Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
geflüsterte Unterhaltung führen!
Ein eisiger Schauer überlief Lukas. Sein Herz raste, und das Blut rauschte in seinen Ohren.
Vor der Tür zum Arbeitszimmer blieb er stehen und atmete tief durch. Ruhig! Nur ruhig!, redete er sich zu – und da erkannte er, dass er sich keineswegs getäuscht hatte: Durch den Spalt unter der Tür schimmerte Licht! Im gleichen Augenblick konnte er Stimmen hören: Sie kamen aus dem Inneren des Raums.
Lukas legte das Ohr ans Türblatt und lauschte angestrengt: Es musste sich um zwei Personen handeln, einen Mann und eine Frau.
Der Mann hörte sich verärgert an. »Wie konntest du nur so leichtsinnig sein!«, zischte er. »Du solltest das Buch doch schon vor geraumer Zeit verschwinden lassen. Nicht auszudenken, wenn es ihm in die Hände gefallen wäre und er unseren Plan durchschaut hätte.«
»Ist ja gut, ist ja gut«, antwortete die Frauenstimme. Sie klang zerknirscht. »Jetzt haben wir es ja. Sieh lieber zu, dass du –« Damit brach die Frau ab, um verwundert auszurufen: »Gute Güte! Lies mal, was hier steht. Was hat das denn zu be-deu-«
Sayelle und Maximilian Longolius!
Die Stiefmutter und der Zeitungsfuzzi machten sich im Arbeitszimmer des Vaters zu schaffen!
U nerhört!
Plötzliche Wut übermannte Lukas. Ohne nachzudenken, stieß er die Tür auf, knipste das Licht an und stürmte mit einem Schrei der Empörung in den Raum: »Was habt ihr hier zu suchen, verda –«
Der Junge blieb wie angewurzelt stehen und starrte mit offenem Mund vor sich hin: Das Zimmer war leer! Keine Menschenseele weit und breit.
K eine S ayelle.
K ein M ax L ongolius.
U nd auch sonst niemand.
»Aber…«, stammelte Lukas verwirrt und trat einen Schritt zurück, als sich eine Hand auf seine Schulter senkte.
K apitel 14 Die
Flatterflügler
ie drei Leuchtkugeln schwebten die Abgesandten der Flatterflügler im Dunkel der Nacht auf die Gralsburg zu. Von weitem ähnelten die geflügelten Wesen im Inneren der Kugeln übergroßen Libellen. Aus der Nähe jedoch war zu erkennen, dass sie mit Insekten nichts gemein hatten, sondern mit den Feen oder Lichtalben verwandt sein mussten. Ihre zierlichen, wie flüssiges Silber glänzenden Gestalten waren nicht viel dicker als ein Männerdaumen und maßen vom Scheitel des lockigen Blondhaars bis zu der Spitze des langen Schwanzes kaum mehr als die Spanne einer kräftigen Hand. Sie schienen es eilig zu haben, denn die großen, hauchfeinen Flügel auf ihren Rücken bewegten sich so schnell, dass ihre Konturen nicht auszumachen waren. Obwohl es für die Flatterflügler sicherlich ein Leichtes gewesen wäre, die Mauern von Hellunyat im Flug zu überwinden, hielten sie direkt auf das Tor der Gralsburg zu, um dort um Einlass zu bitten.
Galano, der an diesem Abend wieder einmal zur Torwache eingeteilt war, fielen fast die Augen aus dem Kopf, als die Leuchtwesen auf das Wachhäuschen zuschwirrten, in dem er auf einem Hocker vor sich hin döste.
»Hey, Stampffüßling«, rief die Gestalt an der Spitze der Abordnung.
Ungläubig deutete der Soldat auf die eigene Brust. »Meinst du etwa mich?«
»Wen denn sonst, Stampffüßling?« Ein leises Kichern flirrte durch die milde Nacht. »Oder siehst du hier am Tor noch weitere plattfüßige Vertreter deiner Art?«
»Werde bloß nicht frech, du Flatterwicht!«, blaffte Galano, während er sich erhob und aus dem Wachhäuschen trat. »Was führt euch drei hierher?«
Die Flatterflügler zuckten zusammen und hielten sich mit den feinen Händen die Ohren zu. »Weh, weh«, jammerte der Anführer. »Geht es nicht etwas leiser? Und warum seid ihr tollpatschigen Stampffüßlinge nur so ungelenk, dass ihr bei jedem Tritt den Boden derart malträtieren müsst, als wolltet ihr den Roten Feuerdrachen höchstpersönlich aus dem Schlaf schrecken?«
Der Wachsoldat zog ein grimmiges Gesicht. »Jetzt habe ich aber genug!«, schimpfte er. »Noch ein einziges beleidigendes Wort, und ich scheuche euch von dannen – habt ihr verstanden?«
»Schon gut, schon gut«, antwortete das zierliche Wesen besänftigend und deutete vor der knollenförmigen Nase des Torwächters eine Verbeugung an. »Beruhigt Euch nur wieder, hochverehrter Wachstehling! Wir sind die rauen Töne und ungelenken Bewegungen von Euch Stampffüßlingen einfach nicht gewohnt und verlieren bei jeder neuerlichen Begegnung kurzzeitig die Contenance!«
»Die Conte-was?«
Die Flatterflügler wechselten belustigte Blicke. Während seine Begleiter hämisch vor sich hin kicherten,
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