Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
darüber grübelte, was das bedeuten mochte, bemerkte er, dass der Anführer der Sklavenjäger und zwei seiner Kumpane den Blick ebenfalls auf das Leuchtsignal gerichtet hatten und sich aufgeregt unterhielten. So unauffällig wie möglich schob der Junge sich an die Wolfsgesichtigen heran.
»Bist du sicher, Kroloff?«, fragte einer der Männer.
»Es besteht kein Zweifel«, entgegnete der Anführer. »Nur im Leuchtenden Tal findet man die Spiegelsteine, die so hell leuchten. Es kann also nicht mehr weit sein.«
»Wird ja auch Zeit, dass wir diese Bälger endlich loswerden!«, knurrte der Angesprochene. »Von wegen ›kein Umweg‹! Wenn Borboron uns diese Brut nicht aufgehalst hätte, läge ich schon längst in meiner Höhle.«
»Warum hast du es denn so eilig, Rokaar?« Der Anführer grinste breit. »Oder glaubst du, dein Weib ist erpicht darauf, dich wiederzusehen?«
Rokaar ließ ein wütendes Knurren hören, wagte jedoch keinen Widerspruch. Kroloff und der dritte Wolfsgesichtige brachen in hämisches Gelächter aus. Als sie sich wieder beruhigt hatten, zog der dritte ein nachdenkliches Gesicht. »Was Borboron dort wohl vorhaben mag?«, fragte er schließlich.
»Was glaubst du denn, Ruurk?« Kroloff blickte den Begleiter lauernd an. Speichel tropfte von seiner Zunge, die aus dem Mundwinkel hing, und ein leises Hecheln war zu hören.
»Keine Ahnung«, antwortete Ruurk. »Allerdings gibt es mir schwer zu denken, dass der Schwarze Fürst Gefallen an diesem abgelegenen Tal gefunden hat. Außer den Flatterflüglern, die sich seit undenklichen Zeiten dort versammeln, hat sich bislang noch niemand für diese Einöde interessiert. Zumal gleich dahinter das Drachenland beginnt, dessen Bewohner gefürchtet sind.«
»Nur zu Recht. Ich möchte jedenfalls nicht mit den Drachen aneinander geraten. Dazu hänge ich zu sehr an meinem Leben«, stieß Rokaar hervor.
»Und an deinem Weib, was?« Das heisere Lachen von Kroloff erinnerte Alarik an Wolfsgeheul.
»Wieso lässt Borboron eine ganze Horde Sklaven in das Tal bringen? Und zwar ausnahmslos Jungen. Was meinst du, Kroloff?«
Der Angesprochene knetete mit der rechten Hand das spitze Kinn, und die gelben Wolfsaugen wurden zu Schlitzen. »Tja, Ruurk!«, knurrte er schließlich. »Was auch immer es ist, es muss verflucht wichtig sein, was dort vor sich geht! Sonst hätte Borboron uns niemals eine Belohnung dafür versprochen, dass wir die Sklaven hierher bringen.«
Alarik wurde ganz schwarz vor Augen. Schlagartig war ihm klar geworden, was auf ihn zukam: Wenn das, was im Leuchtenden Tal vor sich ging, für Borboron so ungemein wichtig war, dann konnte er nicht riskieren, dass Außenstehende davon erfuhren, und schon gar nicht seine Feinde. Deshalb würde er dafür sorgen, dass keiner der Sklaven, die dort zur Arbeit gezwungen wurden, das Tal jemals wieder verlassen würde.
Zumindest nicht lebend.
Die Knie des Jungen begannen zu zittern.
A ls Attila am Vormittag von seinem Ausflug nach Hohenstadt zurückkam und aus der betagten Limousine des Professors stieg, konnte Lukas ihm von weitem ansehen, dass er schlechte Nachrichten hatte. »Erzähl schon«, sagte er beklommen. »Gibt’s was Neues?«
»Ja.« Der Hausmeister machte ein betrübtes Gesicht. »Aber leider nichts Gutes: Der Richter hat Untersuchungshaft für den Herrn Direktor angeordnet!«
»Was?« Lukas schaute ihn entgeistert an. »Wieso das denn?«
»Gestern, am späten Abend, kurz nach dieser Fernsehsendung«, hob der Zwergriese an und patschte sich mit seiner Hand auf den Schädel, »hat Kommissar Bellheim einen Anruf erhalten.«
» N ach der Sendung?«, wiederholte Lukas überrascht. Auch in seiner Vision hatte Bellheim einen Anruf erhalten! Doch das war vor der Sendung gewesen.
»Ja, klar – nach der Sendung!«, holten Attilas Worte ihn wieder in die Gegenwart zurück. »Zumindest hat er das gesagt.«
»Es hat sich also jemand auf Sayelles Auftritt hin gemeldet?«
»Genau. Und dieser Zeuge will gesehen haben, wie der Professor deine Schwester in der Nacht, in der sie verschwunden ist, verfolgt hat!«
»Nein!« Lukas hatte fast geschrien.
»Leider ja!«, bekräftigte der Hausmeister. »Der Mann ist heute früh höchstpersönlich auf dem Kommissariat erschienen und hat alles zu Protokoll gegeben.«
Lukas rang nach Luft. Ihm war schwindelig. »Und? Was genau hat er gesagt?«
»Keine Ahnung. Das wollte Bellheim mir nicht verraten – aus ermittlungstaktischen Gründen, wie er erklärt
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