Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
tatsächlich gelungen, in das Daten-Archiv der Kripo einzudringen!
Obwohl Laura die fast an Zauberei grenzenden Computerkenntnisse des Bruders insgeheim bewunderte, ließ sie sich davon nichts anmerken. »Wahrscheinlich nichts als Glück«, frotzelte sie. »Selbst ein blindes Huhn findet ja manchmal ein Korn.« Damit beugte sie sich vor, um die eingescannte Unfallakte besser studieren zu können.
Anfangs deutete alles auf eine weitere Enttäuschung hin. Mit einem Mal aber stieß Lukas einen überraschten Pfiff aus. »Das ist ja interessant«, bemerkte er und vergrößerte mit einem einzigen Mausklick ein Protokoll, das der Polizeitaucher nach der Bergung des Unfallautos verfasst hatte.
Seine Schwester scrollte sich durch das Schriftstück, konnte allerdings zunächst nichts Auffälliges entdecken. Der Großteil der darin aufgezählten Fakten war Laura längst bekannt: Die Polizei hatte sich zum Beispiel damit begnügt, dass Marius Leander die Tote anhand ihrer Kleidungsstücke und des Eherings identifizierte. Als Grund dafür war angegeben, dass Wasserleichen nach ein paar Tagen sehr entstellt seien und man Herrn Leander den Anblick habe ersparen wollen.
Beim Weiterlesen jedoch stieß Laura endlich auf neue Details: Als der Taucher sich auf dem Grund des Sees dem Autowrack näherte, fand er die Beifahrertür des Käfers verriegelt vor. Die Fahrertür dagegen war nur angelehnt, und alles deutete darauf hin, dass das Schloss gewaltsam geöffnet worden war. Er hatte deshalb kein Problem, die Tür zu öffnen, den Sicherheitsgurt zu lösen und die Tote zu bergen.
Wie grauenvoll!
Schon der bloße Gedanke daran jagte Laura eisige Schauer über den Rücken. Doch so gruselig der Bericht des Polizeitauchers sich auch las – sie konnte keinerlei Ungereimtheiten darin entdecken. »Ich verstehe nicht, was du daran so interessant findest«, sagte sie deshalb.
»Nein?« In seiner überheblichen Art zog Lukas die Brauen hoch. »Kommt es dir nicht merkwürdig vor, dass die Beifahrertür verriegelt war? Oder hat Mama sie abgesperrt, als ihr losgefahren seid?«
Laura schüttelte erstaunt den Kopf. »Nein, glaub ich nicht. Kein vernünftiger Mensch verriegelt die Autotüren beim Fahren.«
»Eben! Weil im Falle eines Unfalls dann keine Hilfe von außen möglich ist.« Der Bruder nickte aufgeregt. »Was uns sofort zur nächsten Frage führt, nämlich –«
Lauras Pulsschlag beschleunigte sich. Sie spürte, dass der Bruder auf einer heißen Spur war. »Ja?«, fragte sie atemlos.
»– warum in aller Welt sollte Mama die Tür verriegelt haben, nachdem du aus dem Auto entkommen warst?« Lukas runzelte die Stirn. »Das ergibt erst recht keinen Sinn. Es sei denn –« Er brach ab und starrte nachdenklich in eine unbestimmte Ferne.
»Was denn?«, drängte das Mädchen ungeduldig. »Jetzt sag schon, Lukas!«
»Es sei denn« – auf der Nasenspitze des Jungen erschien ein weißer Fleck, ein Zeichen höchster Aufregung –, »Mama wollte verhindern, dass jemand ins Auto eindringt!«
Laura war verwirrt. »Wer sollte denn da reinwollen? Und vor allen Dingen, warum?«
»Keine Ahnung!« Lukas zuckte bekümmert mit den Schultern. »Und das ist nicht das einzige Rätsel, das dieser Bericht mir aufgibt.«
»Nein?« Laura drehte nervös eine Haarsträhne um den Zeigefinger. »Was ist denn sonst noch rätselhaft?«
»Zum Beispiel, dass der Taucher die Leiche problemlos aus dem Auto bergen konnte, nachdem er den Gurt gelöst hatte.«
Laura hatte keine blasse Ahnung, worauf der Bruder anspielte. »Was ist daran denn verwunderlich?«
»Ist das nicht offensichtlich?« Lukas konnte sich ein Kopfschütteln nicht verkneifen. »Bislang sind wir doch davon ausgegangen, dass Mama sich nur deshalb nicht retten konnte, weil sie hinter dem Lenkrad eingeklemmt war.«
»Genau!«
»Aber dann hätte auch der Taucher Probleme haben müssen, sie aus dem Auto zu holen. Was beweist, dass unsere Vermutung falsch gewesen sein muss. Mama war gar nicht eingeklemmt.«
Natürlich!, dachte Laura. Dass das noch niemandem aufgefallen ist! Im gleichen Moment noch dämmerte ihr, worauf der Bruder hinauswollte. »Aber warum –«
»– hat sie ihren Gurt dann nicht gelöst«, nahm Lukas ihre Worte auf, »und sich ebenfalls in Sicherheit gebracht? Der Verschluss hat jedenfalls selbst drei Wochen nach dem Unfall noch immer einwandfrei funktioniert.«
»Du hast Recht!«
»Und weiter!« Aufgeregt deutete der Junge auf eine Stelle im Bericht. »Was hat es mit den
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