Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
Speisesaals zu sehen waren, glitzerte noch der Morgentau – wirkte der Regent des Goldenen Reiches hellwach.
»Hm, und wie!«, schwärmte Venik, ebenfalls in aufgeräumter Stimmung. »Ich habe schon lange nicht mehr so gut geschlafen wie in Eurem Bett.« Als habe der junge Magier seit Tagen nichts mehr zu essen bekommen, machte er sich über die verführerisch duftenden Brötchen her, die auf dem reich gedeckten Frühstückstisch standen. Sie waren aus Güldenländer Goldweizen gebacken und besaßen eine goldbraune Kruste. Dazu gab es süße, dottergelbe Süßrahmbutter und leckere Konfitüren, die aus den Früchten der Gleißenhaller Burggärten gekocht worden waren.
König Malik schmunzelte. »Du bist nicht der Erste, der von unseren Betten schwärmt. Die Daunen der Silbergänse, mit denen wir die Kissen und Decken füllen, sind unsagbar weich und deshalb in allen Regionen Aventerras überaus begehrt.« Vorsichtig schlürfte er von seinem heißen Tee, bevor er sich an Laura wandte. »Und was ist mit dir? Die Nacht scheint dir nicht ganz so gut bekommen zu sein wie deinem Kameraden?«
»Stimmt«, antwortete das Mädchen und konnte ein Gähnen nur mühsam unterdrücken. »Ich konnte kaum schlafen – was wahrscheinlich an diesem komischen Traum gelegen hat.«
Der König hob interessiert den Kopf. »Verrätst du ihn mir?«
Einen Augenblick spielte Laura mit dem Gedanken, ihren Traum für sich zu behalten. Andererseits wäre es ziemlich unhöflich, ihrem Gastgeber diese Bitte abzuschlagen, und so erzählte sie bereitwillig von ihrem nächtlichen Erlebnis.
Der König lauschte aufmerksam. Doch als sie berichtete, dass Anna, ihre Mutter, sich auch im nächtlichen Burghof gezeigt hatte, verzog Malik belustigt das Gesicht. »Aber Laura, das ist doch völlig unmöglich! Schließlich hast du uns gestern Abend selbst erzählt, dass sie schon vor Jahren den Tod gefunden hat.«
»Ich weiß.« Laura senkte verzweifelt den Blick. »Aber trotzdem – die Frau im Burghof hat genauso ausgesehen wie Anna: mittelgroß, schlank, lange blonde Haare und ein hübsches Gesicht. Und sie hatte die gleiche Haltung wie Mama.« Das Mädchen seufzte. »Sie wirkte furchtbar traurig, wie sie in ihrem pitschnassen Kleid dastand.«
Als Laura aufsah, hatte sich ein Schatten auf das Gesicht des Herrschers gelegt. Misstrauisch beäugte er sie.
Was hatte Malik denn plötzlich?
Während Laura noch darüber nachsann, ob sie etwas Falsches gesagt hatte, fiel ihr Blick auf die alte Kammerzofe, die neben einem livrierten Pagen dienstbereit im Hintergrund stand. Auch Saiimas Gesicht hatte einen seltsamen Ausdruck angenommen – als hätten Lauras Worte eine Erinnerung in ihr wachgerufen. Täuschte sie sich, oder zwinkerte ihr die Zofe verstohlen zu und wies mit dem Kopf in Richtung Tür? Wollte Saiima ihr etwa bedeuten, sich mit ihr draußen zu treffen?
Venik setzte Lauras Grübelei ein Ende. »Ich muss seiner Majestät Recht geben«, sagte er. »Deine Mutter kann unmöglich draußen im Hof gewesen sein.«
»Aber ich hab sie doch genau erkannt!«, protestierte das Mädchen.
»Das hast du gestern am See auch geglaubt«, erklärte der Magier. »Dabei war auch das nichts weiter als eine Täuschung.« Venik schüttelte mit Bestimmtheit den Kopf. »Vermutlich hast du das Aufwachen und den Gang zum Fenster ebenfalls nur geträumt. Solltest du aber tatsächlich zum Fenster marschiert sein, dann war die Gestalt im Burghof sicherlich ebenso Einbildung wie gestern die Erscheinung am Seeufer. Denk nur daran, was Ria –«
»Ja, ja, schon gut«, fiel Laura ihm hastig ins Wort, damit er den Namen des jungen Mannes nicht leichtfertig ausplauderte und damit den Unwillen ihres Gastgebers erregte. »Genauso wird es gewesen sein.«
»Freut mich, dass du das einsiehst.« König Malik wirkte erleichtert. Er fuhr sich mit der Serviette über den Mund und erhob sich. »Und jetzt entschuldigt mich bitte, aber auf mich warten dringende Amtsgeschäfte, die keinen Aufschub dulden.«
»Habt Ihr nicht noch ein paar Minuten Zeit für mich, Majestät? Ich hätte einige Fragen an Euch.«
»Tut mir Leid, Laura.« Voller Bedauern hob König Malik die Hände. »Der Kämmerer erwartet mich schon.« Mit einem zuvorkommenden Lächeln deutete er auf den Tisch. »Aber lasst euch nicht davon abhalten, nach Herzenslust weiter zu frühstücken.«
Der Page, der bei der ersten Regung seines Herrn sofort herbeigeeilt war, um dessen Stuhl zurückzuziehen, stellte diesen nun gänzlich
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