Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
Ihr ans Ziel gelangt seid. Wie könnte ich es wagen, die Worte meines Königs zu missachten?«
»Bedenkt nur eines, junger Herr: Die geheimen Pfade stehen unter dem Schutz des Lichts. Wer ihnen folgt, ist vor dem Einfluss der Dunklen Mächte gefeit. Ich möchte Euch nicht zu nahe treten – aber glaubt Ihr nicht auch, dass sie Eure Herrin besser schützen können als Ihr selbst?«
»Nun…« Auriel war nachdenklich geworden.
»Sie hat Recht«, redete Niami ihm zu. »Und mein Vater hätte bestimmt nichts dagegen einzuwenden. Er möchte doch nur, dass ich sicher nach Hellunyat gelange!«
Und so willigte Auriel schließlich ein. Niami stieg vom Pferd, löste ihr Bündel vom Sattelknopf und drückte ihrem Begleiter die Zügel in die Hand.
Mit höflichen Worten verabschiedete sich der junge Mann und ritt zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Niami schaute Reiter und Pferden so lange nach, bis sie zwischen den dichten Bäumen des Waldes verschwunden waren. Dann drehte sie sich um und wollte auf die Heilerin zugehen, als sie vor Schreck erstarrte:
Das Einhorn, das vor ihr stand, war pechschwarz, nur das Horn auf seiner Stirn leuchtete rot. Seine Reiterin war aus dem Sattel geglitten. Sie trug ein Flammenkleid, und ihre Haare sahen aus wie Feuer. Ihr Gesicht glich nun dem einer Schlange. »Ssssh! Damit hast du wohl nicht gerechnet«, zischte sie böse. Noch ehe diese einen Entsetzensschrei ausstoßen konnte, zuckte der Kopf der Schlangenfrau nach vorn und schlug Niami die Giftzähne in den Hals.
Im selben Moment erwachte der Hüter des Lichts schreiend aus dem Albtraum, der ihn schon seit Jahren quälte. Er fuhr von seinem Lager hoch. Während die Erinnerung an das schreckliche Geschehen ihm die Kehle zuschnürte, starrte er benommen durch das offene Fenster seines Schlafgemachs. Die Nacht war über Aventerra aufgezogen, und am Himmel waren die beiden Monde zu sehen, der Goldmond und der blaue Menschenstern. Elysion wusste, dass der Lauf der Gestirne schon bald das Schicksal der Welten entscheiden würde.
L aura erhob sich und machte ein paar Schritte auf ihr Bett zu. An der Wand darüber hing in einem Rahmen das Porträtfoto ihrer Mutter.
Anna, die auf dem Foto für gewöhnlich ein überaus ernstes Gesicht machte, lächelte ihre Tochter erleichtert an. »Ich hatte schon befürchtet, dass du mich gar nicht bemerkst.«
»Entschuldige, Mama.« Laura fühlte sich merkwürdig beklommen. Obwohl ihre Mutter nicht zum ersten Mal auf diese Weise Kontakt mit ihr aufnahm, konnte sie sich immer noch nicht erklären, wie das möglich war. »Ich war in Gedanken ganz bei meiner Matheaufgabe. Außerdem hast du schon lange nicht mehr mit mir gesprochen.«
»Höre ich da einen Vorwurf?« Annas sanftes Lächeln verriet, dass sie es nicht ernst meinte.
»Nein, nein. War mir nur gerade aufgefallen.«
»Du hast ja Recht«, erwiderte die Mutter. »Doch eigentlich lag das an dir.«
»Wieso denn das?«
»Weißt du das wirklich nicht, Laura? Oder sollte dir nicht bewusst sein, dass ich mich immer nur dann gemeldet habe, wenn du vorher ganz intensiv an mich gedacht hast?«
»Nein, das wusste ich nicht«, gestand Laura verlegen. Doch plötzlich begann sie zu begreifen, was die Mutter meinte: »Heißt das, du kannst immer nur dann Verbindung mit mir aufnehmen, wenn meine Gedanken bei dir sind?«
»Genauso ist es, Laura. Ich musste die Welt, in der du lebst, doch schon vor Jahren verlassen. Deshalb können wir uns nicht mehr leibhaftig begegnen. Nur durch die besondere Kraft unserer Gefühle ist es uns möglich, einander ganz nahe zu sein. Und mal ganz ehrlich, Laura – du denkst doch erst seit einigen Tagen wieder häufiger an mich. In den Wochen davor ist das nur selten der Fall gewesen.«
Laura merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, während sie verzweifelt nach einer Erklärung suchte.
»Aber nicht doch, Laura!«, mahnte die Mutter liebevoll. »Das war keineswegs als Vorwurf gemeint. Das ist im Gegenteil sogar ein positives Zeichen. Es beweist doch, dass du inzwischen ganz gut allein zurechtkommst und meine Hilfe nicht mehr brauchst. In Aventerra hast du eindrucksvoll bewiesen, wie stark du bist und über welche enormen Fähigkeiten du mittlerweile verfügst. Du hast in den letzten Monaten sehr viel dazugelernt, Laura, und dich des großen Auftrags, den das Schicksal dir auferlegt hat, wirklich als würdig erwiesen.«
Die Mutter lächelte ihr aufmunternd zu. Doch Laura war, als läge in diesem
Weitere Kostenlose Bücher