Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
uralte Pfade ihnen deshalb bestens vertraut waren. Auf diesen geheimen Wegen, welche die Lande von Aventerra weithin durchzogen, gelangten die Wissenden nicht nur viel schneller an ihr Ziel, sondern waren auch vor den Einflüssen Schwarzer Magie geschützt. Niemand, nicht einmal Syrin mit ihrem Sehenden Kristall, würde Paravain und seine Begleiter aufspüren können, auch wenn die Kräfte der Gestaltwandlerin um ein Vielfaches gewachsen waren, seit sie das Rad der Zeit in ihren Besitz gebracht hatte.
Um die uralten Pfade benutzen zu können, hatte Paravain auf die Begleitung seiner zwölf Weißen Ritter verzichtet. Morwena war deswegen in großer Sorge. Sie hatte dem Weißen Ritter das Versprechen abgenommen, jeden Kontakt mit den Feinden zu meiden und sich nicht in Kampfeshandlungen verstricken zu lassen, bevor sie ihn zum Abschied mit einem tiefen Seufzer in die Arme schloss. Ihr inniger Kuss hatte um vieles süßer geschmeckt als alle anderen zuvor.
Bei dem Gedanken an die junge Frau wurde es Paravain ganz leicht ums Herz, doch er schob das lieb gewordene Bild der Heilerin beiseite und betrachtete die schwarzen Vulkankegel der Feuerberge. »Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis wir das Leuchtende Tal erreichen – habe ich Recht, Herr Virpo?«, fragte er seinen Begleiter.
Ein vorwitziges Grinsen legte sich auf das Puppengesicht des Flatterflüglers. »Alle Achtung«, zirpte er. »Welch erstaunliche Erkenntnis für einen Nichtsweißling wie Euch!«
Paravain zog eine Grimasse, sparte sich aber eine Erwiderung. Er wusste inzwischen, dass die spitzzüngigen Sprüche des Flatterflüglers nicht böse gemeint waren.
»Wo waren wir eigentlich stehen geblieben, Stampffüßling?«, fuhr Herr Virpo fort.
Der Ritter blickte auf. »Ihr meint wohl, worüber wir geredet haben…«
»… bevor Ihr mich mit Eurer Bemerkung vom Thema abgebracht habt«, entrüstete sich der Flatterflügler. »Genau das meine ich!«
Paravain konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Nun – Ihr habt mir von Eurem heldenhaften Kampf gegen die Miesemotten und Zauderlinge berichtet.«
»Euch wird das Grinsen schon noch vergehen«, ereiferte sich Herr Virpo und fuchtelte mit seinen Armchen durch die Luft. »Spätestens dann, wenn Ihr von einem Graumahr befallen werdet. Dann wird es für Euch kaum Rettung geben.«
»Ich kann nur hoffen, dass wir von einem solchen Unglück verschont bleiben.«
»Nun, die Graumahre haben es besonders auf die Krieger des Lichts abgesehen. Ihr dürft Euch nicht zu sicher fühlen. Diese Bösetulinge sind dem Schwarzen Fürsten treu ergeben. Seine Feinde sind auch ihre Feinde.«
Paravain lächelte gequält. »Dieser ›Bösetuling‹, wie Ihr ihn nennt, versucht eben mit allen Mitteln, dem Ewigen Nichts zum Sieg zu verhelfen.« Sein jungenhaftes Gesicht verdüsterte sich. »Aber das eine schwöre ich Euch – solange ich lebe, wird ihm das nicht gelingen.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher, Stampffüßling«, widersprach der Flatterflügler. »Wie man hört, sollen die Vettern der Graumahre seit einiger Zeit ihr Unwesen sogar auf dem Menschenstern treiben. Immer mehr Erdlinge werden von ihnen befallen und verlieren die Freude am Leben – was den Dunklen Mächten nur zugute kommt.«
Paravain antwortete nicht. Nur das Flügelschwirren seiner seltsamen Begleiter war zu hören. Erst nach einer Weile wandte er sich erneut an Herrn Virpo. »Und Ihr habt wirklich keine Ahnung, weshalb die Schwarzen Krieger Euch aus Eurer Heimat vertrieben haben?«
»Nicht die geringste, Stampffüßling!« Bedauernd hob der Flatterflügler die Hände. »Noch und noch habe ich mir den Kopf zerbrochen, was diesen Finsterling wohl zu seiner schändlichen Tat bewogen haben mag. Allein, es ist mir nichts eingefallen – ganz und gar nichts.«
»Es muss einen triftigen Grund dafür geben«, beharrte der Weiße Ritter. »Irgendetwas in diesem Tal muss von ungeheurer Wichtigkeit für Borboron sein, dass er euch mit aller Macht davon fern halten will. Was könnte das nur sein, Herr Virpo?«
»Auch wir haben schon darüber nachgedacht, Ihr Besserweißling.«
»Sehr wohl, sehr wohl«, zirpten Yirpo und Zirpo, die sich unbemerkt genähert hatten. »Aber vergeblich! Leider, leider.«
Paravain verzichtete darauf, weiter in sie zu dringen, denn er hatte einen eigentümlichen Schatten bemerkt, der über den Boden huschte. Paravain legte den Kopf in den Nacken, sah in den wolkenlosen Himmel und erblickte ein Floß, das in großer Höhe mit
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