Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
Gräbern scheint zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zu gehören.«
»Sie hat Recht, Papa«, bestätigte Lukas. »Den Sarg mit Rika Reval hat er allerdings nicht ausgegraben, sondern vergraben.« Erst als er die fragenden Blicke von Marius und Laura bemerkte, schien ihm einzufallen, dass die beiden nichts von diesem schaurigen Ereignis wussten. Sie hatten sich zum entsprechenden Zeitpunkt ja noch auf Aventerra aufgehalten. »Die Geschichte erzähl ich euch später«, sagte er deshalb rasch. »Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass niemand anderer als dieser Wiedergänger den Sarg gestohlen hat.«
»Eigentlich kann uns das egal sein.« Marius Leander deutete auf das leere Grab. »Für mich steht nämlich jetzt eindeutig fest, dass Anna nicht in dem Grab gelegen hat. Sonst hätte man doch nicht auf diese Weise versucht, die Identifizierung der Leiche zu verhindern!«
»Klaromaro! Das ist der einzig denkbare Grund für diesen dreisten Diebstahl«, pflichtete Lukas seinem Vater bei, während Laura sich mit einem Nicken begnügte.
»Was mir allerdings zu denken gibt – woher wussten die, dass ich eine Obduktion beantragen wollte?«, fuhr der Vater fort. »Außer uns war darüber doch niemand informiert.«
»Nicht dass ich wüsste«, bestätigte Laura und wandte sich an den Bruder. »Oder hast du es jemandem erzählt?«
»Natürlich nicht«, entgegnete der Junge ungehalten. »Glaubst du, ich bin blöd?« Er runzelte die Stirn. »Vielleicht haben sie Wanzen in unseren Zimmern installiert?«
»Was?« Ungläubig starrte seine Schwester ihn an. »Wir sind hier doch nicht in einem James-Bond-Film!«
»Weißt du’s?«, entgegnete der Bruder ungehalten. »Dieser fiesen Brut traue ich alles zu!«
Laura erschien die Sache zwar ebenfalls merkwürdig, aber eine andere Frage beschäftigte sie weit mehr. »Wenn Mama also niemals in dem Grab hier gelegen hat«, wandte sie sich an ihren Vater, »dann wäre es doch denkbar, dass sie damals nicht umgekommen und deshalb immer noch am Leben ist. Das musst du doch jetzt zugeben, Papa, oder?«
»Inzwischen ja«, antwortete Marius zögernd. »Aber neulich hat das noch ganz anders ausgesehen.«
Laura ging darauf nicht ein. »Wir müssen schnellstens herausfinden, was mit Mama damals wirklich geschehen ist. Wohin hat der Drache sie verschleppt? Und was war eigentlich der Grund für die Entführung? Wenn wir den kennen, hilft uns das vielleicht weiter. In Krimis wird doch auch immer erst nach dem Tatmotiv geforscht.«
»Hört, hört!«, höhnte Lukas. »Miss Marple hat gesprochen.«
»Hör auf zu spotten!«, wies Marius ihn zurecht. »Es stimmt, was Laura sagt. Allerdings –«
»Da-Da-Das gibt’s doch nicht«, stammelte Laura ungläubig und zog ein Gesicht, als sei sie vom Blitz getroffen.
»Was hast du denn? Was ist los, Laura?«, fragte Marius Leander besorgt.
»Schaut doch mal«, hauchte das Mädchen und deutete mit dem Finger auf die andere Seite des Kiesweges.
Lukas und der Vater versuchten zu entdecken, was Laura meinte.
»Was soll da denn sein?«, fragte Lukas schließlich unwirsch. »Ich sehe nichts!«
»Genau das meine ich ja!« Aufgeregt zeigte Laura zu der großen Eibe, die gegenüber dem Grab ihrer Mutter stand. »Siehst du’s jetzt? Er ist weg!«
»Wer?«
»Wer wohl?«, entgegnete Laura ungeduldig. »Der Engel natürlich, der immer unter dem Baum da drüben gestanden hat! Er sah genauso aus wie der Geflügelte, der mich vor Syrin gerettet hat – und jetzt ist seine Statue plötzlich verschwunden!«
»Quatsch!«, widersprach der Bruder schroff und warf seinem Vater einen vielsagenden Blick zu: Ist die jetzt verrückt geworden?
»Es tut mir leid, Laura, aber ich kann mich auch nicht an eine Engelstatue erinnern«, gestand Marius.
»Da war eine! Ich hab sie doch mit eigenen Augen gesehen.«
»Und warum steht sie dann nicht mehr hier?«
Laura hob ratlos die Schultern. »Was weiß denn ich? Vielleicht wurde die Figur umgestellt oder abtransportiert. Fragen wir einfach in der Verwaltung nach!«
Herr Dalacur bestätigte Lauras Behauptung, dass an jenem Platz eine Figur gestanden hatte, jedoch nicht. Im Gegenteil:
Er präsentierte den Leanders sogar Fotos, aus denen eindeutig hervorging, dass Laura sich geirrt haben musste: Unter der Eibe habe noch nie eine Engelstatue gestanden. Weder vorgestern noch an einem anderen Tag!
Laura verstand die Welt nicht mehr.
Konnte sie sich derart getäuscht haben?
Bevor die drei nach Ravenstein zurückfuhren,
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