Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
niischt falsch, ‘err Direktor.« Mit besorgtem Gesicht wandte er sich an den Mann mit der grauen Löwenmähne, der kerzengerade auf einem Stuhl am runden Tisch saß. »Aber allmaliisch frage iisch misch, ob wir niischt lieber eingreifen und Laura unterstützen sollten.« Er blickte die junge Frau an, die dem Professor gegenübersaß. »Was meinst du, ‘olde Mary?«
Miss Mary Morgain nickte zustimmend. »Ich weiß, wir haben uns das alles gut überlegt und sind einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass Laura diesmal möglichst ohne uns auskommen sollte. Allerdings hätte ich mir nie träumen lassen, dass sie sich so schwer tut mit ihrer Aufgabe. Mit ansehen zu müssen, wie sehr sie auf der Stelle tritt, bricht mir fast das Herz. Und deshalb meine ich, wir sollten unsere Entscheidung noch einmal überdenken.«
Der Professor seufzte, während er sich erhob. Er stützte die Hände auf den Tisch und starrte eine Weile nachdenklich auf das Rad der Zeit. »Ich weiß, wenn man einen Menschen gern hat, möchte man ihm beistehen, wann immer man kann.«
»Fürwa’r, i’r sprescht mir aus der Seele«, rief Percy Valiant aus. »Und deswegen sollten wir Marys Vorschlag – «
Eine rasche Geste des Professors schnitt ihm das Wort ab. »Auch mir fällt es nicht leicht, tatenlos hinzunehmen, dass Laura mit schier unüberwindlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Und dennoch: Wir dürfen unseren Kurs nicht ändern. Wir würden ihr damit keinen Gefallen erweisen. Sie muss lernen, auf sich selbst zu vertrauen und auf die Kräfte, die ihr verliehen wurden. Aber das kann sie nur, wenn wir uns so lange wie möglich zurückhalten.«
»Aber…« Miss Mary schluckte. »Was machen wir denn, wenn sie überhaupt nicht weiterkommt? Wie es jetzt aussieht, haben die Dunklen diesmal wirklich leichtes Spiel mit ihr.«
»Wie wa’r, wie war!«, kommentierte der Sportlehrer bitter. »Isch kann die Visage von Quintus Schwartz, die vor Selbstgefälliischkeit nur so strotzt, kaum noch ertragen. Und Pinkys über’ebliisches Grinsen schon gar niischt. Des’alb plädiere iisch dafür, diesen Kreaturen umge’end eine Lektion zu erteilen, die sie bis an i’r Lebensende niischt mehr vergessen werden.«
»Als ob das so einfach wäre!« Der Professor schaute die jungen Leute eindringlich an. »Seid ihr wirklich davon überzeugt, dass wir nicht die gleichen Schwierigkeiten hätten wie Laura und ihre Freunde?«
Miss Mary strich sich das kastanienfarbene Haar aus der Stirn. »Acht Augen sehen doch mehr als zwei, und vier Hirne arbeiten besser als eines.«
»Insbesondere, wenn man siisch gegenseitiisch unterstützt, die unterschiedlischsten Kenntnisse und Faiischkeiten bündelt und sie einem gemeinsamen Ziel unterordnet«, ergänzte Percy.
»Natürlich.« Morgensterns zerfurchtes Gesicht zeigte ein wissendes Lächeln. »Versteht mich bitte nicht falsch: Jedem von euch steht die Entscheidung frei. Wenn ihr Laura unbedingt helfen wollt, dann will ich euch das nicht verbieten. Ihr solltet dabei nur bedenken, dass ihr dem Mädchen damit ganz bestimmt keinen Gefallen tut. Wenn Laura diese Aufgabe nicht lösen kann, dann wird sie der weit größeren, die ihr bevorsteht, erst recht nicht gewachsen sein. Und bei der kann ihr wirklich keiner von uns zur Seite stehen – selbst wenn wir uns das noch so sehr wünschen würden.«
Ü berrascht fuhr Alarik hoch – und da erst bemerkte er den Farnwedel, der sich wie der Arm eines Kraken um seinen Knöchel geschlungen hatte.
»Schnell weg, schnell weg!«, befahl ihm das gellende Stimmchen.
Der Knappe sprang auf und wollte flüchten, doch der graugrüne Fangarm hielt ihn unerbittlich fest. Mit ungeahnten Kräften zog er ihn in die Richtung der anderen Wedel, die gierig nach ihm fingerten. Schon wollten auch sie zupacken, als Alarik den Dolch aus dem Gürtel zog und mit einem schnellen Hieb die Fessel durchtrennte. Hastig sprang er zur Seite und beobachtete mit maßlosem Schrecken, wie seine Decke von den Wedeln gepackt wurde und blitzschnell in ihrem Inneren verschwand. Unmittelbar darauf war lautes Schmatzen zu vernehmen.
»Oh, oh!«, erklang da erneut das Stimmchen in Alariks Rücken. »War das knapp, war das knapp!«
Der Junge fuhr herum und erblickte das seltsamste Wesen, das ihm jemals begegnet war. Es stand keine Sekunde still, sondern hüpfte unablässig hin und her. Zunächst glaubte Alarik einen blauen Ball mit dünnen Beinchen vor sich zu haben. Beim näheren Hinsehen jedoch bemerkte er,
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