwerfällig über das Durcheinander gestiegen waren.
Schon befanden sie sich direkt neben dem Regal, hinter dem die Geschwister sich versteckt hatten – und da kam Laura eine Idee. »Halt sie irgendwie auf, Lukas, nur für einen kurzen Moment«, zischte sie. »Dann haben wir vielleicht doch noch eine Chance!«
Lukas reagierte schnell. Hastig nahm er eine Tuchrolle nach der anderen aus dem Regal und schleuderte sie der feindlichen Meute entgegen. Lauras Beispiel folgend, stürzte er Tische, Hocker und Staffeleien um, wodurch sich der Vormarsch der Angreifer verzögerte.
Das Mädchen aber hatte sich in die hinterste Ecke des Raumes zurückgezogen. Es konzentrierte sich und verbannte alle störenden Gedanken aus dem Kopf. Laura dachte nicht mehr an den Bruder, nicht mehr an die Angreifer und schon gar nicht an ihren Vater und oder das zu findende Schwert. Ihre Gedanken galten einzig und allein den Stoffballen und Seil- und Taurollen in dem Regal neben den Rittern. Wie gebannt starrte sie auf die Tücher und Borten, um der leblosen Materie ihren Willen aufzuzwingen. »Gehorcht mir!«, befahl sie im Stillen. »Fügt euch der Macht des Lichts, und unterwerft euch der Kraft meiner Gedanken!«
Bardolf und seine Kumpane waren kaum mehr als zwei Schwertlängen von ihnen entfernt, als es endlich geschah: Wie von Geisterhand bewegt, kam Leben in die Ballen. Lauras fantastischen Kräften gehorchend, entrollten sich die Stoffe, schwebten durch den Raum und schlangen sich um die Rüstungen. Die Stricke und Seile, Borten und Taue taten es ihnen gleich. Wie dicke Luftschlangen zischten sie auf die Skelettritter zu, schlängelten sich zwischen deren Beinen hindurch, wickelten sich um die Rüstungen und die Schwertarme. Nicht lange, und die vier waren in ein heilloses Durcheinander verstrickt. Ihre Bewegungen erstarben. Schließlich verloren sie das Gleichgewicht und stürzten zu Boden, wo sie mit dumpfem Scheppern auf den Steinfliesen landeten.
»Klasse, Laura! Superklasse!«, jubelte Lukas. »Du hast es geschafft! Du hast sie besiegt!«
Laura war zu erleichtert, um zu antworten. Sie fühlte sich erschöpft, leer und ausgelaugt. »Komm«, brachte sie nur hervor. »Nichts wie weg!«
Sie machten einen weiten Bogen um die sich am Boden windenden Skelettritter. Obwohl die Schurken verzweifelt bemüht waren, sich ihrer Fesseln zu entledigen, würde es sicherlich noch einige Zeit dauern, bis sie sich befreit hatten. Bis dahin konnten Bardolf und seine wüsten Kumpane ihnen nicht mehr gefährlich werden.
Bardolf der Starke musste sich damit begnügen, ihnen eine Drohung hinterherzuschreien. »Glaubt bloß nicht, dass ihr mir entkommen könnt, ihr verdammten Bälger!«, tönte es aus seinem hohlen Schädel. »Wir werden uns wiedersehen – und dann werde ich dich kalt machen, so wahr mir der Teufel helfe!«
Z itternd wie Blätter im Wind starrten die Traumspinner auf den geflügelten Drachen mit zwei Köpfen, der fauchend auf dem Dorfplatz thronte. Von seinem Rücken glitt der scharlachrot gewandete Fhurhur herab und hastete eilfertig auf den Schwarzen Fürsten zu, der ihn ungeduldig erwartete.
Auch der Schwarzmagier verneigte sich vor seinem Herrscher. »Zu Diensten, Herr!«
»Es wurde auch höchste Zeit«, erklärte Borboron grimmig, bevor er sich wieder dem Meister zuwandte und mit einer Kopfbewegung auf Madame Fantasa und die Lehrlinge deutete. »Sind das deine Eleven?«
Zum ersten Male ließ Orplid eine Gefühlsregung erkennen: Seine Augenlider flatterten. »Wieso wollt Ihr das wissen?«
Die Augen des Tyrannen wurden schmal. »Antworte!«, donnerte er.
»Ja, Herr.«
»Welcher ist dir der liebste von allen?«
»Der liebste?« Orplid schien darüber nachzusinnen, was Borboron im Schilde führte. »Das zu entscheiden ist mir unmöglich, Herr«, sagte er schließlich. »Sie sind mir nämlich alle gleich lieb.«
Der Schwarze Fürst verzog das Gesicht. »Dann will ich es dir leichter machen: Welcher geht am längsten bei dir in die Lehre, und welcher zeigt die größte Begabung?«
»Nun…« Der Meister deutete auf den ältesten seiner Zöglinge. »Glitsch dort ist der erfahrenste und Somni der mit den meisten Talenten.« Womit er auf den Dreistängelhoch zeigte.
»Gut!« Borboron erteilte dem Fhurhur
Weitere Kostenlose Bücher