Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
sonst?«
Der Bruder schnaubte verächtlich. »Du willst unter allen Umständen beweisen, dass deine fixe Idee richtig ist. Dass der Professor sich getäuscht hat und dieses Schwert tatsächlich etwas ganz Besonderes darstellt. Deshalb klammerst du dich an jeden Strohhalm, auch wenn du längst weißt, dass du dich auf dem Holzweg befindest.«
»Unsinn!«, zischte Laura wütend und wollte eben zu einer weiteren Erläuterung ansetzen, als ihr Blick aus dem Fenster fiel – und da meinte sie ihren Augen nicht zu trauen: Der Mann mit dem bleichen Gesicht und den feuerroten Haaren, der sich in den Eingang eines Gebäudes drückte, war unverkennbar Konrad Köpfer!
Der spurlos verschwundene Mörder.
Der Wiedergänger
K apitel 10 Finstere
Gedanken
larik fand Morwena in der Kräuterküche der Gralsburg. Die Heilerin stand am Arbeitstisch vor dem offenen Fenster und zerkleinerte getrocknete Heilpflanzen – Hustenmiere, Tränenschreck und Wurmklee –, um Arzneitees daraus zu mischen. Das warme Licht der Frühlingssonne erhellte ihr hübsches Gesicht, das von kastanienfarbenem Haar gerahmt wurde. Rasch gesellte der Knappe sich zu ihr und sprach sie an. »Entschuldigt die Störung – aber dürfte ich Euch eine Frage stellen?«
Ohne ihre Arbeit zu unterbrechen, wandte die junge Frau ihm den Kopf zu. »Aber natürlich, Alarik. Nur wer wissbegierig ist, lernt dazu, und so ist Neugier das Privileg der Jugend.«
Alarik wusste ihr freundliches Lächeln nicht richtig zu deuten. Machte sie sich über ihn lustig? Oder wollte sie ihn nur ermuntern? Wie auch immer: Von Elysion einmal abgesehen würde nur die Heilerin ihm seine Frage beantworten können, und so fasste er sich ein Herz. »Äh… Ist es richtig, dass wir den Bewohnern des Menschensterns mit Hilfe der Erleuchtlinge Botschaften übermitteln können?«
Morwena schien nun doch überrascht. Sie legte das Büschel Güldenkraut aus der Hand und blickte den Knappen forschend an. »Wieso möchtest du das wissen?«
»Ach – nur so«, antwortete Alarik gedehnt. »Es interessiert mich eben.« Dann fügte er verschmitzt hinzu: »Zudem ist Neugier das Privileg der Jugend.«
Mit gespieltem Ernst drohte Morwena ihm mit dem Finger. »Mach dich bloß nicht lustig über mich, du durchtriebener Kerl!«
»Wo denkt Ihr hin! Nun – ist es möglich oder nicht?«
»Natürlich ist es möglich.« Die Heilerin griff sich ein neues Kräuterbüschel, um es mit dem scharfen Messer zu zerhacken. »Schließlich ist das die ureigenste Aufgabe der Erleuchtlinge, die von den Traumspinnern gehegt und gepflegt werden.«
»Ihr meint die seltsamen Wesen, die im Traumwald leben?«
»Gewiss. Seit Anbeginn der Zeiten stehen sie im Dienste des Lichts. Es ist ihre Aufgabe, mit Hilfe dieser Erleuchtlinge den schlafenden Bewohnern unseres Schwestersterns Botschaften zu übermitteln, die von den Menschen ›Träume‹ genannt werden. Diese Träume sollen ihnen helfen, zu ihrem wahren Selbst zu finden und den Sinn des Lebens zu erkennen. Allerdings ist die Aufgabe der Traumspinner immer schwieriger geworden im Laufe der Zeit.«
»Warum denn das?«, wunderte sich der Junge.
»Immer weniger Menschen sind bereit, sich mit diesen echten Träumen zu beschäftigen. Sie begnügen sich lieber mit den vorgefertigten Träumen, die ihnen von ihresgleichen vorgegaukelt werden. Die erfordern nämlich kein langes Nachdenken und müssen nicht mühsam entschlüsselt werden, weil sie einfach und banal sind.«
»Und weiter?«
»Liegt es in der Natur der Erleuchtlinge, unstet und flüchtig zu sein. Und so kommt es häufig vor, dass sie unterwegs verloren gehen oder die Orientierung verlieren.«
»Aber einige Erleuchtlinge erreichen trotzdem ihr Ziel, oder?«
»Natürlich. Deswegen gibt es ja immer noch Menschen, die träumen, und ich bin sicher, dass sich daran auch bis zum Ende der Welten nichts ändern wird. Schwierig wird es nur, wenn man einem bestimmten Menschen eine ganz bestimmte Botschaft übermitteln will.«
Unverständnis zeichnete das Gesicht des Jungen. »Und wieso?«
»Wie ich schon erwähnt habe: Nicht immer erreichen die Erleuchtlinge das richtige Ziel. Und deshalb müssen diese Botschaften stets verschlüsselt werden, was ebenfalls den Traumspinnern obliegt!«
»Verschlüsselt?«
»Ja. Es könnte doch sein, dass sie nicht bei unseren Verbündeten, sondern bei unseren Feinden landen. Nicht auszudenken, wenn diese so in den Besitz wichtiger Geheimnisse gelangen würden, oder?«
»Ach, so.« Ein
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