Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
stieß einen markerschütternden Schrei aus.
I n der Nacht schlief Laura unruhig. Sie träumte, Lukas brauche dringend Hilfe. Er befand sich in allergrößter Not, und sie war die Einzige, die ihn retten konnte. Worin die Gefahr bestand, wurde ihr jedoch nicht klar. Trotzdem war der Eindruck, dass der Bruder ohne sie rettungslos verloren war, so übermächtig, dass sie schließlich mit klopfendem Herzen erwachte und sich auf ihrem Lager aufrichtete.
Schwer atmend blickte Laura sich in der kleinen Höhle um. In der Dunkelheit konnte sie nichts erkennen. Nur das sanfte Schnarchen des jungen Magiers drang aus der entgegengesetzten Ecke an ihr Ohr.
Laura atmete mehrere Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Es gelang ihr allerdings nicht, die Erinnerung an den verstörenden Traum abzuschütteln. Wie ein anschwellendes Echo hallte er in ihr nach und wurde immer bedrückender, bis sie schließlich sogar Lukas’ gellenden Hilferuf zu hören glaubte.
War Lukas tatsächlich in Gefahr?
L ukas lag mit geschlossenen Augen da und wartete noch immer auf den tödlichen Biss, als er plötzlich eine bekannte Stimme hörte: »Alles in Ordnung«, sagte Attila Morduk beruhigend. »Du kannst die Augen wieder aufmachen.«
Mit breitem Grinsen stand der Zwergriese neben seinem Bett und hatte die Schlange hinter dem Kopf gefasst. Sie krümmte und ringelte sich, als wolle sie sich seinem Griff entwinden.
Einen Augenblick war Lukas noch wie gelähmt, dann fing er an zu zittern. »Bist du wahnsinnig geworden!«, schrie er den Hausmeister an. »Kannst du nicht aufpassen auf deine Viecher? Nur eine Sekunde später – und ich wäre jetzt tot!«
»Wohl kaum.« Der Zwergriese grinste und hielt die Schlange hoch. »Hab ich dir nicht erzählt, dass sie keine Giftzähne mehr besitzt? Seitdem ist sie völlig harmlos.«
Die Kinnlade des Jungen klappte herunter. »W… W… Was?«, stammelte er ungläubig.
»Ja.« Attilas Grinsen wurde breiter. »Selbst wenn sie dich gebissen hätte, wäre rein gar nichts passiert.«
»D… D… Dann habe ich mich also völlig grundlos gefürchtet?«
»Das würde ich so nicht sagen«, entgegnete der Hausmeister vieldeutig. »Immerhin hast du echte Lebensgefahr empfunden – und wenn Laura das nicht fühlt, dann fühlt sie gar nichts mehr.«
Während Lukas ihn immer noch mit schreckgeweiteten Augen anstarrte, drehte Attila sich zu Mr. Cool um, der mit hämischem Grinsen am Türrahmen lehnte. »Immerhin hast du nicht ins Bett gemacht«, erklärte er, wieder an den Jungen gewandt. »Dein Kumpel hier hat das nämlich vermutet, als ich ihm erzählt habe, dass ich die Kobra auf deine Decke setzen würde.«
D er Verzweiflung nahe, stützte Laura den Kopf auf die Hände. Was soll ich nur tun?, zermarterte sie sich das Gehirn. Soll ich es wagen, eine Traumreise auf die Erde zu unternehmen, um meinem Bruder beizustehen?
Natürlich wäre das purer Wahnsinn. Selbst wenn sie den fantastischen Ausflug durch Raum und Zeit auf ein paar Minuten beschränkte, würde er sie so sehr anstrengen, dass kaum noch Aussicht bestand, das Schwert des Lichts rechtzeitig wieder zusammenzuschmieden. Andererseits würde die Sorge um den Bruder sie so sehr quälen, dass an das Arbeiten in der Schmiede ebenfalls nicht zu denken wäre. Wie das Mädchen es auch drehte und wendete – es blieb ihm gar keine andere Wahl, als die Traumreise zu wagen, mochte das Unternehmen auch noch so gefährlich sein.
Laura schloss die Augen, um ihren Geist aus seinen Fesseln zu befreien, damit er, losgelöst von allen Beschränkungen der Materie, frei zwischen den Welten und Zeiten umherschweifen konnte. Wie von selbst kamen ihr die uralten Verse über die Lippen:
»Strom der Zeit, ich rufe dich; Strom der Zeit, erfasse mich! Strom der Zeit, ich öffne mich; Strom der Zeit, verschlinge mich!«
Schon im nächsten Augenblick wurde Laura von reinem Licht eingehüllt. Es war so überirdisch hell, dass sie trotz der geschlossenen Augen geblendet wurde. In ihren Ohren dröhnte ein gewaltiges Brausen. Ein sich immer schneller drehender Wirbel aus Strahlen umkreiste sie, bis sie unwiderstehlich in seine Mitte gesogen wurde – ihre Reise in eine Dimension, die mit dem menschlichen Verstand nicht zu erfassen war, hatte begonnen.
A ls Laura die Augen aufschlug, lag sie im Zimmer ihres Bruders auf dem Boden.
Lukas saß auf seinem Schreibtischstuhl und grinste sie breit an. »Phänotastisch«, sagte er. »Es hat also doch geklappt.«
Erst da
Weitere Kostenlose Bücher