Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
Vaters an, der während seiner Kerkerhaft in der Dunklen Festung mehrere Male mit dieser schrecklichen Folter belegt worden war.
»Das meine ich nicht«, entgegnete Laura. »Ich bin nur entsetzt, dass es auch bei uns jemanden gibt, der diese teuflischen Kräfte besitzt. Auf Aventerra sind doch nur die Fhurhur, die gefürchteten Schwarzmagier, in der Lage, jemanden in die Todesstarre zu versetzen. Derjenige, der den Wolkentänzer hier auf der Erde gebannt hat, muss ihnen mindestens ebenbürtig sein.«
»Da ist was dran, fürchte ich.«
Laura wandte sich wieder dem Text zu, den Lukas aus dem in Leder gebundenen Buch abgeschrieben hatte. Lena erklärte in dieser Passage, dass der verzauberte Geflügelte unter einer Gruppe von Statuen stand, die verschrottet werden sollten. Lena befreite ihn und erfuhr, dass er Auriel hieß. Die Feuerschlange, so erzählte der Wolkentänzer der jungen Frau, hatte vor langer Zeit eine Prinzessin getötet, die Auriels Obhut anvertraut war. Aus Scham über sein Versagen hatte Auriel seinen Herrn, der über die Inseln im großen Sternenmeer herrschte, gebeten, ihn auf den Menschenstern ziehen zu lassen, damit er dort seiner Aufgabe nachgehen konnte. Auch Lena hatte sich dem Geflügelten anvertraut. Sie erzählte ihm von ihrem Pakt mit Rygani. Die Feuerschlange, so erfuhr Laura nun, hatte ein übles Spiel mit Lena getrieben – mit Hilfe ihres Ringes hatte sich die Schlange der Prinzessin in der Gestalt einer Heilerin genähert und sich erst offenbart, als Lena versprochen hatte, ihr das erstgeborene Kind zur Ausbildung zu überlassen. Als Lauras Großmutter dies dem Wolkentänzer gestand, sicherte er ihr zu, sie und ihre Nachkommen zu beschützen. Gleichzeitig warnte Auriel Lena davor, von den Verwandlungskräften des Rings Gebrauch zu machen. Wer mit seiner Hilfe auch nur einmal eine fremde Gestalt annahm, geriet unter seinen Bann. Und mit jeder weiteren Verwandlung verstärkte sich dies!
»Ist das nicht schrecklich?«, fragte Lukas, nachdem Laura diese Passage halblaut vorgelesen hatte. »Kein Wunder, dass Morgenstern dich vor diesem Ring gewarnt hat.«
Laura hörte gar nicht richtig zu, so sehr hielt der Bericht ihrer Großmutter sie gefangen. »Der Wolkentänzer hat mir jedoch auch klargemacht, dass ich mein Versprechen erfüllen muss«, schrieb Lena. »Niemand kann mich davon entbinden – nur die Feuerschlange selbst!« Trotz der großen Gefahr, die dies bedeutete, hatte Auriel der jungen Frau geraten, Rygani in ihrem Reich aufzusuchen. Der Ring der Feuerschlange würde Lena Zugang dazu verschaffen. ›»Der Wolkentänzer hat mir auch die Pforte gezeigt‹«, las Laura weiter vor. »›Es ist das Mausoleum auf dem Hügel, den die Menschen »Teufelskuppe« nennen. ‹«
»Gleich kommt’s«, rief Lukas aufgeregt. »Lena konnte den Weg ebenfalls nicht finden, aber sie kannte das Gedicht von Faust!«
Die Wangen des Mädchens färbten sich vor Aufregung rosig, als es weiterlas. Zu Lenas Bedauern wusste auch Auriel nicht, welches die richtige Tür war, die ins Reich der Schatten führte. Der jungen Frau war es ebenfalls nicht gelungen, sie zu entdecken. Doch sie stieß in einem alten Dokument auf einen Hinweis – einen rätselhaften Vers. Sie versuchte alles, dennoch konnte sie das Rätsel nicht lösen. »›Die Buchstaben ergeben einfach keinen Sinn‹«, hat sie geschrieben. ›»Dabei mutet der Vers doch ganz einfach an.‹«
Gemeinsam lasen die Kinder das gesamte Gedicht laut vor:
›»Du musst versteh’n,
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei lass gehen.
Und Drei mach gleich,
Nah ist ihr Reich.
Verlier die Vier
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex’.
Mach Sieben und Acht,
Doch sei bedacht:
Nur was nicht stimmt,
Zum Ziel dich bringt.
Mit diesem Hexen-Einmaleins
Wenn Neun ist Eins
Und Zehn ist keins
Und du den richt’gen Namen nimmst,
Der Spruch der Hex’ zur Tür dich bringt.‹«
Als sie geendet hatten, schaute Laura den Bruder fragend an. »Wirst du etwa jetzt daraus schlau?«
»Keine Ahnung.« Lukas zog eine Grimasse. »Ich hatte da allerdings so einen Einfall.«
»Nun rück schon mit der Sprache raus!«
»Wir wissen doch, dass es nur eine einzige Nacht gibt, in der Rygani den Menschenstern betreten kann«, begann Lukas seine Erklärung.
»Ja – Halloween. Und das ist übermorgen.«
Lukas nickte und fuhr fort: »Vielleicht verlässt die Feuerschlange auch in diesem Jahr wieder ihr Reich. Oder ein anderer Bewohner. Dann würde man sehen können,
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