Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
erklärte dem Mädchen, dass das Internat bewusst am fünften Dezember jenes Jahres gegründet worden war, weil in jener Nacht eine besondere Planetenkonstellation geherrscht hatte, wie sie nur alle einhundertneunundsechzig Jahre vorkommt. Sonne, Mond, Erde und Aventerra stehen dann so zueinander, dass eine totale Mondfinsternis im Reich der Mythen entsteht. So wie Aventerra nur von den Wissenden gesehen werden könne, so könne auch dieses kosmische Phänomen nur von den Eingeweihten wahrgenommen werden. Für alle anderen Menschen sei es unsichtbar. Gelegentlich werde von Sternkundlern auf der Erde in solchen Nächten ein kaum erkennbarer Schatten am Himmel entdeckt, der ihnen allerdings völlig unerklärlich blieb.
Das Wissen um das große Geheimnis, das den meisten Menschen verschlossen blieb, ließ Laura während der Erzählung des Professors schmunzeln.
»In diesen Nächten werden auch ganz besondere kosmische Kräfte freigesetzt«, sagte Aurelius und erklärte dann, dass alles, was in dieser Zeit geschehe, die folgenden einhundertneunundsechzig Jahre auf entscheidende Weise beeinflusse. Dies sei der Grund, warum Ravenstein und seine sechs Partnerinternate zu diesem ganz besonderen Zeitpunkt gegründet worden seien. Die Kräfte des Guten seien in dieser Nacht sehr mächtig, doch das Gleiche gelte auch für das Böse.
Laura hatte während des Vortrags des Professors geschwiegen. Ihr Herz pochte unruhig, als sie sich nun zu Wort meldete. »Was hat das mit unserem Fest zu tun?«, fragte sie beklommen, obwohl sie die Antwort eigentlich schon ahnte.
»Ich befürchte«, entgegnete der Direktor mit ernster Miene, »dass unsere Feinde versuchen werden, uns in dieser Nacht zu vernichten.«
» I ch bitte Euch, Herr!« Paravain blickte den Hüter des Lichts mit großer Besorgnis an. »Lasst Euch das bitte noch mal durch den Kopf gehen! Ihr könnt doch unmöglich ohne bewaffnetes Geleit zum Sternenmeer reisen. Der Weg dahin ist weit und voller Gefahren. Borborons Schwarze Garde durchstreift derzeit sämtliche Regionen Aventerras, um Krieger anzuwerben. Wenn Ihr diesen ruchlosen Gesellen in die Hände fallt, ist es um Euch geschehen!«
»Ich weiß deine Besorgnis sehr wohl zu schätzen, Paravain.« Elysion lächelte den Anführer seiner Leibgarde beruhigend an. »Dennoch besteht dazu nicht der geringste Anlass. Ich kann gut allein auf mich aufpassen und werde die Männer des Schwarzen Fürsten schon zu meiden wissen.«
Der junge Ritter warf Morwena einen Hilfe suchenden Blick zu.
Die junge Heilerin zuckte jedoch nur mit den Schultern. Sie wusste, dass ihr Gebieter nicht von dem abzubringen war, was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte.
Der Hüter des Lichts trat auf seinen obersten Ritter zu und legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Du erinnerst dich doch bestimmt noch an deinen Ausflug vor wenigen Monden«, sagte er sanft. »Als du die Traumspinner im Traumwald aufgesucht hast.«
»Äh…« Der Ritter errötete und senkte den Kopf. »Natürlich, Herr«, antwortete er mit heiserer Stimme.
»Schon damals haben Borborons wilde Horden das Land unsicher gemacht – und dennoch hast du dich ohne jede Begleitung auf den Weg gemacht.«
Paravains Antwort war kaum zu verstehen. »Ja, Herr«, hauchte er.
Elysion lächelte sanft. »Und aus welchem Grund?«
»Weil …« Der Weiße Ritter räusperte sich. »Weil ein größerer Trupp von Männern mehr Aufmerksamkeit erregt als ein einzelner Reiter, und –«
»Ganz recht!«, unterbrach ihn sein Gebieter und hob den Zeigefinger. »Aus dem gleichen Grund habe auch ich mich dazu entschlossen, allein zum Sternenmeer zu reisen. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich nicht für meine Sicherheit Sorge getragen hätte. Ein Einhorn wird mich über die geheimen Feenpfade bis zum Ufer des Meeres bringen. Sie sind nur den Wissenden bekannt und stehen unter dem Schutz des Lichts, und so wird mir nichts geschehen.«
Paravain verdrehte die Augen. »Und wie wollt Ihr auf die Inseln –«
Wieder schnitt Elysion ihm das Wort ab. »König Mikaal hat versprochen, mir eine Wolkenbarke entgegenzusenden. Sie wird mich sicher über das Meer zu seinem Palast bringen.« Der greise Herrscher blickte zu den Fenstern des Thronsaals, vor denen bereits die Nacht aufgezogen war. »Und jetzt bitte ich euch, mich zu entschuldigen«, erklärte er dann, an seine engsten Vertrauten gewandt. »Ich will morgen in aller Frühe aufbrechen und versuchen, vorher noch so viel Schlaf wie
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