Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Blick mit seiner Begleiterin, bevor er auf die Verletzte zueilte. »Wie ist das denn passiert?«
»Als ob das von Belang wäre!«, herrschte die schwarzhaarige Frau den sich untertänig verneigenden Mann an, bevor sie etwas sanfter hinzufügte: »Ich bin selbst schuld. Ich war so gespannt auf das heutige Treffen, dass ich blindlings hier hergeeilt bin. In meiner Hast habe ich wohl einen herumliegenden Ast übersehen und bin zu Boden gestürzt. Unglücklicherweise direkt auf einen Stein.«
Dr. Schwartz sah den Gärtner vorwurfsvoll an und nahm ihm den Wattebausch aus der Hand. »Hast du die Wunde wenigstens desinfiziert?«, fragte er streng.
»Aber natürlich.« Ratlos hob Albin die breiten Schultern. »Ich hab sie mehrfach abgetupft. Aber sie hört einfach nicht auf zu bluten.«
Schwartz stellte sich auf die Zehenspitzen, um den klaffenden Spalt auf der Stirn der hochgewachsenen Frau besser in Augenschein nehmen zu können. »Der Riss ist verdammt tief«, murmelte er. »Er wird wohl genäht werden müssen.« Er setzte ein beruhigendes Lächeln auf. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir einen Arzt aufsuchen.«
»Einen Arzt?« Die Große Meisterin taxierte ihr Gegenüber mit undurchdringlicher Miene. »Du bist wohl von Sinnen? Fällt dir denn nichts anderes ein?«
Das Lächeln auf den Lippen des Mannes erstarb. Verunsichert suchte er den Blick von Rebekka, die ihm aufmunternd zunickte. Lass dir bloß nichts gefallen von ihr, sollte das bedeuten. Da bemerkte Pinky, dass die Verletzte sie eindringlich musterte, und ihre Gesichtszüge froren ein.
Die Große Meisterin schob Ellerking zur Seite, durchmaß mit einer blitzschnellen Bewegung den Raum und stand nur einen Wimpernschlag später der Lehrerin von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Mit einem Aufschrei zuckte die Taxus zurück, was der anderen jedoch nur ein verächtliches Schnauben entlockte. »Du bist doch sicherlich bereit, alles auf dich zu nehmen, was unserer Sache dient?«
»Sse… Sse… Sselbsstversständlich«, stotterte Pinky, die ihr Unbehagen nicht länger verbergen konnte. Nicht nur der
Schwefelgeruch, den die hochmütige Frau verströmte, schlug ihr auf den Magen.
»Gut. Sehr gut!« Der beißende Unterton in der kehligen Stimme war nicht zu überhören, und der stechende Blick der Verletzten schien sich direkt in Rebekkas Schädel zu bohren.
Quintus Schwartz ahnte, dass seiner Kollegin Ärger drohte, und versuchte das Unheil noch abzuwenden. Er hatte allerdings noch keine zwei Schritte auf die Frauen zugemacht, als der Kopf der Großen Meisterin herumflog und sie ihn wütend anstarrte. Das genügte, damit er in der Bewegung innehielt und sich mit gesenktem Haupt zurückzog.
Die bleiche Frau wandte sich erneut an Rebekka Taxus, die dem bohrenden Blick der Reptilienaugen standzuhalten versuchte. Das Gesicht der Großen Meisterin war von purem Hohn gezeichnet. Der klaffende Riss auf ihrer Stirn begann wieder stärker zu bluten. Rote Rinnsale liefen ihr über Nase und Wangen. »Dann bist du also gewillt, meine Wunde auf dich zu nehmen?«
»Eure Wunde? Ich verstehe ni – « Mitten im Wort brach Pinky ab. Es war ihr nicht entgangen, dass sich die schlitzförmigen Pupillen ihres Gegenübers bedrohlich verengten. »Aber na… na… natürlich«, stotterte sie ängstlich. »Sselbsstversständlich, Herrin. Alless, wass Ihr wünscht.«
»Ich habe nichts anderes von dir erwartet. Schließe deine Augen!« Während Rebekka widerspruchslos gehorchte, streckte die Große Meisterin die Arme aus und legte beide Hände auf den karminroten Haarschopf der Lehrerin. Dann warf sie den Kopf zurück, starrte zur Decke und murmelte Worte, die sich wie eine Beschwörung anhörten.
Dr. Schwartz und Albin Ellerking beobachteten die Frauen gebannt. Keiner von ihnen schien die seltsamen Worte zu verstehen oder zu ahnen, was das geheimnisvolle Gemurmel bewirken sollte.
Immer noch bewegten sich die Lippen der Großen Meisterin. Da versiegte der Blutfluss auf ihrer Stirn. Der klaffende Spalt schloss sich mehr und mehr, wie von Geisterhand versiegelt. Nur wenige Augenblicke später war der Riss vollständig verschwunden. Nicht einmal eine kleine Narbe deutete noch daraufhin, dass die Haut über ihren Augenbrauen jemals verletzt gewesen war, und selbst die kleinste Blutspur war aus ihrem Gesicht verschwunden.
Dafür strömten nun rote Rinnsale aus der Wunde, die sich auf Rebekkas Stirn geöffnet hatte! Obwohl diese unheimliche Verletzung höllisch schmerzen musste,
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