Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Befehle des obersten Ritters ernst zu nehmen.«
Alarik verdrehte die Augen. »Das solltet ihr auch. Sonst reißt euch mein Herr den Kopf ab!«
»Genau so ist es!«
»Aber dir, Galano…« – anklagend reckte der Knappe ihm den Zeigefinger entgegen –, »… dir wird er den Kopf abreißen, wenn er erfährt, dass er nur deinetwegen auf seine liebste Leckerei verzichten muss.«
»Hä?« Der Wächter machte ein Gesicht wie ein verdutzter Swuupie. »Ich verstehe nicht…«
»Nein? Du weißt doch, dass Ritter Paravain nichts mehr liebt als die köstlichen Auwaldbeeren?«
»Äh…«
»Sie sind reif und prall im Moment und müssen dringend geerntet werden, wenn sie nicht verderben sollen. Und deshalb…« – Er deutete nach Osten, wo kaum hundert Schritte von der Burg entfernt der alte Auwald begann – »… habe ich beschlossen, sie für meinen Herrn zu pflücken. Aber bitte, Galano, wenn du mich daran hindern willst, dann tu, was du nicht lassen kannst.«
»Nun, ja«, sagte der Wächter gedehnt und strich sich übers Kinn. »Aber trotzdem – er hat es nun mal befohlen!«
»Ich weiß wirklich nicht, warum du dich so anstellst!« Alarik bemühte sich um ein unschuldiges Gesicht. »Oder siehst du hier irgendwo ein Pferd?«
»Äh… Nein, natürlich nicht.«
»Na, also!« Der Knappe lächelte. »Wie sollte ich Ritter Paravain da nachreiten können?«
»Äh… stimmt.« Die Züge des Wächters entspannten sich. Er blinzelte dem Knappen zu. »Na, gut. Dann geh schon!«
»Danke, vielen Dank!« Alarik drehte sich um und machte, dass er davonkam. Allerdings war er kaum fünf Schritte gelaufen, als Galano ihn erneut anrief: »Halt!«
Beklommen schielte der Knappe zu dem Wächter zurück. »Ja?«
»Unsere kleine Plauderei, die bleibt aber unter uns, verstanden?«
»Aber natürlich, Galano.« Alarik atmete erleichtert auf. »Niemand wird davon erfahren, das verspreche ich dir. Und Paravain schon gar nicht!«
Er beschleunigte den Schritt und hielt direkt auf den Auwald zu. Wie gut, dass er das Steppenpony und den Proviantsack dort bereits am Vormittag nach dem täglichen Geländeritt mit den anderen Knappen zurückgelassen hatte. Niemandem war aufgefallen, dass er ohne seinen Braunen nach Hellunyat zurückgekehrt war. Keiner hatte bemerkt, dass er Schmatzfraß unter seinem Lederwams versteckt hatte – und niemand konnte ihn jetzt mehr daran hindern, sich auf den Weg zu den Traumspinnern zu machen.
L ukas stand das schlechte Gewissen förmlich ins Gesicht geschrieben, als er seiner Schwester am nächsten Tage in ihrem Zimmer gegenübersaß. Auch wenn er kein Wort darüber verlor, schien ihm dennoch bewusst zu sein, dass er zu weit gegangen war. Schließlich war es einfach unmöglich, dass er die Deutung ihrer seltsamen Träume dazu missbraucht hatte, sie wegen Philipp aufzuziehen.
Laura hatte lange gezögert, den Bruder um Hilfe zu bitten. Aber irgendjemand musste ja darüber wachen, dass ihrem in der Gegenwart zurückbleibenden Körper nichts zustieß, wenn sie ihre Traumreise in die Vergangenheit von Drachenthal antrat. An wen sonst hätte sie sich auch wenden sollen? Auf Kaja war sie immer noch sauer, stinksauer sogar. Die hatte den ganzen Trouble ja erst ausgelöst, indem sie Philipps SMS ausposaunt hatte. Ein Verrat, der wesentlich schlimmer war als die Frotzeleien des Bruders, mochten die auch noch so gemein gewesen sein. Nein, Kaja konnte ihr gestohlen bleiben! Für die nächste Zeit zumindest. Miss Morgain und Percy Valiant waren mit anderen Dingen beschäftigt. Die Proben für den Drachenstich und diese dämlichen Plattenaufnahmen, die wahrscheinlich ohnehin nicht zustande kommen würden, nahmen kein Ende. Und Professor Morgenstern hatte mit dem ungelösten Mordfall genug Ärger am Hals und gewiss Wichtigeres zu tun, als sich um Laura zu kümmern. Also war nur noch Lukas übrig geblieben.
»Hast du dir das auch gut überlegt?« In den Augen des Bruders waren ernste Zweifel zu erkennen. »Du hast doch schon mehrmals erlebt, welch schlimme Folgen deine Ausflüge in die Vergangenheit haben können.«
»Ich weiß. Aber diesmal ist es was anderes. Ich bleibe doch nur kurze Zeit und nicht über Nacht wie beim letzten Mal.«
Lukas schien immer noch nicht überzeugt. »Wer weiß, ob du überhaupt den richtigen Tag erwischst!«, brummte er wenig begeistert. »Vielleicht kommst du ja auch zu einem völlig falschen Zeitpunkt in der Vergangenheit an. An einem Tag vielleicht, an dem sich der Nachlass von
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